Lokale Chikungunya-Infektionen in Italien: Ein Grund zur Sorge?

Die asiatische Tigermücke kann – im Gegensatz zu heimischen Stechmückenarten – tropische Erreger wie das Chikungunya -Virus (Illustration) übertragen.
Im Juli war es ein Chikungunya-Fall im Elsass nahe Straßburg, jetzt sind es Infektionsherde in Norditalien und Südfrankreich, die für Aufsehen sorgen. Seit 6. August sind in Italien knapp 50 Infektionen mit dem Chikungunya-Virus vor allem in den Regionen Emilia-Romagna und Venetien bestätigt – die meisten in der Provinz Verona. Dabei handelt es sich ausschließlich um lokal erworbene Infektionen. Hauptsymptome sind Fieber sowie Muskel- und Gelenksschmerzen, die bei einem Teil der Infizierten monatelang anhalten können.
Insgesamt gab es heuer (bis 10. 9.) laut Europäischem Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bereits 167 lokale Chikungunya-Infektionen in Italien und 383 in Südfrankreich. Alleine in der ersten Septemberwoche wurden 82 neue Fälle in Südfrankreich bestätigt.
„Für den einzelnen Reisenden ist das keine Bedrohung, wenn man die paar Dutzend Fälle der hohen Einwohnerzahl dieser Regionen gegenüberstellt“, sagt der Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. „Aber natürlich muss man es ernst nehmen und überwachen.“
Hauptüberträger von Chikungunya ist die asiatische Tigermücke. Reisenden in Infektionsgebiete empfiehlt Kollartisch Mückenschutz-Sprays zu verwenden – tagsüber bis in die frühen Abendstunden, weil die Tiere vor allem am Tag aktiv sind. „Dann kann man auch mit kurzen Ärmeln und Hosen unterwegs sein.“
Heimische Mücken sind hingegen vor allem in der Dämmerung sehr aktiv.
Zu einer Impfung (in der EU sind zwei Chikungunya-Impfstoffe ab dem vollendeten 12. Lebensjahr zugelassen) rät Kollaritsch bei Reisen nach Italien oder Frankreich nicht: „Das wäre völlig übertrieben.“
Laut dem „Radar für Infektionskrankheiten“ der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) wurden heuer von Jänner bis August 12 Chikungunya-Fälle in Österreich gemeldet (Chikungunya ist anzeigepflichtig), 2024 waren es elf.
Dabei handelte es sich aber zur Gänze um frisch infizierte Reiserückkehrer aus dem Ausland, heißt es von der AGES. „Niemand hat sich in Europa angesteckt, die Infektionen erfolgten ausschließlich in Übersee.“ Besonders betroffen war heuer im Frühjahr etwa das französische Überseegebiet La Réunion.
Noch virenfreie Mücken in Österreich
Zwar gibt es mittlerweile in den Großräumen Graz, Linz und Wien ganzjährig etablierte Populationen an Tigermücken. Aber in diesen zirkulieren keine Viren. Um einen lokalen Infektionszyklus in Gang zu bringen, müsste deshalb ein frisch infizierter Reiserückkehrer mit Viren im Blut neuerlich von einer Tigermücke gestochen werden – und diese müsste dann eine weitere Person in Österreich stechen und Viren weitergeben.
Lokale Ausbrüche gab es auch in den Vorjahren in Südeuropa immer wieder, betont Kollaritsch. Den ersten dokumentierten 2007 in der Nähe von Ravenna mit mehr als 200 Fällen.
Der Virologe Florian Krammer hält in ein paar Jahren auch in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich lokale Infektionsherde „mit ein paar Hundert Fällen“ für realistisch, sagte er kürzlich in seinem Podcast ViroLOGISCH – wegen der Klimaerwärmung und der Ausbreitung der eingeschleppten Tigermücke. Die Ausbreitung von Infektionsherden sei "grundsätzlich eine problematische Entwicklung". Durch die Klimaerwärmung "breiten sich diese Moskitos aus und dringen nach Norden vor." Er habe selbst in Graz schon einmal eine Tigermücke erschlagen.
Erst kürzlich warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einer weltweiten Chikungunya-Epidemie. Die Krankheit sei bereits in 119 Ländern nachgewiesen worden.
Krammer litt übrigens bereits selbst an Chikungunya – infiziert hat er sich durch einen Mückenstich auf einem Flug von Bangkok nach Seoul. Drei Monate lang litt er an Gelenksschmerzen und -schwellungen, erzählt er in seinem Podcast: „Das war eine arge Erfahrung, ich konnte in der Früh fast nicht aufstehen und gehen, weil die Gelenke so geschwollen waren.“ Auch die Handgelenke waren betroffen: "Sogar das Schreiben am Computer war schwierig."
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