CT vor der Schwangerschaft: Höheres Risiko für Fehlgeburt?

Eine großangelegte kanadische Studie hat gezeigt, dass Frauen, die vor ihrer Schwangerschaft eine Computertomographie (CT) erhielten, ein höheres Risiko für Fehlgeburten und angeborene Fehlbildungen beim späteren Kind aufwiesen. Analysiert wurden die Daten von mehr als fünf Millionen Schwangerschaften. Dabei erfassten die Forschenden die Anzahl der CT-Untersuchungen, die bis zu vier Wochen vor dem vermuteten Zeitpunkt der Befruchtung durchgeführt worden waren.
Insgesamt hatten 687.692 Frauen vor der Empfängnis eine CT-Untersuchung. Von allen bestätigten Schwangerschaften endeten 10,4 Prozent mit einem spontanen Verlust – darunter Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaften oder Totgeburten. Bei Frauen mit einer CT-Untersuchung lag die Rate des Schwangerschaftsverlusts bei 117 pro 1.000 Frauen. Mit zwei CT-Untersuchungen stieg sie auf 130 pro 1.000, bei drei oder mehr Untersuchungen sogar auf 142 pro 1.000. Zum Vergleich: Frauen ohne vorherige CT-Untersuchung erlitten in 101 von 1.000 Fällen einen Schwangerschaftsverlust.
Besonders deutlich zeigten sich die Unterschiede, wenn die CT-Untersuchungen den Bauch, das Becken oder die untere Wirbelsäule betrafen. Zudem stellten die Studienautoren fest, dass das Risiko für einen spontanen Schwangerschaftsverlust umso höher war, je näher die CT-Untersuchung am geschätzten Zeitpunkt der Empfängnis lag. Auch die Rate angeborener Fehlbildungen stieg: von 62 pro 1.000 Lebendgeburten bei Frauen ohne CT-Untersuchung auf bis zu 105 pro 1.000 bei Frauen mit drei oder mehr CT-Untersuchungen.
Kein eindeutiger kausaler Zusammenhang
Diese Ergebnisse deuten laut den Forschenden darauf hin, dass die Strahlenbelastung durch CT-Untersuchungen vor der Empfängnis das Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen erhöhen könnte. Ein eindeutiger Kausalzusammenhang lasse sich aus den Daten jedoch nicht ableiten, sagt dazu Daniel Wollschläger, Strahlenforscher an der Universitätsmedizin Mainz: "Methodische Einschränkungen ergeben sich unter anderem daraus, dass der Grund für die CT-Untersuchungen nicht ausgewertet und keine untersuchungsspezifische Strahlendosis der Eierstöcke berechnet wurde. Ein eindeutiger kausaler Rückschluss des höheren Risikos für Fehlgeburten und angeborene Fehlbildungen der Kinder von Frauen mit vor der Schwangerschaft durchgeführten CT-Untersuchungen ist daher auf Basis dieser Studie nicht möglich."
Auffällig war, dass die Forschenden auch nach Schädel-CTs ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftsverluste ermittelten. „Bei Schädel-CT sind Strahlenwirkungen auf die Eierstöcke unplausibel, methodische Artefakte können daher zu den Studienergebnissen beigetragen haben“, erklärt Wollschläger.
Auch Peter Scholz-Kreisel vom Bundesamt für Strahlenschutz betont die Bedeutung der zugrunde liegenden Ursachen: „Generell ist es eher untypisch, dass so junge Frauen (insbesondere mehrfach) CT-Untersuchungen erhalten, was auf das Vorliegen gesundheitlicher Einschränkungen bei diesen Frauen hindeutet. Ist der Grund für die CT-Untersuchung eine Erkrankung, welche auch den Verlauf einer Schwangerschaft beeinträchtigt, würde dies zu einer Scheinkorrelation zwischen CT und Fehlgeburten führen.“
Wichtige Einflussfaktoren wie Bluthochdruck oder Kinderwunschbehandlungen seien in der Studie zudem nicht berücksichtigt worden. Laut Scholz-Kreisel wurden bislang keine „schlüssigen Zusammenhänge zwischen elterlicher Exposition und Fehlgeburten oder kognitiven Veränderungen bei den Nachkommen“ gefunden.
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