Steuerzahler haften mit 18 Mio. Euro für bauMax-Kredite
Die österreichischen Steuerzahler haften für die angeschlagene Baumarktkette bauMax - allerdings nicht mit den kolportierten 72 Millionen Euro (mehr dazu), sondern mit 18 Millionen Euro, wie bauMax am Dienstag bestätigte. Über weitere Details dazu wollte sich bauMax-Sprecherin Monika Voglgruber nicht äußern.
Kredit verlängert?
Das Nachrichtenmagazin profil berichtet in seiner aktuellen Ausgabe zudem, dass ein eigentlich Ende März auslaufender staatlich besicherter ULSG-Kredit in der Höhe von 36 Millionen Euro nicht bedient werden konnte und deshalb verlängert werden musste. Der Pressesprecher der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB), Peter Gumpinger, bestätigte lediglich allgemein, dass es bei solchen Krediten zu Verlängerungen gekommen sei, allerdings nur innerhalb der gesetzlichen Maximal-Laufzeit von fünf Jahren. bauMax hatte Staatshaftungen zuletzt bestätigt, aber ohne Zahlen zu nennen.
Die Republik Österreich hat in der Krise das "Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetzes" (ULSG) geschaffen und Haftungen für rund 50 Firmen übernommen. Im Jahr 2010 waren noch ULSG-Haftungen in der Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro ausständig. Laut Presse lag das gesamte Kreditvolumen aber bei 2,5 Milliarden Euro. Der Staat stand also nur für einen Teil der Bankkredite gerade, der Zeitung zufolge lagen die Deckungen zwischen 30 und 70 Prozent. Seit November 2010 übernimmt der Bund keine neuen ULSG-Haftungen mehr.
Mitterlehner verteidigt Bundeshaftungen
Unterdessen hat Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Dienstag die Bundeshaftungen für Unternehmen nach dem Liquiditätssicherungsgesetz als sinnvolle Maßnahme gegen die Wirtschaftskrise verteidigt. Mit einer Offenlegung, welche Unternehmen dies in Anspruch genommen haben, hätte er grundsätzlich kein Problem, sagte er vor dem Ministerrat.
Allerdings müsste man dies bei aktuell bestehenden Kredithaftungen mit den betroffenen Unternehmen abklären, meinte der Wirtschaftsminister. Künftig könnte man sehr wohl zu einer offenen Vorgangsweise finden. Aktuell geäußerte Kritik, dass die Steuerzahler im Dunkeln darüber gelassen würden, in welcher Höhe sie eigentlich für Unternehmenskredite haften, konnte er nicht nachvollziehen, zumal diverse Zahlen ja bereits medial kolportiert worden seien.
ULSG-Kredite: Noch 450 Mio. Euro offen
Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer ( SPÖ) kann die derzeitige Aufregung nicht ganz verstehen. Auslöser waren Medienberichte, wonach der Bund ursprünglich mit über 70 Millionen Euro für bauMax-Kredite haften sollte. Insgesamt sind demnach noch 450 Millionen Euro an Haftungen nach dem ULSG offen.
"Ich weiß nicht, warum das jetzt auf einmal so ein Thema ist", sagte dazu Hundstorfer. Die Haftungen seien auf Basis des entsprechenden Gesetzes erteilt worden, daher sei auch klar, nach welchen Richtlinien. Er aber hätte auch "kein Problem" damit, offenzulegen, welche Firmen betroffen sind. Hundstorfer kann sich auch nicht vorstellen, dass das Finanzministerium da "viele Hemmungen" hat.
Faymann plädiert für Offenheit
In der Frage, welche Kredithaftungen der Staat in der Wirtschaftskrise für Unternehmen eingegangen ist, plädiert auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) für Offenheit. Allerdings gebe es datenschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen, sagte er am Dienstag nach dem Ministerrat. "Grundsätzlich bin ich der Meinung, man sollte das nicht verschweigen", so der Bundeskanzler. "Denn es ist eine positive Sache, dass man den Betrieben hilft. Es ist ja keine Schande, dass die Regierung in der Wirtschaftskrise gegensteuert."
Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) wollte sich vor dem Ministerrat nicht festlegen, ob derartige Staatshaftungen für Unternehmen künftig veröffentlicht werden sollen. Auch er verwies auf datenschutzrechtliche Fragen und betonte, für einen Schnellschuss nicht zu haben zu sein.
Kaufen, ja oder nein? Ein runder Tisch bei Kulturminister Josef Ostermayer soll klären, ob die Republik die Kunstsammlung Essl erwirbt. Der Erlös für das Museum mit Sitz in Klosterneuburg (kolportierter Buchwert: 86 Millionen Euro) würde zur Sanierung der Baumarktkette gebraucht, die 8900 Mitarbeiter beschäftigt – davon 4000 in Österreich.
Ins Ministerium geladen sind für heute, Mittwoch, Vertreter des Landes Niederösterreich, der Gläubigerbanken Bank Austria, Raiffeisen und Erste sowie die Familie Essl. Auch Arbeits- und Finanzministerium sind vertreten.
Würde der Verkauf der Kunstsammlung reichen, um bauMax zu retten?
bauMax hat Schulden von fast einer Milliarde Euro. Gemessen daran klingt der mögliche Verkaufserlös verschwindend. Es könnte aber genug sein, um den akuten Finanzbedarf zu decken, heißt es aus Bankenkreisen. "Das würde Liquidität bringen und die Chance einer Sanierung verbessern", sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. Ob es reicht, sei schwer zu sagen, solange die Verluste für das Jahr 2013 noch nicht beziffert sind.
Wie sind die Chancen, dass die Sanierung klappt?
Banken und andere Gläubiger sind überraschend optimistisch. "Alle Forderungen von Lieferanten werden bedient, das ist ein positives Signal", sagt Weinhofer. Allerdings müsste bauMax die großen Verlustbringer in Osteuropa rasch loswerden – das verursacht Schließungskosten. Der Rückzug aus der Türkei, Rumänien, Bulgarien, womöglich Kroatien und Slowenien, wird nicht bestätigt, gilt aber als so gut wie fix. Damit würde ein Viertel der 160 bauMax-Märkte geschlossen. Als Kernregion bliebe Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn. Dass sich Essl von einem seiner Lebenswerke (der Sammlung) trennt, um das andere (die Baumärkte) zu retten, wird von Gläubigerseite durchaus honoriert.
Wie bedeutsam ist die Sammlung? Wer sind die wichtigsten Künstler?
Das Ehepaar Essl hat die umfangreichste Privatsammlung österreichischer Kunst seit 1945 zusammengetragen; besonders bei der Malerei (Max Weiler, Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Wolfgang Hollegha) hat die Sammlung vielen Museen einiges voraus. Durch den regen Ankauf internationaler Kunst schafften es die Essls 2009 ins ArtNews-Ranking der 200 bedeutendsten Sammler der Welt. Einige Sammlungsbereiche sind aber rein von persönlichen Vorlieben getragen.
Wäre der Ankauf der Sammlung für die Republik ein gutes Geschäft?
Ja. Zwar fehlen Details über den Schätzwert (kolportiert: 250 Millionen Euro) und den von Essl geforderten Preis. Klar ist: Die Republik könnte um verhältnismäßig wenig Geld eine Sammlung erstehen, die in vergleichbarem Umfang am Markt heute nicht mehr erhältlich bzw. erschwinglich ist. Einzelne Positionen werden zudem weiter an Wert gewinnen.
Wer könnte noch an den Bildern Interesse haben?
Nach den Spitzenwerken österreichischer und internationaler Kunst besteht am Markt durchaus Nachfrage – auch international. An der Sammlung "im Paket" gibt es weniger Interesse: Privat- und Firmensammlungen definieren sich lieber über die eigene als eine fremde Auswahl. Ein staatlicher Ankauf wäre als Würdigung des Mäzens Essl zu verstehen – ähnlich, wie es bei der Sammlung Rudolf Leopold der Fall war.
Was würde passieren, wenn jedes Werk für sich versteigert würde?
