Commerzialbank Mattersburg: Ein Problem mit den Akten
Das fängt ja gut an. Am 5. November werden im U-Ausschuss zur Commerzialbank Mattersburg die ersten fünf Zeugen befragt. Die Abgeordneten dürften sich allerdings schwertun.
Eigentlich sollten sich im Sitzungssaal des Landtags in Eisenstadt die Akten zur Einsichtnahme stapeln. Doch bis dato liegen nur zwei schmälere Ordner auf. Lediglich einige kleine Gemeinden haben brav Kreditverträge und Kontoauszüge geliefert.
„Die Landesregierung und das Land haben bis Freitag keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt. Nicht einmal einen Zettel“, empört sich ÖVP-Klubchef Markus Ulram. Er hatte gemeinsam mit FPÖ und Grünen den Ausschuss verlangt.
Arbeitsschwerpunkte sind die Genossenschaftsrevision, die Sperre und Insolvenz der Skandalbank, deren Vertragsbeziehungen sowie die politischen Beziehungen. Aufschlussreich könnten die Prüfberichte der TPA über die Eigentumsgenossenschaft der Bank sein. Plus dazugehöriger Aktenvermerke, Schriftverkehr und eMails.
Das Land hatte die Revision für die aus dem Raiffeisenverband ausgetretene Bank übernommen und an die Wirtschaftsprüfer TPA ausgelagert. Die bekanntlich auch die Bank selbst prüften, dabei aber kläglich versagten.
Aufschlussreich könnten die Vertragsbeziehungen mit der Fußballakademie Mattersburg sein, an der das Land mit 40 Prozent beteiligt ist.
Auch die Gemeinde Mattersburg reizt die Lieferfrist aus. Die Kommune hat eine gemeinsame GmbH mit der Skandalbank.
Die Landtagsdirektion beruft sich gegenüber dem KURIER auf den von allen Parteien, auch der ÖVP, akkordierten Arbeitsplan. Die dreiwöchige Frist für den Großteil der Akten ende erst am Samstag. Auch bei Gerichten sei es üblich, mit Fristen bis zum letzten Tag zuzuwarten.
Das mag schon stimmen, doch die Abgeordneten sind weder Bank-Experten noch mit einer derart komplexen Materie vertraute Rechtsanwälte. Nicht anzunehmen, dass sich Laien innerhalb weniger Tage durch die Unterlagen wühlen können, geschweige denn, diese zu interpretieren wissen.
Eine weitere Woche läuft noch die Frist für jenen Teil der Unterlagen, zu denen der Ausschuss erst dank eines Urteils des Landesverwaltungsgerichtes Zugang erhält. Die Ausschuss-Vorsitzende, SPÖ-Landtagspräsidentin Verena Dunst, hatte Passagen aus dem Antrag der Opposition gestrichen. Betroffen waren die Informationsflüsse um die Schließung der Bank sowie Fragen zu Sponsoring und Geschenkannahmen, der KURIER berichtete.
„Der mit sechs Monaten befristete Ausschuss beginnt ohnehin mit zwei Monaten Verspätung, wir kommen enorm unter Zeitdruck“, kritisiert Ulram. Man müsse „die Berichte und Akten im Landhaus nur von einem Raum in den nächsten tragen. Was dauert da so lange?“
Telefonprotokolle
Apropos Informationsfluss. SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sagte im August bei Armin Wolf in der ZiB2, er habe „überhaupt kein Problem damit“, seine Telefonprotokolle über die Schließung der Bank zu veröffentlichen.
Schriftlich gibt’s aber nichts. „Wenn der Landeshauptmann als Zeuge geladen ist, wird er aussagen, mit wem er wann telefoniert hat“, sagt dazu Doskozils Büroleiter Herbert Oschep. Doskozil hatte übrigens schon im August im Landtag Akteneinsicht in die Beauftragung der TPA zugesagt.
Der Landeschef steht erst für den 17. Dezember auf der Ladungsliste, dem letzten Ausschusstag vor Jahresende. Allerletzter Zeuge ist der SPÖ-nahe FMA-Vorstand Helmut Ettl, mit dem Doskozil vor der Schließung der Bank kommunizierte.
Die FMA muss sich schwere Vorwürfe gefallen lassen, die beinahe 30 Jahre dauernden Machenschaften von Bankchef Martin Pucher nicht entdeckt zu haben. Die ersten Zeugen sind jene beiden Whistleblower und ehemaligen Bank-Mitarbeiter geladen, die Anzeige bei der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet hatten. Es kam nie zu einem Verfahren.
Anschließend ist ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel geladen, am 26. November sein Vor-Vorgänger Hans Jörg Schelling (ÖVP). Die FMA gehört zum Finanzministerium. Nach Blümel folgt Auftritt Pucher und Vertraute Franziska Klikovits.
Auffallend ist, dass die grüne Justizministerin Alma Zadic nicht geladen ist. Denn auch die WKStA steht in der Kritik.
Ebenfalls nicht geladen ist Ex-SPÖ-Landesrat Christian Illedits, der als einziger Politiker im Strudel des Bankskandals zurücktrat (wegen eines Goldplättchens im Wert von 5.400 Euro). Die ÖVP will Illedits und Zadic im zweiten Ausschuss-Teil 2021 laden. Die aktuelle Liste wurde zwar einstimmig beschlossen, war aber ein Kompromiss, räumt Ulram ein.
Kommentare