Wieder Warnstreik bei Volkswagen zur nächsten Tarifrunde

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Parallele Verhandlungen über Zukunft der Beschäftigten. Werksschließungen und Kündigungen stehen im Raum.

Begleitet von neuen Warnstreiks kommen heute, Montag, in Wolfsburg die Führung des deutschen Autokonzerns VW und die Gewerkschaft IG Metall zu ihrer vierten Tarifrunde zusammen. Eine Einigung zeichnete sich im Streit um Lohnkürzungen, Werksschließungen und Entlassungen nicht ab. Mit einem zweiten flächendeckenden Warnstreik direkt am Verhandlungstag will die Gewerkschaft nun noch einmal den Druck erhöhen: In neun der zehn deutschen VW-Werke sollen die Bänder zeitweise stillstehen.

In der Tarifrunde geht es zunächst um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde. VW lehnt jede Erhöhung ab und fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns zehn Prozent Lohnkürzung.

Was die Verhandlungen kompliziert macht: Parallel wird auch über die Beschäftigungssicherung gerungen, die VW nach mehr als 30 Jahren aufgekündigt hat. Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Zudem will VW weniger Auszubildende übernehmen und die Bezahlung von Leiharbeitern, die bei VW bisher einen Zuschlag erhalten, auf das normale Niveau der Zeitarbeit absenken.

Laut Betriebsrat sind mindestens drei Werke und Zehntausende Arbeitsplätze bedroht. VW begründet die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. "Der VW-Konzern ist ein Sanierungsfall", sagte Vorstandschef Oliver Blume Teilnehmern zufolge auf der Betriebsversammlung am vergangenen Mittwoch. Zuvor hatte der "Business Insider" berichtet.

IG-Metall-Konzept reicht VW nicht

Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Massenentlassung und Werksschließung wies VW als unzureichend zurück. Die IG Metall hatte angeboten, eine mögliche Lohnerhöhung vorerst nicht auszuzahlen, sondern in einen Zukunftsfonds einzubringen. Dem Konzern stellten sie dabei eine Kostenentlastung von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht.

Im Gegenzug sollte VW auf Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Voraussetzung wäre aber, dass man den jüngsten Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie übernimmt, der eine Erhöhung um 5,1 Prozent in zwei Stufen vorsieht. Und auch Management und Aktionäre müssten ihren Beitrag leisten und auf Boni und Dividenden verzichten, fordert Betriebsratschefin Daniela Cavallo.

Blume bezeichnete die Vorschläge auf der Betriebsversammlung als einen "Startpunkt", der aber bei Weitem nicht ausreiche.

Weitere Eskalation droht

Von der Tarifrunde am Montag erwartet Cavallo, die für die IG Metall mit am Verhandlungstisch sitzt, nun eine Weichenstellung: "Entweder raufen wir uns zusammen und fangen an, ernsthaft Kompromisse in Angriff zu nehmen. Und zwar auf beiden Seiten", sagte sie am Mittwoch. "Oder aber der Vorstand beharrt auf seinem Standpunkt, und es eskaliert." Werksschließungen, Massenentlassungen und Einschnitte ins monatliche Entgelt schloss sie erneut aus. Das komme für die Arbeitnehmerseite weiter nicht infrage.

Bereits mit dem Warnstreik am Verhandlungstag zieht die IG Metall die Daumenschrauben weiter an: Anders als beim ersten Ausstand am vergangenen Montag soll die Arbeit in jeder Schicht nicht nur für zwei Stunden ruhen, sondern für vier Stunden. Betroffen sind erneut neun der zehn deutschen VW-Werke und damit alle Standorte außer Osnabrück. Das dortige VW-Werk fällt nicht unter den VW-Haustarif, um den gerade gerungen wird.

Bisher nur geringe Streik-Auswirkungen

VW hatte nach dem ersten Warnstreik von nur geringen Produktionsausfällen gesprochen. "Die Auswirkungen hielten sich in Grenzen", sagte ein Sprecher. Zwar habe die Fertigung während der Warnstreiks überall geruht. Man habe sie anschließend aber ohne große Probleme wieder hochfahren können. Auch mit Blick auf den zweiten Warnstreik erklärte VW nun, man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten und habe gezielte Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen.

Allerdings, so warnte Branchenexperte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover: "Ein längerer, eskalierender Arbeitskampf würde Volkswagen durchaus schmerzen und könnte auch das Image in der Bevölkerung und in der Politik lädieren."

Beide Seiten hatte immer wieder erklärt, dass sie am liebsten noch vor Weihnachten zu einer Einigung kommen würden. Doch das Zeitfenster dafür werde immer enger, mahnte Cavallo. Auch VW hatte sich mit Blick auf eine Einigung noch in diesem Jahr zuletzt zurückhaltend gezeigt.

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