Einzelne Spitzenwerke – etwa ein Wolkenbild von Gerhard Richter – könnten Rekordpreise von bis zu 30 Millionen Euro bringen, doch vieles wäre auch unverkäuflich. Wenn der Markt nicht "überschwemmt", sondern über einen Zeitraum von mehreren Jahren mit "Filetstücken" versorgt würde, wären Erlöse von 250 Millionen Euro und mehr durchaus denkbar.
Wie ist es zur Schieflage von bauMax gekommen?
bauMax war 1992 einer der Handelspioniere in Osteuropa. Die rasche Expansion im Osten wurde mit der Krise allerdings zum Mühlstein. Als Erstes haben die Menschen die Ausgaben fürs Eigenheim gestrichen. Den Baumärkten brachen so Umsätze weg. Die Erholung ließ zudem länger auf sich warten als erhofft – deshalb hat bauMax hohe Verluste.
Warum haftet der Staat für Kredite von bauMax?
Am Höhepunkt der Krise 2009 drohte die Kreditvergabe zu kollabieren. Deshalb griff die Republik etlichen mittelgroßen und großen Unternehmen mit Garantien bis zu 300 Millionen Euro unter die Arme – im Gegenzug für ein Haftungsentgelt. Bei bauMax sind noch 18 Millionen Euro Staatshaftung ausständig. Diese würde schlagend, wenn die Kredite nicht bezahlt werden oder bauMax pleitegeht.
Welche Unternehmen profitieren noch von solchen Kredithaftungen?
Knapp 50 Firmen haben Garantien über 1,4 Milliarden Euro abgerufen. Das galt als enttäuschend, weil zehn Milliarden Euro parat standen. Heute sind noch rund 450 Millionen Euro Garantien offen, Ende 2015 laufen die letzten Kredite aus. Wer diese abgerufen hat, hält der Finanzminister geheim. "Ich bin der Meinung, man sollte das nicht verschweigen", sagte Kanzler Faymann. Es gebe aber Datenschutz-Bedenken. Ausgefallen sind bisher Kredite der Baufirma Alpine. Die Republik prozessiert mit sieben Banken, die wegen der Haftung 151 Millionen Euro fordern.
In wirtschaftlich schweren Zeiten sind Firmen gerne bereit, sich von ihrer Kunst zu trennen - wie aktuell bauMax-Gründer Karlheinz Essl, der seine 7.000 Werke umfassende und auf 86 Millionen Euro veranschlagte Sammlung von Gegenwartskunst dem Staat überantworten möchte (mehr dazu).
Kunstverkäufe sind zur finanziellen Rettung eines Unternehmens nach Einschätzung eines Experten aber ungeeignet. "Dazu sind sie in ihrem Umfang viel zu klein und in ihrer Bedeutung viel zu groß", sagte der Geschäftsführer des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, Stephan Frucht, in einem Interview der Deutschen Presseagentur. "Die Unternehmen sehen ihre Kunstsammlungen und Kulturengagements in der Regel als Beitrag ihrer eigenen gesellschaftlichen Verantwortung."
PPP-Modelle als Vorbild?
Statt Kunstverkäufen sieht Frucht vielmehr Modelle nach dem Vorbild der öffentlichen-privaten Partnerschaft (PPP) als zukunftsweisend und nennt als Beispiel dafür das Museum Kunstpalast, das von der Stadt Düsseldorf und dem Energieunternehmen Eon seit 1998 gemeinsam betrieben wird. "Die Verantwortlichen müssen sich hier mit Augenmaß zwischen Erhalt und Erneuerung bewegen", so Frucht. Beides koste Zeit, Kraft und Geld, lohne aber meist den Einsatz.
Hintergrund der auch in Deutschland aufgekommenen Debatte ist die von Eon angekündigte Versteigerung eines Gemäldes des US-Künstlers Jackson Pollock. "Number 5 (Elegant Lady)" hing bisher als Dauerleihgabe im Museum Kunstpalast und soll bis zu 15 Millionen Euro einbringen. Damit will der von der Energiewende gebeutelte Konzern seine Kulturförderung weiterfinanzieren.
Runder Tisch
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