Mein Mann hat eine geheime Affäre – was soll ich tun?

Leserin Sigrid L. (48) fragt:
Ich habe schon länger den Verdacht, dass mein Mann mich betrügt. Er hat immer öfter Spätschichten eingeschoben und war dann nicht erreichbar, außerdem legt er wieder mehr Wert auf sein Äußeres. Ich habe ihm wirklich nicht nachspioniert, aber als ich vor ein paar Tagen einen Umweg am Weg zur Arbeit einlegen musste, habe ich ihn tatsächlich gesehen, wie er in einem Café eine andere Frau umarmt und geküsst hat. Das war nun die Bestätigung und jetzt weiß ich nicht was ich tun soll. Bevor ich es wusste, konnte ich mir noch einreden, dass ich mir alles nur einbilde. Natürlich weiß ich, dass ich ihn darauf ansprechen muss, um Klarheit zu erhalten. Andererseits habe ich Angst vor seiner Reaktion. Was ist, wenn er mich dann verlassen will? Unsere Ehe ist mir wichtig. Ich liebe meinen Mann auch noch nach 15 Ehejahren und kann mir nicht vorstellen, wie es ohne ihn weitergehen sollen. Außerdem würde unser 13-jähriger Sohn eine Trennung schwer verkraften. Gerade jetzt ist er in einem schwierigen Alter und braucht beide Elternteile.
Dr. Leben antwortet:
Liebe Sigrid, es ist bestimmt herausfordernd, diese Zeilen zu schreiben – denn auch, indem Sie Ihr Anliegen formulieren und Worte dafür finden, konfrontieren Sie sich mit dieser ungeliebten Wahrheit. Die Bestätigung eines solchen Verdachts kann einen emotional überwältigen. Seien Sie sich dessen bewusst, dass all Ihre Gefühle – so verschieden sie auch sein mögen – berechtigt sind und erlauben Sie sich, sie wahrzunehmen. Oft helfen offene Gespräche mit Vertrauenspersonen oder einige Minuten schreiben, um auszudrücken, was in Ihnen los ist. Beides kann außerdem zu mehr Klarheit führen und helfen, Ihre Gedanken zu sortieren.

Mag. Ursula Neubauer, MSc., Hypnosystemische & Hypnowriting® Coachin in der WIENER COUCH, wienercouch.at, hypnowriting.at
Wenn ich Ihre Zeilen lese, denke ich, dass Sie schon angefangen haben, die Wahrheit zu akzeptieren. Das ist sicher hart, aber ein wichtiger Schritt, um langfristig eine Lösung finden zu können. Sie haben außerdem erkannt, dass es dieses Gespräch mit Ihrem Mann brauchen wird. Bevor Sie das führen, ist es wichtig, dass Sie wissen, was Sie wollen, was Sie sich vorstellen können und was nicht. Wollen Sie Klarheit von ihm? Eine Versöhnung? Möchten Sie ihm zeigen, dass Sie um die Ehe kämpfen wollen? Sind Sie bereit, eine Affäre ehrlich zu verzeihen? Wollen Sie mit ihm gemeinsam das Vertrauen, das zerstört wurde, wieder aufbauen? Möchten Sie wissen, welche Faktoren zur Untreue geführt haben? Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Gründe für Untreue sehr verschieden sein können.
Sie kann emotionale Motive wie unzureichende emotionale Intimität oder ein Gefühl von fehlender Unterstützung haben, oder auch sexuelle Gründe wie Mangel an sexueller Abwechslung, geringes Verlangen in einer bestehenden Beziehung oder physische Trennung. Diese Untersuchung beschreibt auch, dass Untreue manchmal der Versuch sein kann eine Ehe zu stabilisieren, weil sie es einem ermöglicht, in der Ehe zu bleiben und gleichzeitig weitere Bedürfnisse zu erfüllen. Das ist natürlich ein Versuch, der ein großes Risiko birgt! Und einer, der Sie massiv verletzt. Wenn Sie das Gespräch mit Ihrem Mann führen, teilen Sie ihm Ihre Gefühle, Sorgen und Ängste mit, auch wie viel Ihnen die gemeinsame Familie bedeutet.
So eine Art von Offenheit kann ihm helfen, Ihre Perspektive besser zu verstehen. Wir wissen aus Untersuchungen, dass vor allem eine klare Kommunikation, Ehrlichkeit und ein ernst gemeintes Engagement für Treue dabei helfen können, eine gesunde Beziehung zu führen. Nach einem Vertrauensbruch wie Sie ihn gerade erleben, muss vieles wieder aufgebaut werden. Schon vielen Paaren ist das gelungen und sie konnten ihre Partnerschaft auf ein neues Fundament stellen. Oft ist professionelle Begleitung hilfreich, vielleicht überlegen Sie, Unterstützung anzunehmen.
Was Ihren Sohn betrifft: Kinder spüren mit 13 Jahren, wenn in der Familie Spannungen herrschen. Unausgesprochene Konflikte können sie sehr belasten. Aber Forschungsdaten legen nahe, dass Kinder mit einer stabilen Eltern-Kind-Bindung bei transparenter Kommunikation besser mit schwierigen Lebensphasen umgehen können, als man vermutet.
Aus allen Zuschriften wählt die Redaktion drei Fragen aus, die "Dr. Leben" in der nächsten Ausgabe beantwortet. Wir bitten um Verständnis, dass darüber hinaus keine Zuschriften beantwortet werden können. Die Daten bleiben im KURIER und werden nicht an Dritte weitergegeben.
Mail an: leben@kurier.at
Wichtig ist, dass Sie und Ihr Mann unabhängig von Ihrer Beziehung als Paar, als Eltern einen gemeinsamen Weg finden, Ihrem Sohn Stabilität zu bieten. Das wird Ihnen bestimmt gelingen. Wie auch immer es weitergehen wird, denken Sie daran, dass Sie Respekt und Wertschätzung verdient haben und dass Ihre Bedürfnisse genauso wichtig sind, wie die der anderen.
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