Sorge um Jobmarkt: US-Notenbank wohl vor weiterer Zinssenkung

Fed Chair Powell presser after leaving interest rates unchanged
Die US-Notenbank macht sich aktuell mehr Sorgen um den Jobmarkt, als um die Inflation. Eine Senkung des Leitzinses könnte am Mittwoch die Folge sein.

Zusammenfassung

  • Fed steht vor zweiter Zinssenkung im Jahr wegen Schwächesignalen am US-Arbeitsmarkt.
  • Inflation bleibt über Zielwert, aber Beschäftigungsrisiken wiegen für die Notenbank schwerer.
  • Fed könnte Bilanzverkürzungsprogramm (QT) wegen Geldmarktspannungen und technischer Risiken beenden.

Angesichts der Schwächesignale vom Jobmarkt steht die US-Notenbank vor der zweiten Zinssenkung im laufenden Jahr. Viele Experten gehen davon aus, dass die Federal Reserve den Schlüsselsatz am Mittwoch um einen Viertelprozentpunkt auf die neue Spanne von 3,75 Prozent bis 4,00 Prozent heruntersetzen wird.

Die Währungshüter hatten ihre erste Senkung im laufenden Jahr angesichts der unklaren Folgen des von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Handelskriegs bis September hinausgezögert. Nun könnte es Schlag auf Schlag gehen. Denn der lange Zeit rund laufende Jobmotor geriet zuletzt ins Stottern. Zugleich muss die Notenbank aber auch die Inflationsgefahren im Auge behalten, da sich die Teuerung mit zuletzt 3,0 Prozent schon recht weit vom Zielwert der Fed von 2,0 Prozent entfernt hat.

Risiken am Arbeitsmarkt groß, Inflation wohl zweitrangig

"Für niedrigere Leitzinsen ist die Inflationsrate eigentlich zu hoch. Bei der Fed ist jedoch die Sorge um eine weitergehende Beschäftigungsabschwächung größer", meint Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Auch Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner geht davon aus, dass sich die Fed zu einer Zinssenkung durchringen wird: "Damit reagiert sie auf die zunehmenden Risiken am Arbeitsmarkt, während die weiterhin überhöhte Inflation nur die zweite Geige spielt." Die Zentralbank mache sich immer mehr Sorgen um den anderen Teil ihres Mandats, die Förderung von Vollbeschäftigung: "Schließlich hat sich der Anstieg der Beschäftigung abgeschwächt, und angesichts der bisher ausgefallenen Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts für September gab es wohl kaum einen Anlass, diese Einschätzung zu ändern." Zudem stelle der Shutdown der Regierung auch ein gewisses wirtschaftliches Risiko dar, das mit zunehmender Dauer des Stillstandes zunehmen dürfte.

Shutdown: Fed im Blindflug

Der für die Leitzinsen zuständige Fed-Offenmarktausschuss (FOMC) muss also in schwieriger Lage den geldpolitischen Kurs abstecken. Nach der jüngsten Zinssenkung vom September gebe es "keinen risikolosen Weg" für die Geldpolitik, betonte Fed-Chef Jerome Powell jüngst. Es gelte, auf der Basis der Entwicklung der Konjunkturaussichten und der Risikoabwägung zu entscheiden, statt einem vorgegebenen Weg zu folgen. Auf Basis der vorliegenden Daten könne man wohl sagen, dass sich die Aussichten für Beschäftigung und Inflation seit der Zinssitzung vom September nicht wesentlich geändert hätten.

"Die Kommunikation der Zentralbanker vor der FOMC-Sitzung im Oktober deutet darauf hin, dass der Mangel an verfügbaren volkswirtschaftlichen Daten kein Grund sein könnte, die Zinsen nicht erneut um 25 Basispunkte zu senken", meint Christian Scherrmann, Chefvolkswirt USA beim Vermögensverwalter DWS. Dies erscheine seltsam, wenn man bedenke, dass die Fed aufgrund des Verwaltungsstillstands quasi im Blindflug unterwegs sei. Es sei jedoch davon auszugehen, dass sich die Arbeitsmarktbedingungen seit dem vorigen Monat nicht wesentlich verändert haben.

Programm zur Verkleinerung der Bilanzsumme könnte enden

Fed-Chef Powell habe klargemacht, dass sich die Notenbank derzeit mehr um die Beschäftigung als um die Inflation sorge, meint auch Luis Ruiz, Marktanalyst bei CMC Markets: "Eine sehr lockere' Botschaft, die durch die Ankündigung eines möglichen Endes der Bilanzverkürzung (QT) noch verstärkt wurde."

Der seit 2022 laufende Prozess des "Quantitative tightening" - kurz QT - soll die übermäßige Liquidität beseitigen, die die Fed den Finanzmärkten während der Coronapandemie zuführte. Liquidität wurde durch Käufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren in großem Stil in das Finanzsystem gepumpt. Durch die Anleihekäufe verdoppelten sich die Fed-Bestände auf rund 9 Billionen Dollar. Auch indem die Fed immer wieder eine bestimmte Menge an Anleihen ohne Ersatz auslaufen ließ, konnte die Bilanzsumme der Fed auf 6,6 Billionen Dollar (5,6 Billionen Euro) eingedampft werden.

Einige Wall-Street-Analysten gehen nun davon aus, dass die Fed ihre langjährigen Maßnahmen zur Bilanzverkürzung zum Monatsende beenden wird. Sie glauben, dass sich die Grundlage für QT aufgrund zunehmender Geldmarktspannungen verschoben hat. Dies könnte die Kontrolle der Fed über das Zinsziel gefährden, das sie zur Erreichung ihrer Inflations- und Beschäftigungsziele verwendet. Ein Stopp des Liquiditätsentzugs durch QT würde dazu beitragen, dass die technischen Aspekte der Geldpolitik weiterhin reibungslos funktionieren, meinen diese Analysten.

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