Fachkräfte-Mangel: Russland auf Zuwanderung angewiesen
Zusammenfassung
- Sberbank-Chef German Gref betont, dass Russland auf die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte angewiesen ist, um wirtschaftliches Wachstum und nationale Sicherheit zu gewährleisten.
- Seit Kriegsbeginn herrscht in Russland akuter Arbeitskräftemangel, verstärkt durch Abwanderung von Fachkräften und eine Lohnspirale durch Armeeanreize.
- Gref fordert eine gezielte Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte und Anreize für ausländische Studierende, da bisher vor allem gering qualifizierte Migranten ins Land kommen.
Russland ist nach den Worten des Top-Bankers German Gref auf die millionenfache Einwanderung qualifizierter Fachkräfte angewiesen.
Dies sei notwendig, um ein Wachstumsziel von mindestens 3,2 Prozent zu erreichen, sagte der Chef des größten russischen Finanzhauses Sberbank vor Mitgliedern des Staatsrates für Demografie- und Familienpolitik. "Das ist eine Frage der nationalen Sicherheit und des Überlebens des Landes", so der langjährige Vertraute von Präsident Wladimir Putin.
Gref zufolge kann ein höheres Wachstum nur durch eine Steigerung der Produktivität oder eine Vergrößerung der Erwerbsbevölkerung erreicht werden. "Ohne Wirtschaftswachstum wird es nichts geben. Wir werden weder soziale noch andere Probleme lösen können", warnte er.
Da hohe Zinsen und begrenzte Investitionsmöglichkeiten infolge der westlichen Sanktionen die Steigerung der Produktivität erschwerten, sei die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland der einzig gangbare Weg. Die Sberbank rechnet damit, dass das russische Wirtschaftswachstum heuer nur noch 0,8 Prozent betragen wird, nach 4,3 Prozent im Vorjahr.
Akuter Arbeitskräftemangel seit Kriegsbeginn
Das Land leidet seit Beginn des Kriegs in der Ukraine unter einem akuten Arbeitskräftemangel in zahlreichen Branchen, da hunderttausende in die Armee eingetreten sind. Großzügige Zahlungen an Freiwillige haben zudem eine Lohnspirale ausgelöst.
Gref kritisierte die bisherige Migrationspolitik scharf. "Leider betreiben wir eine Negativauslese", sagte er. "Wir ziehen meist sehr gering qualifizierte Arbeitskräfte an, während wir selbst hochqualifizierte Spezialisten verlieren." Viele Fachkräfte hatten Russland nach Kriegsbeginn verlassen.
Russland stützt sich traditionell auf ausländische Arbeitskräfte - vor allem aus den ehemaligen Sowjetrepubliken in Zentralasien. Diese sind vor allem im Baugewerbe und für kommunale Dienstleister tätig. Gref forderte die Regierung auf, aktiv qualifizierte Fachkräfte im Ausland zu suchen und Anreize für ausländische Studierende zu schaffen, nach ihrem Abschluss in Russland zu bleiben.
Öffentliche Forderungen nach einer verstärkten Einwanderung sind in Russland selten, da das Thema politisch heikel ist.
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