Erkältungszeit: Wehrt dieser gängige Allergie-Nasenspray Corona ab?

Ein Forschungsteam der Universität des Saarlandes hat in einer Studie nachgewiesen, dass ein weit verbreitetes antiallergisches Nasenspray mit dem Wirkstoff Azelastin das Risiko für SARS-CoV-2-Infektionen signifikant senken könnte.
Die Erkältungssaison ist offiziell angelaufen. Viele fragen sich momentan, wie man einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder anderen Erregern von Atemwegserkrankungen vorbeugen kann. Eine Studie aus Deutschland macht nun auf die potenziell schützenden Eigenschaften eines gängigen antiallergischen Nasensprays aufmerksam.
Weniger Infektionen und Symptome durch Azelastin
Präparate mit dem Wirkstoff Azelastin könnten das Risiko einer Corona-Infektion verringern, heißt es vonseiten der Forschungsgruppe der Universität des Saarlandes. Konkret konnte das Antihistaminikum die Ansteckungswahrscheinlichkeit in einer Studie, die im Fachjournal JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde, um zwei Drittel senken. Auch andere Schnupfenviren konnten damit abgewehrt werden.
Das Team um Robert Bals, Direktor der Klinik für Innere Medizin V am Universitätsklinikum und Professor für Innere Medizin an der Universität des Saarlandes, teilte 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in zwei Gruppen. Die erste Gruppe, 227 Personen, erhielt dreimal täglich einen Nasenspray mit dem Wirkstoff Azelastin für insgesamt 56 Tage. 223 Personen der Kontrollgruppe sprühten sich im selben Zeitraum ebenfalls dreimal täglich ein Präparat in die Nase – allerdings ein wirkstoffloses Placebo. "2,2 Prozent der Azelastin-Gruppe haben sich im Beobachtungszeitraum mit SARS-CoV-2 infiziert, in der Kontrollgruppe, die das Placebo erhielt, war der Anteil mit 6,7 Prozent infizierter Personen dreimal so hoch", fasst Bals das Ergebnis zusammen. Bestätigt wurden die Infektionen per PCR-Test.
Das Antihistaminikum hatte auch darüber hinaus Effekte: In der Azelastin-Gruppe konnten auch weniger symptomatische SARS-CoV-2-Verläufe, eine insgesamt geringere Anzahl an nachgewiesenen Atemwegsinfektionen und hierbei auch eine niedrigere Rate an Rhinovirus-Erkrankungen beobachtet werden. Rhinoviren sind die häufigsten Erreger von Erkältungen, können aber auch schwerwiegendere Atemwegserkrankungen auslösen. Von den 227 Personen, die den Azelastin-haltigen Nasenspray erhielten, entwickelten 1,8 Prozent eine Rhinovirus-Infektion. "In der Kontrollgruppe lag der Anteil der Infizierten mit 6,3 Prozent ähnlich hoch wie bei SARS-CoV-2", präzisiert Bals.
"Die Fallzahlen sind eigentlich zu niedrig"
Anna Sophie Hoffmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Rhinologie und Rhinochirurgie der deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, zeigt sich im Hinblick auf die Erhebung im Interview mit der Apotheken Rundschau zurückhaltend: "Die Fallzahlen sind eigentlich zu niedrig, um eine sichere Aussage treffen zu können."
Dass die Medikamente zu milderen Verläufen im Falle einer Ansteckung führen, könne mit den Daten ebenfalls nicht hinlänglich belegt werden. Hoffmann rät davon ab, sich auf eigene Faust mit entsprechenden Mitteln einzudecken. Nebenwirkungen könnten den etwaigen Nutzen zunichtemachen.
Azelastin-Nasenspray wird seit Jahrzehnten als rezeptfreies Medikament zur Behandlung von allergischem Schnupfen eingesetzt. Bereits zuvor haben In-vitro-Studien antivirale Effekte gegenüber SARS-CoV-2 und anderen respiratorischen Viren gezeigt. "Die aktuelle klinische Studie ist nun die erste, die eine präventive Schutzwirkung in einem realen Anwendungsszenario belegt", schildert Bals. Insbesondere für Risikogruppen könnte der Nasenspray in der Infekt-Saison eine leicht zugängliche Ergänzung zu bestehenden Schutzmaßnahmen darstellen. Allerdings liegen laut Hoffmann zu vulnerablen Gruppen keine gesonderten Daten vor.
Auch das Team der Uni Saarland betont, dass die Ergebnisse in weiteren, größeren Studien geprüft werden müssen. Bals: "Die Studienergebnisse bekräftigen die Notwendigkeit größerer, multizentrischer Studien, um den Einsatz von Azelastin-Nasenspray als 'On-Demand'-Prophylaxe weiter zu untersuchen und das Potenzial auch gegenüber anderen Atemwegserregern zu prüfen."
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