Zufallsfund
Dabei war die Pest gar nicht der Fokus des Forschungsprojekts, sie war eher „ein Nebenprodukt“ (Rebay-Salisbury). Im Mittelpunkt standen genetische Verwandtschaftsbeziehungen in der Bronzezeit.
Für das Projekt unter Führung der Akademie der Wissenschaften wurde ein Gräberfeld bei Drasenhofen im nördlichen Weinviertel erkundet. Erst 2018 hatte man es beim Bau der Ortsumfahrung entdeckt.
Ideal zeigte es sich für diese Fallstudie: Eine überschaubare Gruppe aus 25 Personen in elf Gräbern. „So kann man alle untersuchen“, erklärt die Forscherin diese Auswahl. Den Pesterreger Yersinia pestis fand man in Proben aus dem Inneren der Zahnkronen der beiden Skelette. Hier verlaufen Blutgefäße, und auch nach Tausenden Jahren ist es möglich, Krankheitserreger festzustellen, die sich zum Zeitpunkt des Todes im Blut befanden.
Dass die beiden Männer an einer ansteckenden Krankheit verstorben waren, wussten ihre Zeitgenossen offenbar. „Ihre Gräber befanden sich in Randlage“, schildert Rebay-Salisbury. Eine weitere Erkenntnis aus der genetischen Analyse der Toten: Sie trugen zwei verschiedene Pestbakterien in sich, trotz der räumlichen und zeitlichen Nähe ihres Todes. Für die Forscher zeigt das: Die Infektion wurde nicht in der Gruppe weitergegeben – es waren zwei verschiedene Infektionsereignisse.
Doch wie und warum kamen die beiden jungen Männer überhaupt in Kontakt mit den tödlichen Krankheitserregern? Die beiden Niederösterreicher waren wohl nicht die einzigen Pestopfer der Bronzezeit. Dass es sich aber auch bei ihnen um Männer handelt, sei laut Rebay-Salisbury typisch. „Unter allen bisher publizierten Pestopfern der späteren Urgeschichte in Eurasien waren mehr Männer als Frauen.“ Denn: „Die Männer dürften Tätigkeiten vollbracht haben, die sie näher in Kontakt mit Pestüberträgern brachten, etwa durch Arbeiten mit Fleisch auf der Jagd.“
Tröpfcheninfektion
Dafür spricht auch eine weitere Erkenntnis. „Anders als später im Mittelalter wurde die Pest nicht von Flöhen oder Ratten übertragen“, erklärt die Wissenschafterin. „Wir gehen davon aus, dass es sich um eine direkte Tröpfcheninfektion handelte.“ Daher könnte die Ausbreitung ebenso durch Kriegszüge beschleunigt worden sein.
Die beiden Opfer waren jedenfalls Teil einer Gruppe. Die Toten im Gräberfeld waren übrigens, wie die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen, „alle sehr eng miteinander verwandt“. Rebay-Salisbury berichtet etwa von einem Großvater, zwei Töchtern und Enkeln. Dass ihre ursprüngliche Forschung derzeit von den Pesttoten überlagert wird, nimmt sie gelassen. „Es ist schon cool, dass wir die Infektionen entdeckt haben.“
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