Wie Österreich wieder zu mehr Stiftungen kommen könnte

Eine lächelnde Frau mit verschränkten Armen vor einem Gebäude in Wien.
Die Zahl der Stiftungen sinkt. Die neue Chefin des Stiftungsverbandes will gegensteuern und hofft dabei auf die neue Regierung.

Der Run auf die Stiftungen ist längst vorbei. Knapp 4000 Stiftungen waren der Rekordstand. Doch Österreichs Reichen scheint die Lust zum Stiften vergangen sein, heute sind nur noch 3069 Stiftungen registriert.

Gründe dafür gibt es viele. Stifter fühlen sich steuerlich benachteiligt, haben Probleme mit den starren Strukturen und das öffentliche Image ist auch nicht das Beste. Intransparenz ist noch der freundlichste Vorwurf.

Juristin und Spenderin

Cattina Leitner will Ansehen und Attraktivität der Stiftungen verbessern. Die bestens vernetzte Juristin, Ehefrau von Andritz-Chef und Großaktionär Wolfgang Leitner, ist die neue Präsidentin des Österreichischen Stiftungsverbandes, kurz ÖStV. Die Mutter zweier erwachsener Kinder war lange Richterin in Graz, bevor sie eine zweite Karriere als Anwältin startete. In der Öffentlichkeit bekannt wurde Leitner als Spenderin (100.000 Euro) für die unabhängige Präsidentschaftskandidatin und Ex-Richterin Irmgard Griss.

Der leidenschaftlichen Juristin ist klar, dass viel Aufklärungsbedarf herrscht. Etwa warum jemand stiftet. „Um das Vermögen in Österreich zu halten, als Einheit im Ganzen. Dieser Zusammenhaltsgedanke, der prägt das Stiften.“

Vermögen schützen

Aber wollen Stifter nicht auch das Erbe vor streitenden oder unfähigen Nachkommen schützen? „Eine Stiftung kann einen Streit nicht verhindern, aber das Vermögen vor den Auswirkungen eines Streits schützen“, stellt Leitner klar. Sie weiß, worüber sie spricht. Als Richterin verhandelte sie so manche hässliche Erbstreitigkeit.

Leitner bringt auch gesamtökonomische Argumente vor: „Ein wesentlicher Punkt ist der Schutz vor der Zersplitterung von Vermögen. Das ist volkswirtschaftlich gesehen für den Standort Österreich besser.“

Stiftungen sozusagen als Bollwerk gegen Hedgefonds?

„Ja. Bei den Ambitionen ausländischer Investoren, etwa aus China, die versuchen, Beteiligungen zu bekommen, war kein Unternehmen dabei, das zu einer Stiftung gehört.“

Hedgefonds sind gut im Aufspüren von Gelegenheiten. Der Familienzwist beim Seilbahn-Imperium Doppelmayr beispielsweise hätte durchaus mit dem Verkauf an eine Heuschrecke enden können, wäre das Unternehmen nicht durch eine Stiftung abgesichert gewesen.

Die Familie Leitner hat ihre Anteile am Andritz-Konzern natürlich auch in Stiftungen gepackt.

Versteinerung

Die türkis-blaue Regierung hatte schon an einer Lockerung des Stiftungsgesetzes gearbeitet, doch die Umsetzung ging sich nicht mehr aus. Wie lautet der dringendste Wunsch an die neue Regierung? „Sich auf das Thema Stiftungen einzulassen, die Vorteile zu erkennen und aus diesem Blickwinkel Reformen zu beurteilen und umzusetzen.“ Stiftungen müssten „Teil der Standortpolitik werden“, die Regierung müsse sich fragen, „wie halten wir Stiftungen in Österreich und wie bringen wir ausländische Stiftungen nach Österreich?“

Leitner ortet ziemlichen Reformbedarf, etwa angesichts der „Versteinerung“ von Stiftungen. Derzeit erlischt das Recht, den Stiftungszweck zu ändern, mit dem Ableben des Stifters, „das lähmt die Stiftung oft“.

Niedrigzinsen

Als Beispiel nennt Leitner die Niedrigzinsen. So dürfe manche Stiftung nur in mündelsichere Anleihen veranlagen, „der Stifter wollte den Zusammenhalt seines Vermögens, aber er wollte nicht, dass die Familie nichts bekommt“. Das Änderungsrecht dürfe „nach dem Ableben des Stifters nicht völlig erstarrt sein“.

Leitner plädiert außerdem dafür, den Einfluss der Familienmitglieder auf die (Familien)Stiftung und die Änderung des Stiftungszwecks zu stärken. Man könne allenfalls „darüber nachdenken, ob dafür eine gerichtliche Zustimmung notwendig sein soll“.

Mausefallen-Effekt

Die einst üppigen Steuervorteile wurden seit der Ermöglichung von Privatstiftungen vor 26 Jahren, übrigens durch den damaligen SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina, schrittweise reduziert. Inzwischen fühlen sich viele Stifter durch die 2,5-prozentige Stiftungseingangssteuer benachteiligt. Das Einbringen von Vermögen in eine Stiftung werde wie eine Schenkung behandelt, aber „wir haben in Österreich doch keine Schenkungssteuer mehr“.

Werde das Vermögen in Tochterstiftungen weiter gegeben, müsse wieder versteuert werden. Was viele potenzielle Stifter abschrecke, „die Steuerfrage ist sicher prohibitiv“. Anzunehmen, dass Stifter, die in der Alpenrepublik ihre Zelte abbrachen, deswegen ins steuerlich reizvollere Liechtenstein übersiedelten.

Arbeitnehmer

Wesentlich sind für Leitner auch die Arbeitnehmer-Stiftungen. Als Anwältin weise sie Stiftungskunden immer wieder auf diese Möglichkeit der Mitarbeiter-Beteiligung hin. Sie würde eine Stiftung grundsätzlich erst ab einem Vermögen von rund 10 Millionen Euro empfehlen.

Und was meint sie zur Forderung so mancher Industrieller, die wieder aus ihren Stiftungen raus wollen, den Exit steuerlich zu begünstigen? „Mein Thema ist die Attraktivität von Stiftungen und nicht, wie man Stiftungen obsolet macht.“ Alles klar.

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