Wirtschafts-Standort Österreich steht auf dem Prüfstand

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Die Krise scheint trotz all der schlechten Nachrichten ihren Höhepunkt überschritten zu haben, es dürfte nun wieder zaghaft aufwärtsgehen. Doch es gibt noch viele Baustellen.

In den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten haben schlechte Nachrichten aus der heimischen Wirtschaft die Österreicherinnen und Österreicher mehr als beunruhigt. Megapleiten, der Abbau Tausender Jobs, so gut wie kein Wirtschaftswachstum bei zugleich hoher Inflation, steigende Staatsschulden und zuletzt Einschnitte bei Pensions- und Gehaltserhöhungen.

Ein für Österreich ungewöhnlich tristes Bild, das viele Menschen besorgt.

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn es gibt ebenso zahlreiche Erfolgsgeschichten von Unternehmen sowie die Aussicht auf Besserung der volkswirtschaftlichen Situation.

Zum Auftakt seiner neuen Schwerpunktserie „Standort Österreich – Zukunft durch positiven Wandel“ beleuchtet der KURIER die aktuelle Lage der heimischen Wirtschaft.

Wirtschaftswachstum Nach zwei Jahren der Rezession zeichnet sich für heuer immerhin ein Mini-Wachstum ab. Die Oesterreichische Nationalbank geht in ihrer Septemberprognose von 0,3 Prozent aus. Die Statistik Austria bestätigte diese Woche, dass das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum seit drei Quartalen wieder leicht positiv ausfällt. Für nächstes Jahr erwartet die OeNB ein Wachstum von knapp ein Prozent. Das ist im Vergleich zu guten Jahren deutlich weniger, aber immerhin scheinen die ganz schlechten Zeiten vorläufig vorbei zu sein.

Preissteigerungen Die Annahme, dass die Preissteigerungsrate wie in den meisten Ländern Europas heuer deutlich zurückgehen wird, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, in den ersten Monaten ging sie sogar wieder nach oben. Mit aktuell 4,0 Prozent ist sie fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Eurozone. Zielwert der Europäischen Zentralbank sind genau 2,0 Prozent. Doch auch hier gibt es eine gute Nachricht: Der Spuk dürfte mit Beginn des kommenden Jahres großteils vorbei sein. Denn vor allem schuld an der hohen Inflation sind die mit Jahresbeginn nach oben geschnalzten Energiepreise nach dem gleichzeitigen Auslaufen diverser Förderungen. Die Inflation sollte 2026 im Jahresmittel auf 2,4 Prozent zurückgehen – auch ohne staatliche Preiseingriffe. Kleine Unsicherheit: Höhere Gebühren auf kommunaler Ebene könnten den Effekt dämpfen.

OeNB-Prognose

Arbeitsmarkt Im September sind die Arbeitslosenzahlen erneut gestiegen – seit April 2023 zum 30. Mal in Folge. Damals lag die Arbeitslosenquote bei 5,7 Prozent. Aktuell sind es 7,0 Prozent. Im nächsten Jahr ist keine Besserung zu erwarten, allerdings auch keine weitere Verschlechterung. 2027 soll sich die Lage wieder entspannen. Zum Vergleich: In der gesamten Eurozone liegt die Rate bei 6,3 Prozent. Am höchsten ist sie in Spanien mit 10,3 Prozent vor Finnland mit 9,8 Prozent. Den niedrigsten Wert verbuchen Malta und Slowenien mit je 2,9 Prozent vor Deutschland mit 3,7 Prozent.

