Ältester Malaria-Fall Österreichs in eisenzeitlichem Gräberfeld nachgewiesen

Ältester Malaria-Fall Österreichs in eisenzeitlichem Gräberfeld nachgewiesen
Ein zwischen 350 und 250 v. Chr. verstorbener Mann wurde im Gräberfeld von Göttlesbrunn bestattet. Ein Forscherteam rekonstruierte anhand alten Erbguts die Verbreitungsgeschichte der Malaria.

Den ältesten Malaria-Fall auf dem heutigen Staatsgebiet Österreichs haben Forscherinnen und Forscher an den sterblichen Überresten eines Mannes aus dem Gräberfeld von Göttlesbrunn (NÖ) identifiziert, der zwischen 350 und 250 v. Chr. gestorben ist. Der Nachweis gelang im Rahmen einer im Fachjournal Nature veröffentlichten Studie, in der anhand alten Erbguts die Verbreitungsgeschichte der Malaria rekonstruiert wurde. Handel und Kolonialismus zeigten sich dabei als Treiber.

Malaria wird durch verschiedene Plasmodien-Arten verursacht. Übertragen werden diese einzelligen Parasiten durch infizierte Anophelesmücken. Die Erkrankung habe die menschliche Evolutionsgeschichte stark geprägt und "massiven Selektionsdruck auf das menschliche Genom ausgeübt", schreiben die Wissenschafter um Megan Michel vom Max-Planck-Harvard-Forschungszentrum Archaeoscience of the Ancient Mediterranean in ihrer Studie. Dennoch sei umstritten, wann und wie Malariaparasiten zu menschlichen Krankheitserregern wurden und sich weltweit ausgebreitet haben.

DNA-Spuren von Krankheitserregern

Das Problem dabei ist, dass eine Malariainfektion keine Spuren am menschlichen Skelett hinterlässt. Das internationale Forscherteam hat sich in der aktuellen Arbeit Fortschritte bei der Analyse alten Erbguts (DNA) zunutze gemacht. Diese erlauben es, DNA-Spuren von Krankheitserregern, die zum Zeitpunkt des Todes im Blut einer Person vorhanden waren, aufzuspüren.

Erhalten bleibt die Erreger-DNA in menschlichen Zähnen und Körpersteinen, etwa Nierensteinen. "Das Potenzial dieses Zugangs ist phänomenal, weil man viele Dinge erkennen kann, die man als klassischer Morphologe gar nicht sieht", sagte Koautorin Maria Teschler-Nicola, pensionierte Direktorin der Anthropologie-Abteilung des Naturhistorischen Museum Wien (NHM), die nach wie vor am Museum forscht, zur APA.

Das große Forscherteam aus 21 Ländern untersuchte die Genomdaten von drei Erregerarten (Plasmodium falciparum, P. vivax und P. malariae) aus 36 infizierten Individuen von fünf Kontinenten. Die sterblichen Überreste umfassen 5.500 Jahre Menschheitsgeschichte. Zwei dieser Funde stammten aus Österreich. So konnten sie die globale Ausbreitung der Malaria und ihre historischen Auswirkungen auf globaler, regionaler und sogar individueller Ebene rekonstruieren.

"Das mit P. falciparum infizierte Individuum aus Grab 13 des frühlatènezeitlichen Gräberfelds von Göttlesbrunn war ein erwachsener Mann, der in der späten Eisenzeit im Alter von 25 bis 45 Jahren verstorben ist", erklärte Co-Autorin Estella Weiss-Krejci vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Heidelberg gegenüber der APA. Es handelt sich dabei nicht nur um den ältesten Malariafall Österreichs, sondern auch um den "weltweit zweitältesten nachgewiesenen Fall einer P. falciparum-Infektion".

Göttlesbrunn sei damals in überregionale Handelsnetzwerke eingebunden gewesen, und Teile der Bevölkerung hatten wahrscheinlich Kontakte mit potenziell gefährdeten Regionen des Mittelmeerraums und des Balkans. "Anders ist die Infektion nicht zu erklären", so die Wissenschafterin. Geborgen wurden die Funde im Zuge von Rettungsgrabungen beim Ausbau der Ostautobahn in den Jahren 2016, 2018 und 2020. Freigelegt wurde dabei ein Gräberfeld mit 24 Gräbern mit 27 menschlichen Individuen.

Die zweite Analyse aus Österreich stammt aus der Fundstelle Gars/Thunau am Kamp (NÖ) aus dem Frühmittelalter (9. Jahrhundert). Es handelt sich dabei um eine befestigte Siedlung bzw. einen Herrenhof auf einer Hochfläche und einem Handels- und Produktionszentrum im Kamptal. Das malaria-infizierte weibliche Individuum wurde aus einer Siedlungsgrube in der Talsiedlung geborgen. "Die Frau wurde nicht regulär begraben, sondern in eine Siedlungsgrube geworfen, das heißt - bei aller Vorsicht, die hier angebracht ist, dass sie mit größter Wahrscheinlichkeit eine 'Außenseiter-Position' in der Gesellschaft innehatte", so Teschler-Nicola. Das Erbgut des P. vivax-Erregers wurde in einem Körperstein der Frau nachgewiesen, "wahrscheinlich ein verkalktes Uterusmyom", so die Anthropologin.

