Inflation in Österreich: "Problem ist kleiner, als es scheint"

Im ZiB2-Interview erklärt IHS-Chef Holger Bonin wieso das Inflations-Problem kleiner ist als es scheint, und welche Maßnahmen gesetzt werden könnten.

Mit 3,6 Prozent liegt die Inflation in Österreich derzeit deutlich über dem EU-Durchschnitt. Die Lage ist weniger dramatisch, als es die Zahlen auf den ersten Blick vermuten lassen. So sieht es zumindest Holger Bonin, Direktor des Instituts für höhere Studien (IHS). Im ZiB2-Interview verweist Bonin auf einen "Sondereffekt in den Daten".

"Die Energiepreisbremsen im letzten Dezember sind ausgelaufen und bringen einen zusätzlichen Inflationsschub von 0,8 Prozent", erklärt Bonin. Aus seiner Sicht ist klar: „Das Problem ist kleiner, als es scheint.“ Das Verlängern der Strompreisbremsen ist für ihn keine Option: "Irgendwann muss man aussteigen aus solchen Preisbremsen, das kann man nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben."

Senkung der Mehrwertsteuer? "Nicht zielführend"

Besonders spürbar ist die Teuerung im Alltag: in Restaurants, Cafés und bei Lebensmitteln. Das Gastgewerbe habe sich in den vergangenen Monaten auffällig verteuert, was laut Bonin mehrere Ursachen hat. Einerseits hätten die Betriebe mit steigenden Kosten zu kämpfen – vor allem bei den Löhnen. Andererseits spielt auch das Marktumfeld eine Rolle: "Es gibt eine starke Nachfrage, das ermöglicht höhere Preise durchzusetzen. Das Angebot hat sich verknappt, Betriebe haben zugemacht."

Im Lebensmittelbereich sei der Wettbewerb möglicherweise zu schwach, um auf sinkende Preise zu hoffen. „Wir merken es im Lebensmittelbereich, wo der Wettbewerb vielleicht nicht so stark ist, dass die Preise nach unten kommen“, sagt Bonin. Die Diskussion um eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sieht er deshalb "nicht zielführend". Sie koste den Staat rund 500 Millionen Euro – und hätte laut Berechnungen lediglich eine Inflationssenkung von 0,2 Prozent zur Folge.

"Nicht hektisch verfahren"

Anstatt hektischer Eingriffe fordert Bonin strukturelle und langfristig wirksame Maßnahmen. „Nicht hektisch verfahren“, lautet sein Appell. Vielmehr müsse man „an den dicken Brettern bohren“, also dort ansetzen, wo nachhaltige Effekte zu erwarten sind. „Etwa Wettbewerb stärken, mehr Preistransparenz – das ist besser als kurzfristige Preiseingriffe.“

Ein weiteres sensibles Thema in der Inflationsdebatte sind die Löhne. Durch die hohe Teuerung kommt es derzeit zu entsprechend kräftigen Lohnabschlüssen, mit Folgen für die Zukunft. „Die Inflation wird mitgezogen, deshalb gibt es hohe Lohnabschlüsse“, sagt Bonin. Das bedeutet aber auch: „Im nächsten Jahr haben wir dadurch wieder Preissteigerungen.“ In manchen Branchen, wo keine Arbeitskräfteengpässe bestehen, könnte angedacht werden die Lohnerhöhungen unterhalb der Inflationsrate anzuheben, so der IHS-Chef

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