Fettleibigkeits-Typen: Forscher machen Unterschiede sichtbar

Übergewicht
Wiener Wissenschafter erstellten anhand von Spitalsdaten ein Beziehungsnetzwerk verschiedenster Krankheiten und ihrer Symptome.

Obwohl viele Krankheiten ihre Opfer gemeinschaftlich befallen, müssen Ärzte meist jede einzeln behandeln, ohne mögliche Zusammenhänge zu berücksichtigen. Mit Diagnosedaten einer halben Million Spitalspatienten untersuchten Wiener Forscher die Beziehungsnetzwerke verschiedener Krankheiten, um bessere Therapien zu ermöglichen. Damit konnten sie zwei unterschiedliche Typen von Fettleibigkeit (Adipositas) erkennen, berichten sie im Journal of the Royal Society Interface.

Mit dem Krankheits-Netzwerk kann man die Wechselbeziehungen von zwei oder mehr Erkrankungen im gesamten Diagnosespektrum betrachten, so die Forscher um Markus Strauss, der die Studie am Complexity Science Hub (CSH) in Wien durchgeführt hat. Manchmal verstärken sich die Effekte der Krankheiten und verursachen bei den Patienten mehr Leid, als die Summe der einzelnen Symptome. Manchmal sind die Auswirkungen gleichzeitiger Erkrankungen zum Glück der Patienten geringer als die Summe der möglichen Probleme.

Diagnostische Abgrenzungsoptionen

Unter mehreren Fettleibigkeits-Nestern (Clustern) in dem Netzwerk entdeckten die Forscher zwei, die gut zu klinischen Beobachtungen passen, nämlich die sogenannte "metabolisch (stoffwechselmäßig) gesunde" und die "metabolisch ungesunde" Fettleibigkeit. Die Mediziner waren sich bisher uneinig, ob sich die beiden klar unterscheiden. In der Netzwerkanalyse zeigte sich, dass sie dies sehr wohl tun.

Menschen mit der metabolisch ungesunden Variante haben beträchtlich öfter auch Diabetes, erhöhte Cholesterinwerte oder Geistige- und Verhaltensstörungen durch Drogen inklusive Nikotinabhängigkeit als normalgewichtige Spitalspatienten sowie jene mit der metabolisch gesunden Fettleibigkeit. Bei letzterer Gruppe treten zwar auch vermehrt Bluthochdruck und Herzprobleme auf, bei Leuten mit der metabolisch ungesunden Fettleibigkeit sind diese aber noch häufiger.

Klinische Relevanz

Zusätzlich gäbe es noch Adipositas-Nester im Netzwerk, die mit Magen-Darmtrakt-Erkrankungen, Krebs und Fettleber einhergehen, berichtet das Team um den Erstautor Strauss, dem u.a. auch die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer oder die Komplexitätsforscher Peter Klimek und Stefan Thurner angehören. All diese Erkenntnisse wären für die Therapien relevant, schreiben sie in der Fachzeitschrift: "Unser Ansatz ist transparent und fasst die Krankheiten im ganzen Diagnose-Spektrum auf eine Art zusammen, die zu klinisch verwendbaren Ergebnisse führt."

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