Zu viele Camps?
Manche Kinder sind für mehrere Wochen in unterschiedlichen Camps angemeldet – kann das zu viel werden? Nicht unbedingt, sagt Johannes Achammer, Klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe mit Schwerpunkt Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie. „Neun Wochen Ferien sind nicht für jedes Elternteil stemmbar – Camps bieten ein gutes Angebot, sodass Kinder Neues erleben, auch neue Freundschaften schließen können. Es ist für Kinder und Jugendliche sehr wichtig, dass sie neue Erfahrungen sammeln und auch abseits der Schule Gemeinschaften kennenlernen können“, sagt Achammer.
Die Erfahrungen, die Kinder in Sommercamps machen, seien überwiegend positiv. „Es tut Kindern ganz gut, auch einmal von der Klassengemeinschaft Abstand zu haben und neue Kontakte zu knüpfen. Wichtig ist allerdings, dass sie bei der Auswahl der Camps miteinbezogen wurden und auf eigenen Wunsch teilnehmen. Dann freuen sie sich meist schon darauf bevor es losgeht.“
Interessen und Persönlichkeit des Kindes berücksichtigen
Idealerweise passt ein Camp zu den Interessen des Kindes, sodass es motiviert ist, Neues zu lernen, sich kreativ auszuleben oder zu sporteln. Auch die Persönlichkeit des Kindes und das Campsetting sollten bedacht werden – nicht jedes Kind mag etwa große Gruppen oder laute Sportcamps. „Vorbereitende Gespräche darüber, was das Kind im Camp erwartet, sowie eine Nachbesprechung unterstützen die Verarbeitung der Erlebnisse.“ Bedacht werden sollte allerdings, dass die Ferien erholsam sein sollten und Leistungsdruck nicht im Vordergrund stehen sollte. Im Vordergrund steht Spaß und Erholung, nicht Bewerbe und Lernziele.
Ist ein Kind zum ersten Mal einem Feriencamp, kann es aber durchaus sein, dass es am ersten Tag mit einem mulmigen Gefühl hingeht. Liegt es daran, dass das Kind unsicher ist, weil es noch niemanden kennt oder die Situation neu ist, können Eltern versuchen, es zu bestärken, dennoch hinzugehen. Trennungsängste sind insbesondere bei jüngeren Kindern normal und können häufig von Camp-Betreuern aufgefangen werden. „Das Betreuungspersonal ist meist gut geschult und versucht gleich ins Tun zu kommen, etwa mit Kennenlernspielen. Jedes Kind hat aber sein eigenes Tempo – sollte es zu viel sein, kann man etwa auch ein früheres Abholen vereinbaren“, rät Psychologe Achammer.
Camp sollte auch abgebrochen werden dürfen
Neue Abläufe, fremde Kinder, sich selbst organisieren und in einer Gruppe einfügen, kann manche Kinder überfordern. Das Kind sollte jedenfalls im Mittelpunkt stehen und entscheiden dürfen. Gefällt das Camp so gar nicht, sollte es auch abbrechen dürfen.
Und auch Langeweile darf es in den Ferien geben – sie ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht, sagt Achammer. Kinder müssten nicht immer „beschäftigt sein“. Aus der Langeweile heraus können Kinder kreativ werden und Dinge ausprobieren, für die im Schulalltag oft keine Zeit bleibt oder die im Alltag gar nicht bewusst werden. „Oft braucht es dazu nicht viel, etwa einen kleinen Bach und Wasser und schon entstehen tolle Ideen.“ Kinder fangen aus der Langeweile heraus an zu spielen, ohne zu wissen, was genau, denken sich Geschichten aus, bauen Höhlen, malen oder forschen besonders kreativ, wenn nichts „vorgegeben“ ist.
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