Warum der ATX ein Rekordhoch erzielt hat
Der Wiener Leitindex ATX hat am Mittwoch einen Höchststand erzielt. Er schloss bei 5.000,70 Punkten und knackte damit den Rekord aus dem Jahr 2007 von 4.981,87 Einheiten. Am selben Tag wurde ein Rekordhoch auf Verlaufsbasis bei gut 5.010 Punkten erzielt.
Nur wenige Märkte konnten heuer eine derart gute Performance hinlegen. In Europa waren es etwa Spanien, Italien, Portugal, Griechenland sowie einige osteuropäische Börsen. Apropos Osteuropa: Ein wichtiger Treiber für Wien war laut Manfred Sibrawa, Senior Portfolio Manager bei Amundi Austria und des Amundi Austria Stock, die enge wirtschaftliche und geografische Nähe zu Osteuropa, die heuer positive Effekte brachte. „Besonders der Bankensektor profitierte von seiner CEE-Exponierung und zeigte europaweit eine solide Performance. Nimmt man die Versicherungen hinzu, ergibt sich ein hohes Indexgewicht des Finanzsektors, der 2025 zu den Gewinnern zählte.“
Gerold Permoser, Chief Investment Officer (CIO) der Erste Asset Management, sieht als jüngsten Kurstreiber die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine. „Österreich würde als traditionell enger Partner Osteuropas sicher davon profitieren.“
Andreas Perauer, Fondsmanager des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien, hält fest, dass neben Banken auch einige Industriewerte „sehr solide“ sich präsentieren würden. Sie lebten vor allem vom Export. „Wenn man den Verbund außen vor lässt, verdienen fast alle den Großteil im Ausland.“
Zusätzliche positive Beiträge sind Sibrawa zufolge vom Bausektor gekommen – gestützt durch das deutsche Infrastrukturpaket – sowie vom Technologiesektor, der sowohl vom globalen Umfeld als auch vom wachsenden Verteidigungsgeschäft profitiert habe.
Für Sibrawa ist der Anstieg in dieser Höhe gerechtfertigt. „Der Wiener Aktienmarkt war – und ist – einer der am günstigsten bewerteten in Europa.“ Ein Teil dieses Bewertungsabschlags habe sich heuer reduziert, dennoch bleibe Wien im Vergleich weiterhin attraktiv. „Die überdurchschnittliche Performance war daher zu einem gewissen Grad überfällig.“
Ein weiterer Grund sei europaspezifisch, so Permoser. „Das Vorgehen der USA in der Handelspolitik stellt die Verlässlichkeit des Landes infrage.“ Die Bedeutung eines diversifizierten Portfolios habe infolge zugenommen, österreichische Werte hätten von internationalen Zuflüssen profitiert.
Sibrawa blickt zuversichtlich ins nächste Jahr. „2026 wird meiner Meinung nach kein Boomjahr, aber ein Jahr mit moderatem, solidem Wachstum – und mit hoher Wahrscheinlichkeit einem positiven Börsenjahr.“ Global könnten eine Entspannung geopolitischer Differenzen und mehr Berechenbarkeit der USA zusätzlichen Rückenwind geben. Vorausgesetzt, es komme zu keinen globalen Schocks. Hinzu stelle sich die Frage, ob die derzeitige „KI-Euphorie“ sich als Blase entpuppt. Die Parallelen zur Dotcom-Phase seien unverkennbar, wenn auch nicht ganz vergleichbar. Würde sich die Investoreneinschätzung drehen, hätte das massive Auswirkungen auf die globalen Aktienmärkte.
Permoser glaubt zwar nicht an ein Ende des KI-Hypes, eine Korrektur aber würde nicht nur Techwerte belasten. Er sieht als weiteres Risiko ausbleibende Aufträge aus dem deutschen Konjunkturpaket, zumal es dafür ohnehin bis Jahresende 2026 dauern werde. Generell ist aber auch er zuversichtlich. „Es wird nicht in dem Tempo weitergehen, aber sicher weiter gut laufen.“ Er empfiehlt Titel aus dem deutschsprachigen Raum, auch aus der Schweiz, da die dort vorherrschenden defensiven Werte in volatileren Zeiten für einen Ausgleich sorgen würden. In Österreich sieht er vor allem Erste Group, Bawag und Andritz positiv.
Dass die Wiener Börse trotz der allgemein schwachen Wirtschaftslage im Land gut dasteht, begründet Sibrawa damit, dass es heuer kaum Enttäuschungen gegeben habe, zugleich der Eindruck entstanden sei, dass die Talsohle durchschritten sei. „Konjunkturpakete, steigende Verteidigungsausgaben, eine höhere Kreditnachfrage sowie wieder anziehende Bauaktivitäten stützen diese Einschätzung.“
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