Wifo-Experte zu Zolleinigung: "Vollkommen unnötig, nur höhere Kosten für alle"

US President Trump slaps tariffs on Global trading partners
Österreichs Wirtschaftswachstum wird um geringe 0,14 Prozent gedämpft, heftiger bei Stahl und Alu. Wifo-Ökonom Oberhofer: Zeitgewinn nutzen für neue Handelsabkommen.

Zusammenfassung

  • Die Zolleinigung zwischen EU und USA dämpft Österreichs Wirtschaftswachstum nur minimal um 0,14 Prozent, trifft aber Stahl und Alu härter.
  • Experten sehen den Deal trotz zusätzlicher Kosten als besser für Planungssicherheit und empfehlen, die Zeit für neue Handelsabkommen zu nutzen.
  • US-Exporte österreichischer Unternehmen sind bereits rückläufig, wobei die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt bleiben.

Die Zolleinigung zwischen der EU und den USA kommt in einer für die österreichische Wirtschaft heiklen Phase. Die längste Zeit wurde auch für 2025 eine Rezession befürchtet, also ein drittes Jahr in Folge mit einer schrumpfenden Wirtschaft. 

Zuletzt gab es jedoch wieder positive Signale von der Konjunkturfront und seitens führender Wirtschaftsforscher die Erwartung, dass sich im Gesamtjahr doch eine schwarze Null beim Wirtschaftswachstum ausgehen müsste, also wenigstens eine Stagnation. Das große Fragezeichen dahinter blieb bis zuletzt die tatsächliche Höhe der US-Zölle.

Nun herrscht darüber weitgehend Klarheit, daher fallen nicht wenige Expertenreaktionen trotz der zusätzlichen Kostenbelastung für Exporteure verhalten positiv aus. Der Grundtenor lautet: Ein Deal ist für die Planungssicherheit der Wirtschaft besser als kein Deal. Und im Vergleich zu den angedrohten Zöllen von zuvor 30 Prozent ist die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Rezession mit Zöllen von 15 Prozent jetzt "deutlich geringer", sagt WIFO-Experte Harald Oberhofer im Gespräch mit dem KURIER.

PG WIRTSCHAFTSMINISTERIUM "VORBEREITUNGEN AUF US-ZOLLANKÜNDIGUNG": BONIN/HATTMANNSDORFER/OBERHOFER

Wifo-Ökonom Oberhofer (Mitte), Minister Hattmannsdorfer (re), IHS-Chef Bonin (li.)

Nach seinen Rechenmodellen würde Österreichs Wirtschaft auf Basis der 15 Prozent um 0,14 Prozent gedämpft, also nur minimal. Wesentlich heftiger ist der Zollsatz von 50 Prozent auf Alu und Stahl, aber nur für Firmen wie die Voestalpine oder die AMAG relevant, fällt also gesamtwirtschaftlich kaum ins Gewicht. Außerdem wurde teils vorgesorgt. Die Voestalpine produziert schon heute 50 Prozent ihres Umsatzes in den USA lokal vor Ort. Die Kapazitäten will Voest-Chef Herbert Eibensteiner auch ausbauen. 

In Summe machen die heimischen Exporte bei Alu und Stahl rund eine Milliarde Euro aus. Hier soll es jedoch eine Quote geben. Wie diese umgesetzt werden soll, ist noch offen.

Oberhofer: "Die Handelspolitik von Donald Trump verursacht Kosten für alle, das ist vollkommen unnötig. Politisch hat er gewonnen, aber wirtschaftlich verlieren wir alle, die USA noch am meisten."

"Es wäre sinnvoll, neue Handelsabkommen abzuschließen"

Die EU habe mit dem Deal freilich Zeit gewonnen, um sich neuen Handelspartnern zuzuwenden. Das Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten liege fixfertig auf dem Tisch und könnte jederzeit ratifiziert werden. Mit Australien könnte wieder verhandelt werden, entsprechende Abkommen mit Indien und Indonesien seien weit fortgeschritten. Oberhofer: "Es wäre sinnvoll, neue Handelsabkommen abzuschließen, um Rückgänge im US-Handel zu kompensieren." Deutsche Experten erwarten, dass die EU-Exporte in die USA in zwei Jahren um ein Viertel sinken könnten. 

USA zweitwichtigster Exportmarkt für Österreich

Für Österreich sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt. Dennoch: Zwei Drittel aller Exporte gehen in die EU. Die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb des EU-Binnenmarktes ist also entscheidend für die Performance der österreichischen Wirtschaft. 

Unangenehm ist freilich, dass 2024 ausgerechnet mit den USA das größte Exportwachstum erzielt wurde, und ausgerechnet dort gibt es jetzt mit Trumps Zöllen einen absehbaren Dämpfer. Wobei der Dämpfer bereits vor der Zolleinigung spürbar war und auf die allgemeine Verunsicherung rund um Trumps chaotische Politik zurück geführt wird.

US-Exporte gingen um 13 Prozent zurück

So gingen die US-Exporte heimischer Unternehmen in den ersten vier Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13 Prozent zurück. Mit fast 4.300 österreichischen Unternehmen exportieren rund neun Prozent aller heimischen Exportfirmen in die USA. Etwa 900 Unternehmen haben Tochterfirmen in den USA, wovon ein Drittel auch vor Ort produziert.

Wertmäßig den größten US-Exportanteil machten im Vorjahr Maschinen (4,6 Mrd. Euro), pharmazeutische Erzeugnisse (4,5 Mrd. Euro) sowie Kfz (1,6 Mrd. Euro) aus. Die Gesamtexporte Österreichs haben ein Niveau von rund 190 Milliarden Euro.

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