Corona: Natürliche Immunität durch Gen-Mutationen ist möglich

Corona: Natürliche Immunität durch Gen-Mutationen ist möglich
Genetische Veranlagungen können zu einem gewissen Schutz vor Infektionskrankheiten beitragen. Das wird auch bei Covid-19 erforscht.

Die Suche nach genetischen Veränderungen mit einer Schutzfunktion gegen Krankheiten ist auch bei der Entwicklung von neuen Therapieansätzen gegen Covid-19 ein großes Thema. Das weltweit größte Covid-Forschungskonsortium, der "COVID human genetic effort" (COVIDhge), ist Genen auf der Spur, die eine natürliche Immunität gegen das SARS-CoV-2 Virus bedingen könnten.

Der Tiroler Lungenfacharzt Ivan Tancevski ist Teil des Verbundes aus 120 Wissenschaftern in aller Welt und führt auch an der MedUni Innsbruck eigene Studien dazu durch. Nun zielen die Forschenden auf die Entwicklung einer Therapie zur Behandlung Infizierter ab, führte Tancevski im APA-Gespräch aus.

"Genetische Veranlagungen können einen gewissen Schutz vor Infektionskrankheiten hervorrufen", erklärte Tancevski, der an der von Günter Weiss geleiteten Universitätsklinik für Innere Medizin II tätig ist. So schütze etwa eine Mutation in der Struktur von roten Blutkörperchen - die zur sogenannten Sichelzellenanämie führt - vor Malaria Tropica, der schwerwiegendsten Form von Malaria. Eine genetisch bedingte Resistenz wurde auch bei HIV gefunden. Hier wurde bereits eine Therapie entwickelt, die auf diesen Erkenntnissen fußt, berichtete Tancevski.

Mögliche Ansätze

Im Zusammenhang mit Covid-19 sei immer wieder die vermeintliche Resistenz von Personen mit Blutgruppe 0 diskutiert worden - 40 Prozent der Bevölkerung zählen zu dieser Gruppe, so der Wissenschafter. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass jene lediglich in einem geringen Ausmaß vor einer Covid-Infektion geschützt seien.

Des Weiteren stehe das Enzym ACE2 in der Membran von Körperzellen immer wieder im Fokus - denn das Coronavirus SARS-CoV-2 nutzt es zum Andocken an die menschliche Zelle. Das Forschungskonsortium habe auch mutierte Varianten dieses Enzyms im Visier, zitierte Tancevski Erkenntnisse des Verbundes, die in einem am Montag im Fachjournal "Nature Immunology" publizierten Aufsatz beschrieben werden.

Schwierige Probanden-Suche

Um davon mögliche Therapieansätze abzuleiten, würden weltweit Haushalte gesucht, in denen eine Person nachweislich an Corona erkrankt war, enge Kontaktpersonen aber nicht infiziert wurden. "Die Suche gestaltet sich als schwierig", so Tancevski, "denn die Gründe hierfür sind vielfältig. So kann die Virenanzahl zu klein oder die Kontaktdauer zu kurz gewesen sein. Ebenso ist es denkbar, dass die nicht infizierte Person durch eine vorhergegangene Infektion - etwa einem Schnupfen durch ein herkömmliches Coronavirus - eine Teilimmunität aufwies", erläuterte der Lungenfacharzt.

Weil sich die Suche nach Probandinnen und Probanden als kompliziert erweise, gehe man in Innsbruck "einen zusätzlichen Weg", berichtete der Mediziner: "Wir suchen Mutationen im Rahmen des COVIDhge in Entzündungsgenen und testen diese dann zunächst in Zellkulturen, die wir mit dem SARS-CoV-2 Virus infizieren."

Ziel: Gene für zukünftige Therapien

Ziel sei es, Gene zu finden, auf deren Basis man eine Therapie gegen das Coronavirus entwickeln könne, sagte Tancevski - ähnlich wie für HIV. "Es geht auch darum, jetzt Therapien für die Zukunft zu entwickeln". Er wolle nicht "pessimistisch" sein, doch "Tatsache ist, dass es zuletzt alle zehn bis 15 Jahre schwere Epidemien mit Coronaviren gegeben hat", erinnerte Tancevski an MERS (2012/13) und SARS (2002/3).

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