Fit mit Babybauch: Gewichte stemmen bis zum Tag der Geburt

Eine Schwangere mit einer Trainerin.
Immer mehr Frauen bleiben bis zur Geburt sportlich. Nicht nur Schwangerengymnastik, sondern auch intensives Krafttraining boomt bei werdenden Mamas und auch danach.

Schwangere Frauen im Fitnessstudio, beim CrossFit oder auf der Laufstrecke sind keine Seltenheit mehr. Die Zeiten, in denen werdenden Müttern geraten wurde, sich neun Monate lang zu schonen, scheinen vorbei. „Grundsätzlich kann man bis zum Tag der Entbindung trainieren. Wie intensiv das Training sein kann, hängt davon ab, was man vorher gemacht hat“, sagt Tanja Kysela. Sie ist Sporttrainerin im Fitness Studio The Coi Vienna und hat sich mit „Strong for Life“ auf Training vor und nach der Geburt spezialisiert. „Auch Trainingsmuffel können in der Schwangerschaft sportlich werden. Es ist aber ein Unterschied, ob jemand Leistungssport betrieben oder nur gelegentlich Yoga gemacht hat“, sagt Kysela.

Wer Training im Alltag gewohnt ist, hält meist auch in der Schwangerschaft daran fest. Allerdings müsse es angepasst werden. Das Ziel bei sportlich sehr aktiven Frauen, die täglich oder mehrmals pro Woche intensiv trainiert haben, sei nicht mehr die Leistungssteigerung, sondern der Erhalt der Muskelkraft. „Gerade bei sehr leistungsorientierten Frauen ist das oft eine mentale Herausforderung. Sie wissen, was sie können – aber irgendwann geht’s nicht mehr wie vorher“, so Kysela.

Keine Maximalgewichte stemmen

Generell sind Sport und Bewegung in der Schwangerschaft wichtig – auch für das Baby, betont der Wiener Gynäkologe und Sportmediziner Christian Matthai. „Schwangerschaft ist keine Krankheit, nichts, wodurch man sich massiv einschränken müsste.“ Bewegen sich werdende Mütter, verbessert das die Blutzirkulation, senkt das Komplikationsrisiko und ist gut für das seelische Wohlbefinden, wie Studien zeigen. Gleichzeitig warnt Matthai davor, es zu übertreiben: „Extrem lange Läufe ab der 36. Schwangerschaftswoche oder ein Stemmen von Maximalgewichten würde ich meinen Patientinnen nicht empfehlen.“ Die Belastung müsse immer im Verhältnis zur körperlichen Verfassung stehen. „Alles, was dazu führt, dass ich selbst unterversorgt bin, wird auch das Kind unterversorgen.“

Für beide Experten gilt: Es gibt keine pauschalen Empfehlungen. „Man muss immer individuell schauen. Es gibt Kontraindikationen wie eine Risikoschwangerschaft, vorzeitige Wehen oder eine Plazenta, die ungünstig liegt – da ist körperliche Schonung angesagt“, erklärt Matthai.

Kysela verweist auf körperliche Warnzeichen beim Training: „Ein Druckgefühl im Bauch oder Beckenbereich oder ein Verhärten des Bauches sind Hinweise, dass man etwas anpassen sollte.“ Die Trainerin setzt in ihren Kursen daher auf eng geführte Programme: „In meinen Stunden muss sich niemand Gedanken machen, ob eine Übung erlaubt ist – ich baue das so auf, dass sie passt und gehe auf jede Frau individuell ein.“

Auch für Sporteinsteigerinnen ist die Schwangerschaft kein Ausschlusskriterium. „Es kommen viele Frauen zu mir, die in der Schwangerschaft zum ersten Mal in ihrem Leben mit Krafttraining beginnen. Das ist ein guter Zeitpunkt – man bereitet sich ja auch körperlich auf die Geburt vor.“

Wann nach der Geburt wieder anfangen?

Nach der Geburt sind viele Frauen verunsichert: Wann darf ich wieder anfangen, wie viel ist okay? „Ich empfehle, mindestens sechs Wochen nach einer vaginalen Geburt und rund drei Monate nach einem Kaiserschnitt zu warten, bevor man wieder intensiver einsteigt“, sagt Matthai. Wichtig sei dabei vor allem eines: den Beckenboden gezielt zu trainieren – und zwar nicht in Eigenregie. Spezialisierte Physiotherapeuten und Sporttrainer unterstützen dabei.

Kysela beobachtet, dass besonders sportliche Frauen sich selbst nach der Geburt stark unter Druck setzen. „Sie wollen schnell wieder zurück in ihre alte Form. Viele vergessen dabei, dass der Körper sich verändert hat. Sie erinnern sich daran, wie leistungsfähig sie vor der Geburt waren – und sind frustriert, wenn es nicht mehr genauso geht.“

Der psychische Aspekt sei dabei oft größer als der körperliche: „80 Prozent ist Kopfsache. Manche geraten in eine Abwärtsspirale: Sie wollen, können aber nicht wie gewohnt – das macht etwas mit einem.“ Hier hilft eine gute Begleitung durch professionelle Trainerinnen und Trainer. Für viele Mütter wird das Training auch zu einem zentralen Faktor für das Wohlbefinden. „Ich sehe das immer wieder: Frauen kommen gebeugt, müde und unsicher – und entwickeln mit der Zeit durch das regelmäßige Training eine neue Stärke“, erzählt Fitnessexpertin Kysela.

Hinzu kommt, dass man nicht alleine trainiert. Ihr Angebot von speziellen „Mom Classes“, in die Mütter ihr Baby mitnehmen können, werde sehr gut angenommen. Hier ist auch nicht schlimm, wenn man nicht alles mitmachen kann, weil man kurz mal nach dem Nachwuchs schaut. Wichtig sind: Regelmäßigkeit und Dranbleiben. Auch das Umfeld kann unterstützen, insbesondere der Partner. Kysela: „Leider ist es noch oft so, dass Männer ihre Freizeit über die der Mütter stellen. Wir brauchen mehr Unterstützung und Verständnis dafür, dass Mütter sich Zeit für sich nehmen dürfen. Denn: Geht es der Mama gut, geht es auch dem Kind und der Beziehung gut.“

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