Der Aufschwung in Spanien hat tatsächlich mehrere Gründe, schildert Richard Bandera, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Madrid.
So hat Spaniens Regierung unter dem Sozialisten Pedro Sanchez schneller als andere Regierungen mit einem Gaspreisdeckel die Energiepreiskrise in den Griff bekommen. Aufgrund der Logik des europäischen Strommarktes (Stichwort: "Merit-Order") wurde so auch ein extremer Anstieg der Strompreise vermieden. Die Verfügbarkeit günstigerer Energie für Unternehmen und Haushalte rührt auch vom hohen Anteil erneuerbarer Energie in Spanien her.
Wettbewerbsfähigkeit gestiegen
Letztlich bewirkte die schneller gesunkene Teuerung dann auch geringere allgemeine Lohnerhöhungen. Bandera: "Das hat die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der spanischen Wirtschaft noch einmal gestärkt. Wobei man dazu sagen muss, dass die spanischen Löhne schon vorher um 30 Prozent unter dem österreichischen Durchschnitt lagen."
Auch die Verfügbarkeit von motivierten, der Sprache mächtigen und leicht integrierbaren Arbeitskräften aus Lateinamerika - etwa für den Pflegesektor - zählt für Bandera zu den Erfolgsfaktoren. Saisonkräfte für die Landwirtschaft kommen traditionell aus Marokko.
Vorreiter bei der Energiewende
Dazu gilt Spanien als Vorreiter beim Grünen Wandel, was laut dem Wirtschaftsdelegierten auch für österreichische Unternehmen große Chancen im Bereich der erneuerbaren Energien eröffnet. "Zum Beispiel hat der Verbundkonzern hier schon 1,2 Milliarden Euro in PV- und Windanlagen investiert und wird sicherlich weiter kräftig investieren. Man schließt Direktverträge mit Unternehmen ab, der Energiehunger des Landes ist groß."
Als wichtigste Lokomotive für das hohe BIP-Wachstum und die vergleichsweise hohe Binnennachfrage gilt trotz allem der Tourismussektor, der für rund 13 Prozent der spanischen Wirtschaft steht. Das Rekordgeschäft mit rund 94 Millionen ausländischen Gästen im Jahr 2024 hat auch Spaniens Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit 2008 gedrückt beziehungsweise zu einem Beschäftigungsrekord mit annähernd 22 Millionen Erwerbstätigen geführt.
Bandera: "Heuer werden 100 Millionen Gäste in Spanien erwartet. Spanien ist auch noch leistbar. Ein Bier kostet die Hälfte von Österreich und dazu bekomme ich noch Tapas als kleines Appetithäppchen gratis dazu."
Der Tourismusboom hat aber auch seine Konsequenzen. Die Regierung will nun Immobilienkäufe von Nicht-EU-Ausländern verbieten und hat Schritte gegen Vermietungsplattformen wie Airbnb gesetzt. Bandera: "Nicht nur für die Einheimischen etwa auf den Balearen oder Kanaren ist leistbarer Wohnraum knapp geworden. Auch für die Beschäftigten im Tourismus. Sie wollen nicht in irgendwelchen Bruchbuden leben müssen, um die Luxustouristen bedienen zu können."
„Grüne“ Chancen für Made in Austria
Energie- und Umwelttechnik ist hoch im Kurs. EU-finanzierte Investitionen in grüne Technologien unterstützen das spanische Wirtschaftswachstum und machen das Land auch zu einem EU-Vorreiter bei der Umsetzung des Green Deal. Der Fokus liegt auf Solar und Wind. Bis 2050 will man klimaneutral sein. Bis 2030 kalkuliert der Maßnahmenplan der Regierung ein Investitionsvolumen von 236 Milliarden Euro.
Der Markt bietet große Chancen für österreichische Anbieter technologisch hochwertiger Produkte und Systemlösungen, heißt es im jüngsten Bericht des Außenwirtschaftscenters Madrid. Sehr aktiv ist Spanien auch bei Smart City Projekten. Chancen bieten sich hier bei der Reduktion des Energieverbrauchs, beim intelligenten Abfallmanagement oder bei hybriden Sicherheitskonzepten bis hin zur nachhaltigen Mobilität.
Unter dem Schlagwort „Green Building“ soll zudem auch der Bausektor grüner und moderner werden. Insbesondere der Holzbau gewinnt in Spanien an Akzeptanz. Österreich sei hier Qualitätsführer und baue seine Marktanteile aus.
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