Mögliche Anzeichen für Lungenversagen bei COVID-19-Patienten

Mögliche Anzeichen für Lungenversagen bei COVID-19-Patienten
Münchener Studie: Biomarker können Ärzten anzeigen, ob eine Infektion dramatisch oder sanft verlaufen wird.

Die COVID-19 Erkrankung kann für Patienten unterschiedlich verlaufen. Für Mediziner ist es daher hilfreich, früh zu erkennen, welchen COVID-19-Patienten ein Lungenversagen droht. Diese Patienten könnten dann gezielt intensiv überwacht werden. Im Gegenzug können Patienten ohne Risikomerkmale auf Normalstation oder sogar zu Hause behandelt werden. Somit können Plätze auf Intensivstationen geschont und denjenigen zugewiesen werden, die sie wirklich brauchen.

In einer Studie haben Wissenschaftler des LMU Klinikums München nun sogenannte Biomarker gefunden, die genau diese Unterscheidung ermöglichen. Die Ergebnisse wurden im "Journal of Allergy and Clinical Immunology" publiziert.

"Brauchen wir Marker"

Die meisten Menschen erkranken nach einer Infektion mit dem Virus Sars-CoV-2 nur leicht und erholen sich rasch. Bei etwa fünf Prozent der Patienten kommt es aber zu einem schweren Erkrankungsverlauf mit Atemnot. Einige dieser Patienten müssen auf der Intensivstation künstlich beatmet werden. Bei einer schnell steigenden Zahl an Infektionen könnten so die Kapazitäten der Intensivstationen überlastet werden.

„Wir sahen im März und April viele Patienten mit COVID-19 in unserer Notaufnahme und mussten entscheiden, bei welchen der Patienten mit einem schweren Verlauf der Erkrankung zu rechnen ist“, sagen Tobias Herold und Tobias Weinberger, Oberärzte der Zentralen Notaufnahme (ZNA) am Campus Großhadern des LMU Klinikums. Um Patienten zu erkennen, denen eine Verschlechterung des Zustandes droht, „brauchen wir Marker, die den klinischen Verlauf vorhersagen“.

89 Patienten untersucht

Zusammen mit Kollegen des LMU Klinikums haben Herold und Weinberger in einer Pilotstudie den klinischen Verlauf und die Laborparameter von 89 Patienten mit COVID-19 untersucht, die aufgrund der Schwere der Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten. Von dieser Gruppe mussten 32 Patienten – größtenteils Männer – künstlich beatmet werden.

Es stellte sich heraus, dass sie alle erhöhte Werte eines Markers für Entzündungen, IL-6, im Blut aufwiesen. Mehr noch: „Ein IL-6-Wert von über 80 Pikogramm/Milliliter sowie ein CRP-Wert über 9,7 Milligramm/Deziliter während der Erkrankung sagte das spätere Lungenversagen mit hoher Genauigkeit voraus“, erklärt Tobias Herold. Das Risiko für ein Lungenversagen war für Patienten mit erhöhten Werten um ein Vielfaches gesteigert.

Es besteht international ein großer Bedarf an solchen Erkenntnissen und das wissenschaftliche Interesse ist aktuell groß. Unklar ist weiterhin, ob IL-6 ein zentraler Faktor des ausufernden Krankheitsgeschehens in der Lunge ist oder lediglich ein Marker der Krankheitsaktivität.

Entzündungsprozess bremsen

Falls ersteres zutrifft, könnten Medikamente, die in diesen Entzündungsprozess eingreifen, den Erkrankungsverlauf positiv beeinflussen. Um dieser Frage nachzugehen, wird aktuell ebenfalls am LMU Klinikum eine weitere Studie durchgeführt. Hierbei wird versucht, den ausufernden Entzündungsprozess zu bremsen.

Um weitere Einblicke in das Erkrankungsgeschehen zu gewinnen, hat das LMU Klinikum die fächerübergreifende wissenschaftliche Arbeitsgruppe CORKUM ins Leben gerufen. CORKUM soll dazu dienen, auf allen Ebenen und mit dem Blickwinkel von verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen und Wissenschaftlern COVID-19 besser zu verstehen und behandeln zu können.

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