Infektiöser Pilz breitet sich in Europa aus: Wie gefährlich ist das?

Eine Petrischale mit dem infektiösen Hefepilz Candidozyma auris: Er kann bei schwer kranken Menschen zu lebensgefährlichen Erkrankungen führen.
Die Warnung ist eindringlich: Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sieht in der Ausbreitung eines Krankenhauspilzes eine „ernsthafte Bedrohung für Patienten und Gesundheitssysteme“. In einem neuen Bericht ist von einer „weiterhin schnellen“ Ausbreitung des Hefepilzes Candidozyma auris (ehemals Candida auris) in europäischen Krankenhäusern die Rede. Dieser Pilz kann lebensbedrohliche Infektionen bei schwer kranken, immungeschwächten Patienten auslösen.
Laut dem Bericht wurden zwischen 2013 und 2023 innerhalb der EU sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen mehr als 4.000 Fälle registriert – davon aber 1.346 allein im Jahr 2023. Das sei nur „die Spitze des Eisbergs“, da es in vielen Ländern keine systematische Erfassung gebe.
Der Hefepilz Candidozyma auris wurde 2009 erstmals in Japan nachgewiesen. In Österreich gab es bisher noch keinen Ausbruch, „auch noch keine einzige Übertragung“, sagte Birgit Willinger, Leiterin der klinischen Abteilung für Klinische Mikrobiologie an der MedUni Wien, bei einem Pressegespräch des deutschen Science Media Centers. Willinger ist auch Leiterin des nationalen Referenzzentrums für Hefen und Schimmelpilze.
Candida auris: 17 Fälle bisher bekannt
Ihr seien bisher 17 Fälle in Österreich bekannt, „die alle keine invasive Infektion hatten (keine Infektion des Blutes oder kein Biofilm etwa an der Oberfläche von Gelenksprothesen, Anm.) und ausschließlich besiedelt waren“. Das heißt, wo also oberflächlich der Pilz nachgewiesen wurde, es aber keine Infektion und keine Symptome gab. Alle diese Patientinnen und Patienten seien aus Ländern nach Österreich gekommen, wo es schon Ausbrüche gab, darunter Griechenland, Spanien und Südafrika. In Indien ist der Pilz mittlerweile endemisch geworden, tritt dort also dauerhaft gehäuft auf.
Weil in diesen Ländern auch multiresistente Bakterien sehr häufig sind, wurden die Patienten in Österreich „meistens gleich isoliert“. Im Zuge des Screenings auf resistente Bakterien sei dann „auch Candidozyma auris mit aufgetaucht“. Es sei in der Regel immer so, "dass Patienten in einem südeuropäischen Land oder auch einmal in Südafrika auf Urlaub waren, dort in einem Spital aufgenommen werden mussten, auf einer Intensivstation gelandet sind und dann von dieser Intensivstation zu uns transferiert wurden", erläutert Willinger.
Wenn man diese Patienten auf alle Fälle screene und sofort bei der Aufnahme in Österreich schaue, ob Candidozyma auris hier nachzuweisen ist, "das haben wir in Österreich gesehen, wenn wir das sofort tun, dann verhindern wir die Übertragung und natürlich damit auch den Ausbruch".
Betroffen von invasiven Infektionen seien primär Patienten mit schweren Erkrankungen. So ging beispielsweise vor einigen Jahren ein großer Ausbruch in Valencia (Spanien) von einem Intensivpatienten nach einer Lebertransplantation aus.
„Das große Problem, das ich sehe, ist, dass diese Candida-Art sehr resistent ist oder sein kann gegenüber den herkömmlichen Antimykotika (Medikamente zur Behandlung von Pilzinfektionen, Anm.).“ Dadurch werde die Therapie von Infektionen sehr erschwert.
Übertragung durch Schmierinfektionen möglich
Auf der anderen Seite habe diese Sprosspilzart auch die Eigenschaft, dass sie sehr gut an Oberflächen anhaften könne und damit auch relativ schwierig zu entfernen sei. „Und sie kann im Gegensatz zu anderen Candida-Arten auch von einem Menschen zum anderen übertragen werden.“ Diese Übertragung erfolgt durch Schmierinfektionen. Am häufigsten passiert dies in Spitälern über kontaminierte Medizinprodukte und Geräte, die schlecht desinfizierbar sind.
Willinger betont, dass es keinen Grund gebe, Panik zu schüren, es handle sich derzeit um keine „lebensbedrohliche Sache für uns“. Aber „wir müssen einfach aufpassen, dass dieser Pilz sich bei uns nicht weiter ausbreitet. Oder die Ausbreitung so lange wie möglich hinausgezögert wird“, damit es zu keinen Problemen bei der Therapie kommt.
In diesem Zusammenhang sieht auch Oliver Kurzai, Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie der Uni Würzburg, die „alarmierende Wirkung dieses ECDC–Berichts“. Weil er aufzeige, dass es auch in Europa, insbesondere in Südeuropa, Länder gibt, in denen derartige Eindämmungsmaßnahmen aufgegeben wurden: „Das ist alarmierend auch für Länder wie Deutschland und Österreich. Wir haben ganz viele Menschen, die in Südeuropa Urlaub machen. Und wenn die dort mit dem Krankenhaussystem in Kontakt kommen, besteht ein Risiko, dass dieser Erreger vermehrt zu uns eingetragen wird.“
Kommentare