Sind Cholesterinsenker gefährlich? 6 Fragen und die Antworten dazu

Cholesterinablagerungen: Überschüssiges LDL-Cholesterin kann sogenannte Plaques bilden, die die Gefäßwände verengen.
Von Ferdinand Heimbach
Mit der Diagnose „erhöhte Cholesterinwerte“ können Betroffene häufig nicht wirklich etwas anfangen. Der Leidensdruck ist gering, da die Erkrankung meist symptomlos verläuft.
Dabei können die erhöhten Blutfettwerte dramatische Folgen haben: Laut der Deutschen Herzstiftung ist das Risiko, in der Folge an Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken, um ein Vielfaches erhöht. Grund dafür ist die Arterienverkalkung, die die Blutgefäße verstopfen kann.
Um dieses Risiko zu mindern, werden in der Regel Statine verschrieben. Doch um den Wirkstoff ranken sich viele Halbwahrheiten – und das, obwohl dem Arzneistoff eine hohe Wirksamkeit und Verträglichkeit zugerechnet werden.
6 Fragen zu Cholesterinsenkern - eine Ärztin antwortet
Anja Vogt, Ärztin für Innere Medizin und Leiterin der Stoffwechselambulanz/Lipoproteinapherese der Ludwig-Maximilians-Universität München, beantwortet sechs Fragen, wie Statine wirken und für wen sie die richtige Wahl sind.
- Wie genau wirken Statine im Körper?
Statine wirken vor allem in der Leber, dem Organ, in dem Cholesterin vorrangig produziert und abgebaut wird. Die Statine werden dort in die Zellen aufgenommen, wo sie wiederum ein Enzym hemmen, das für die Produktion von Cholesterin mitverantwortlich ist. Wird dann weniger Cholesterin produziert, bemerkt die Leber das und reagiert.
An der Zelloberfläche entstehen mehr Rezeptoren, über die die Leber vermehrt Cholesterin aus dem Blut in die Zellen aufnimmt und verarbeitet. Insgesamt betrachtet sinken die Cholesterinwerte in der Folge also.
- Wer sollte Statine einnehmen?
Grundsätzlich kann jeder von erhöhten Cholesterinwerten betroffen sein, da diese auch erblich weitergegeben werden können. Statine sollen also vor allem von Personen mit einem hohen und sehr hohen kardiovaskulären Risiko eingenommen werden. Das umfasst alle, die eine Arterienverkalkung haben oder schon einen Herzinfarkt hinter sich haben und ein hohes Risikoprofil haben, zum Beispiel bei hohem LDL-Cholesterin oder Diabetes mellitus.
Grundsätzlich braucht man ein gesundes Rezeptor-System, um sich selbst vor erhöhten Cholesterinwerten zu schützen. Dieses System ist bei manchen jedoch von Geburt an gestört, was die Cholesterinwerte ansteigen lässt. Dann wirken Statine nicht so gut, es gibt aber andere Medikamente, die man einnehmen kann. Wenn das Rezeptor-System so stark gestört ist, dass die Statine gar keine Wirkung haben, gibt es jedoch kaum Präparate, die man nutzen kann.
- Gibt es ein bestimmtes Alter, ab dem man Statine einnehmen sollte?
Erhöhte Cholesterinwerte können ein einjähriges Kind genauso treffen wie einen 25-jährigen Sportler. Es gibt nicht das eine Alter, ab dem Statine empfohlen sind.
Werte
Schätzungen zufolge haben 1,1 Millionen Österreicher zu hohe Cholsterinwerte.
HDL versus LDL
Das gute High density Lipoprotien (HDL) transportiert überschüssiges Cholesterin von der Peripherie, etwa den Gefäßwänden, in die Leber, wo es abgebaut wird. Schädliches Low densisity lipoprotein (LDL) transportiert es in die Peripherie wo es abgelagert wird. Der Cholesterinspiegel sollte unter 200 mg/dl liegen, LDL unter 116 mg/dl.
Todesfälle
8,2 Prozent aller Todesfälle in Österreich sind auf erhöhte Cholesterinwerte zurückzuführen. Das ergab eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS).
- Kann man Cholesterin-Werte nicht über den Lebensstil senken?
Wer noch keine Arterienverkalkung und leicht erhöhte Werte hat, kann zunächst diesen Weg gehen. Man kann allerdings nicht vorhersagen, wie sich das bei dem Einzelnen wirklich auswirkt. Bei genetisch bedingt erhöhten Cholesterinwerten kann man die LDL-Cholesterinwerte über die Ernährung allerdings nicht so sehr senken, wie man es braucht. Dafür haben wir die Medikamente.
- Was ist dran an möglichen Nebenwirkungen?
Letztlich bergen alle Medikamente und Behandlungen mögliche Nebenwirkungen. Statin ist jedoch alles andere als ein Gift, es wird ganz normal über Enzyme abgebaut. Deswegen ist es extrem gut verträglich.
Ja, es kann Nebenwirkungen geben. Man muss es aber in den Kontext setzen, dass die Folgekrankheiten deutlich schlimmer sind als eventuelle Nebenwirkungen. Dennoch werden die etwaigen Nebenwirkungen ungerechtfertigt „gehypt“. Ungefähr fünf Prozent der Betroffenen haben Nebenwirkungen, die sich vor allem in Muskelbeschwerden äußern, die sich wie Muskelkater anfühlen. Das geht aber wieder weg, wenn man das Medikament absetzt. Nach einer gewissen Zeit kann man dann entweder wieder auf das gleiche Präparat setzen oder ein neues einsetzen.
- Kann man Statine auch vorbeugend einnehmen, obwohl man (noch) keine gesundheitliche Indikation hat?
In diesem Fall sollte man zunächst andere Dinge nutzen. Wichtig ist die Prävention. Dazu zählen Sport, gesundheitsfördernde Ernährung und Alkohol- und Nikotinverzicht. Wenn das Risikoprofil erhöht ist, kann frühzeitig ein Statin sinnvoll sein. Man wartet ja auch nicht mit dem Zähneputzen, bis das Loch da ist, sondern beugt vor. So ist es beim Cholesterin auch.
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