Die Siedlung lag Teschler-Nicola zufolge im Grenzgebiet zwischen den Karolingern und dem Mährischen Reich. Deshalb haben sich die Forscherinnen und Forscher bereits in früheren Untersuchungen mit der Mobilität der damaligen Menschen beschäftigt und anhand von Strontium-Isotopen in den Zähnen gezeigt, dass mehr als 80 Prozent der untersuchten Skelette nicht zur lokalen Bevölkerung zählten. Der Fund der Malaria-Infizierten erfolgte erst nach dieser Strontiumanalyse, aber Teschler-Nicola vermutet, dass diese Frau aus einem Malariaverbreitungsgebiet im Süden gekommen ist. "Ich würde sie am ehesten als Sklavin einstufen, auch wegen anderer Defizite wie Ernährungsmangel und Skelettspuren, die auf eine intensive Einbindung in den Arbeitsprozess hindeuten", so die Anthropologin.

Überreste eines infizierten Mannes gefunden

Noch älter als der Nachweis einer P. falciparum-Infektion in Göttlesbrunn ist ein Fund aus der Zeit 800 v. Chr. aus Chokhopani in Nepal, wo im Tal des Flusses Kali Gandaki die Überreste eines mit diesem Erreger infizierten Mannes gefunden wurden. Mit einer Seehöhe von 2.800 Metern liegt die Fundstätte weit außerhalb des Lebensraums des Malariaerregers und seiner Überträger. Der Infizierte dürfte aber aus der Region gekommen sein, sein Erbgut war an das Leben in großer Höhe angepasst. Die Antwort auf die Frage, wie er Malaria bekommen konnte, lieferten archäologische Funde in der Region, die auf einen aktiven Fernhandel der Bevölkerung hinwiesen. Das Forscherteam geht daher davon aus, dass der Mann in ein tiefer gelegenes Malariagebiet gereist ist, bevor er nach Chokhopani zurückkehrte, wo er später begraben wurde.

Europäische Kolonisatoren könnten dagegen letztendlich für die Infektion einer an Malaria erkrankten Person aus der Gegend um die Laguna de los Condores in den östlichen peruanischen Anden verantwortlich gewesen sein. Die Genomanalyse dieses P.vivax-Erregers zeigte eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit alten Stämmen dieses Parasiten aus Europa. Das deute stark darauf hin, dass Europäer diese Malariaform zu Beginn der Kolonialzeit nach Amerika brachten. Infektionskrankheiten wie Malaria hätten "die indigenen Völker Amerikas während der Kolonialzeit schwer getroffen, in einigen Gebieten mit Sterblichkeitsraten von bis zu 90 Prozent", erklärte Co-Autorin Evelyn Guevara von der Universität Helsinki und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in einer Aussendung. Zudem wiesen die Forscher genetische Verbindungen zwischen dem alten Erregerstamm aus der Andenregion und modernen P.vivax-Populationen in Peru nach. Offensichtlich habe sich der Erreger in einer heute relativ abgelegenen Region ausgebreitet und infiziere heute noch Menschen in Peru.

In der Studie wurde auch gezeigt, wie militärische Aktivitäten die regionale Ausbreitung der Malaria beeinflussten. Dazu wurde menschliches und Erreger-Erbgut aus dem Friedhof der Kathedrale St. Rombout in Mechelen (Belgien) analysiert. In unmittelbarer Nähe befand sich eines der ersten Militärspitäler (1567-1715) Europas. Bei der lokalen Bevölkerung, die vor dem Bau des Lazaretts auf dem Friedhof bestattet wurde, fanden sich Fälle von P.vivax. Bei Personen, die nach dem Bau des Spitals dort begraben wurden, wurde dagegen P. falciparum nachgewiesen - vor allem bei nicht aus der Region stammenden Männern. Die Forscher vermuten, dass es sich dabei um Soldaten gehandelt hat, die während des Achtzigjährigen Krieges aus Norditalien, Spanien und anderen Mittelmeerregionen rekrutiert wurden, um in der habsburgischen Armee in Flandern zu kämpfen. Denn P. falciparum gedieh vor ihrer Ausrottung im mediterranen Klima und man nimmt nicht an, dass sie damals nördlich der Alpen endemisch war.

"Große Truppenbewegungen spielten damals eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung der Malaria, ähnlich wie heute bei der so genannten Flughafen-Malaria im gemäßigten Europa", erklärte Alexander Herbig vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Dabei bringen infizierte Reisende Plasmodium-Parasiten in Regionen zurück, in denen die Malaria bereits ausgerottet ist. So können Stechmücken, die diese Parasiten übertragen können, anhaltende lokale Übertragungen verursachen.

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