Defizit/Verschuldung Österreichs Budgetdefizit ist in den Vorjahren mehr und mehr aus dem Ruder gelaufen. 2019 – noch vor der Pandemie – gab es sogar einen Überschuss von 0,5 Prozent des BIP, 2023 waren es minus 2,6 Prozent. Dass das Maastricht-Ziel von maximal 3,0 Prozent seit dem Vorjahr nicht mehr eingehalten werden kann, führte zu einem Defizitverfahren seitens Brüssel. Aktuell hat die Regierung die Hoffnung, wenigstens bei 4,5 Prozent zu landen. Die OeNB geht sogar von „nur“ minus 4,2 Prozent aus. Und in keinem anderen Euroland legt die Verschuldung prozentuell so stark zu. Alleine von 2019 bis heute ist der Schuldenberg in absoluten Zahlen um ca. 130 Milliarden Euro auf 412 Milliarden Euro angewachsen. Einsparungen, etwa bei den Pensionen, sollen der Entwicklung entgegentreten.

Ansiedelungen Trotz der schlechten Wirtschaftslage ist die Standortagentur Austrian Business Agency (ABA) mit Neuansiedlungen ausländischer Unternehmen zufrieden. 309 waren es im Vorjahr an der Zahl, die 1,1 Milliarden Euro investierten. Ein Drittel davon kam aus Deutschland. Bei der ABA hofft man, dass mit dem deutschen Konjunkturpaket und der sich wieder leicht aufhellenden Wirtschaftslage in Europa die Zahl der Neuansiedlungen steigt. Geschätzt werden von Investoren laut ABA vor allem hohe Stabilität, Rechtssicherheit und daher wirtschaftliche Planbarkeit. So stehe Österreich bei arbeitskampfbedingt ausgefallenen Arbeitstagen im internationalen Vergleich bestens da. Gelobt werde auch die Verfügbarkeit von top ausgebildeten und überdurchschnittlich produktiven Fachkräften auf allen Ebenen.

Forschung Sehr gut präsentiert sich Österreich auch hinsichtlich der Forschung. Laut ABA zeichnet sich Österreich dabei mit attraktiven Förderungen (14 Prozent Forschungsprämie und zahlreiche direkte Programme) sowie exzellenten Universitäten und einer dynamischen Forschungslandschaft aus. Rund 16,1 Mrd. Euro flossen im Vorjahr in Forschung und Entwicklung (F&E). Der Anteil der F&E-Aufwendungen am nominellen BIP lag mit 3,35 Prozent so hoch wie noch nie. Österreich befindet sich damit EU-weit auf Rang drei. Die Regierung plant bis 2030 eine Steigerung auf 4,0 Prozent.

Start-ups Nachholbedarf gibt es punkto Start-ups und Wachstumsunternehmen. Viele wandern ab oder werden an ausländische Investoren verkauft. Dem will die Regierung mit einem Dachfonds für Risikokapitalgeber ab 2026 entgegensteuern.

Österreich kann international mithalten

Weltweit verglichen schneidet der Standort Österreich nicht schlecht ab, obwohl das Land noch vor einigen Jahren deutlich besser platziert war. Im Ranking des Lausanner Instituts IMD liegt Österreich heuer auf Rang 26 von 69 Volkswirtschaften und damit unverändert zum Vorjahr. 2020 war es noch Rang 16, die besten Noten gab es 2007 (Platz 11). Allerdings: Vor zehn Jahren lag Österreich auch schon auf Rang 26.

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Schlecht schnitt Österreich heuer  bei der wirtschaftlichen Entwicklung und Regierungseffizienz ab (jeweils Rang 40). Sehr schlechte Bewertungen gibt es für die Regelungen für Arbeitslose und die Anpassungsfähigkeit der Gesetzgebung. Fast Schlusslicht (64) ist Österreich  bei der Steuerpolitik.

Spitzennoten gab es für  die Lebensqualität sowie Lehrlingsausbildung (jeweils Rang 2), flexibles Arbeitsrecht (1), Mitarbeiterweiterbildung (3)  und für die Infrastruktur (14). Verbesserungen gibt es bei der  universitären Ausbildung, dem Wachstum der Beschäftigung oder höhere Tourismuseinnahmen. 
Das Ranking fußt  auf statistischen Daten und der Befragung von Managern.

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