Still und heimlich an die Weltspitze - und wie man die anderen besiegt

Still und heimlich an die Weltspitze - und wie man die anderen besiegt
Die wirklich wichtigen Menschen halten sich geschickt im Hintergrund, sagte Red Bull-Chef Didi Mateschitz einmal. Das gilt manchmal auch für Unternehmen.

Im folgenden Artikel erfahren Sie alles 

  • über die heimlichen Europa- und Weltmeister der österreichischen Wirtschaft

  • welche Unternehmen das überhaupt sind

  • wie viele solche Champions wir davon in Österreich haben

  • welches Bundesland die meisten Champions hat

  • und was diese Unternehmen so besonders macht 

Sie sind unter uns. Sie prägen unseren Alltag. Und das öfter als wir denken: Die Hidden Champions. Das sind Unternehmen, die still und heimlich in einem ganz speziellen Geschäftssegment ganz oben mitspielen. In Österreich, in Europa, in der Welt. Gleich ein paar Beispiele. 

Da wäre etwa die Agrana. Konzernsitz ist Wien, man ist aber rund um den Globus aktiv. Die Agrana-Produkte sind aus dem täglichen Leben kaum wegzudenken. Die Palette reicht von Fruchtzubereitungen für Joghurts über Fruchtsaftkonzentrate bis hin zu Zucker in vielen Varianten. Bei Fruchtzubereitungen ist man Weltmarktführer. 

Ein anderer globaler Champion ist Kapsch TrafficCom. Das Unternehmen mit Stammsitz ebenfalls in Wien, ist ein weltweiter Anbieter von Verkehrssystemen, dessen Kerngeschäft die Errichtung und der Betrieb von elektronischen Mautsystemen ist. Kapsch-Systeme sind von Österreich über Amerika bis Australien im Einsatz. 

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Mautsysteme von Kapsch sind weltweit im Einsatz

Dann wäre da auch noch zum Beispiel Geislinger aus Hallwang in Salzburg. Geislinger ist ein Anbieter von Kupplungen und Dämpfern. Die Produkte von Geislinger werden von Schiffsbauern auf der ganzen Welt eingesetzt und finden auch dort Anwendung, wo Drehschwingungen auf ein Minimum reduziert werden müssen, wie etwa bei Diesellokomotiven oder Kraftwerken.

161 Hidden Champions

Aktuell zählt Österreich 161 Hidden Champions. Das ist das Ergebnis einer Analyse von Simon-Kucher & Partners in Bonn. 

Die Hidden Champions in den Bundesländern:

Hermann Simon, Managementdenker und Unternehmensgründer, ist der Namensgeber der „Hidden Champions“. Seit Ende der 1980er-Jahre verfolgt er die Entwicklungen der heimlichen Weltmarktführer.

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Sein 1985 gegründetes Unternehmen ist mit den Schwerpunkten auf Strategie, Vertrieb und Pricing weltweit tätig ( 2.200 Beschäftigte in 48 Büros in 31 Ländern, Umsatz: 535 Millionen Euro). Man weiß also, wer welche Märkte beherrscht.

Und wann ist ein Unternehmen nun ein Hidden Champion? Erstens: Hidden Champions rollen in ganz schmalen Geschäftszweigen erfolgreich den Weltmarkt auf. 

Zweitens sind diese Unternehmen einer breiten Öffentlichkeit unbekannt. Hidden bedeutet übersetzt versteckt, verborgen, still. Und drittens dürfen diese Unternehmen nicht mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr erzielen. Für Österreich ist das viel – aber wir sprechen hier vom Weltmarkt. 

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 Hermann Simon (li.) und Thomas Haller

Hidden Champions spielen laut Hermann Simon gemessen am Marktanteil auf einem Kontinent oder gar weltweit ganz oben mit – idealerweise unter den Top drei.

So etwa das Wiener Unternehmen Hörbiger (im Bereich Komponenten für Kompressoren) oder Jungbunzlauer aus dem nördlichen Weinviertel. Jungbunzlauer gilt als weltweit größter Produzent von Zitronensäure.

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Der Seilbahnbauer Doppelmayr spielt weltweit ebenfalls weit oben mit

Etwas bekanntere Namen sind vielleicht Andritz aus Graz (Technologie- und Weltmarktchampion u.a. in der Zellstoff- und Papierindustrie, der metallverarbeitenden Industrie sowie in der industriellen Fest-Flüssig-Trennung) oder der weltweit tätige Kranhersteller Palfinger aus Salzburg und der Seilbahnbauer Doppelmayr aus Vorarlberg. 

Nach Bundesländern gibt es die meisten Hidden Champions in Oberösterreich (42) vor Wien (29), Niederösterreich (25) und der Steiermark (22). 

Ohne Globalisierung geht nichts

Gibt es Merkmale, die die österreichischen Champions an der Weltspitze gemeinsam haben? „Ein zentrales Merkmal ist eindeutig die konsequente Globalisierung“, sagt dazu der Österreich-Chef von Simon-Kucher, Thomas Haller. „Österreich ist ein Kleinstaat. Unternehmer, die unter solchen Rahmenbedingungen in der Nische wachsen wollen, müssen schnell außerhalb der engen nationalen Grenzen nach Wachstumsmöglichkeiten Ausschau halten.“ Ohne Globalisierung geht also nichts.

Das kann auch ein langfristiges Konzept sein. Als Beispiel dafür nennt Haller den Feuerwehr-Ausrüster Rosenbauer aus dem oö. Leonding. Rosenbauer habe in seiner mehr als 150-jährigen Firmengeschichte ein Vertriebs- und Servicenetzwerk in rund 120 Ländern aufgebaut und es damit zu einem der größten Feuerwehrausstatter der Welt geschafft.

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Rosenbauer ist einer der größten Feuerwehrausstatter der Welt

Ein weiteres gemeinsames Merkmal österreichischer Champions ist laut Haller „der hohe Stellenwert, den die Ausbildung der Mitarbeiter genießt“. Denn ohne Fachkräfte gehe am Weltmarkt nichts. Auffallend ist, dass viele Hidden Champions Familienunternehmen sind. „Regionale Verwurzelung, flache hierarchische Strukturen und eine gute Arbeitsatmosphäre zeichnen Familienunternehmen aus. Das trifft auch bei Hidden Champions zu“, ergänzt Simon.

Österreich spielt international mit

Und wie sieht es eigentlich in anderen Ländern aus. Deutschland ist laut einer Studie von Simon-Kucher aus dem vergangenen Jahr mit rund 1.600 Hidden Champions führend. In den USA gibt es aktuell 350 Hidden Champions und in Japan 283. Das kleine Österreich liegt da mit seinen 161 Hidden Champions also gar nicht mal so schlecht. 

Ist das überraschend? „Es überrascht weniger der Status quo“, sagt Simon. Entscheidend sei, wie robust die österreichischen Hidden Champions künftig gegenüber Automatisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit aufgestellt sind.

"Breitere Risikostreuung"

Die Folgen der Pandemie, die Energiekrise und die steigenden Zinsen belasten natürlich auch Österreichs Hidden Champions. Manche dieser Unternehmen sind etwa davon betroffen, wenn Kunden oder Lieferanten von ihnen in die Pleite schlittern.

Doch in der Regel sind Hidden Champions laut Haller „Krisengewinner“. „Die Gründe dafür liegen  in der vergleichsweise hohen finanziellen Stabilität, der Internationalisierung und der damit verbundenen breiteren Risikostreuung und der bei vielen Champions ausgeprägten Anpassungsfähigkeit.“ 

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