Marketing, Vertrieb, Service: KI-Agenten erledigen immer mehr Aufgaben

Das KI-System Agentforce von Salesforce präsentiert sich auf einer Messe in Paris
Die Arbeiten in Marketing, Vertrieb, Kundenservice und Rekrutierung in einem Betrieb sind dabei, sich fundamental zu verändern. Auf bestimmte Tätigkeiten spezialisierte KI-Agenten (siehe Infobox) werden schon bald viele menschliche Jobs erledigen. Rascher, selbstständiger und billiger.
Die digitalen Helferlein übernehmen Helpdesks, bahnen Neukundengeschäft an, wickeln Marketingkampagnen ab oder treffen die Vorauswahl im Bewerbungsprozess. Vieles steckt noch in den Kinderschuhen, für die Anbieter verheißt der Markt mit KI-Agenten aber ein Milliardengeschäft.
KI-Agenten (agentic AI) sind Softwaresysteme, die künstliche Intelligenz (KI) nutzen, um Aufgaben ohne menschliches Eingreifen zu erledigen. Die Systeme können logisch denken, planen, sich erinnern und selbstständig Entscheidungen treffen.
Bedenken
Unabhängig von den technischen Möglichkeiten gibt es Datenschutz- und Ethikbedenken was ihren Einsatz betrifft. Laut Capgemini-Umfrage haben nur 27 Prozent Vertrauen in vollständig autonome KI-Agenten.
Laut einer Studie von Capgemini haben agentenbasierte KI-Systeme ein wirtschaftliches Potenzial von 450 Mrd. Dollar bis 2028. Das Potenzial ergibt sich sowohl aus Umsatzsteigerungen als auch als Kosteneinsparungen, die durch den Einsatz von teil- oder vollautonomen KI-Agenten ermöglicht werden.
Ein führender Anbieter und Treiber von KI-Agenten ist der US-amerikanische Business-Software-Konzern Salesforce. Der Cloud-Spezialist, mit dessen Software Unternehmen Vertrieb, Marketing und Service organisieren, setzt voll auf KI. Über die Salesforce-Plattform „Agentforce“ können zahlreiche Aufgaben vollständig automatisiert werden.
„Bis Ende 2025 sollen weltweit eine Milliarde Agenten auf unserer Plattform sein“, berichtet Manuela Mohr-Zydek, Österreich-Chefin von Salesforce, dem KURIER. Der Einsatzbereich reiche vom Marketing über Verkauf bis zum Kundenservice; die größte Nachfrage gäbe es derzeit im Bereich Helpdesk. „Kostendruck und Fachkräftemangel haben zugenommen und sind gerade im Mittelstand ein großes Thema“, weiß Mohr-Zydek, die seit Februar als Country-Managerin fungiert. Ihr Ziel: „Ich will Österreich zu einem Land der Agenten machen“.

Salesforce-Österreich-Chefin Manuela Mohr-Zydek
Personalumbau bei Salesforce
Was der Einsatz von KI-Agenten in der Praxis bedeutet, zeigt Salesforce selbst vor. Hier wird gerade die Belegschaft umgeschichtet. KI erledige heute schon „30 bis 50 Prozent der Arbeit“ in seinem Unternehmen, wird Salesforce-Vorstandschef Marc Benioff im Handelsblatt zitiert. Software-Entwickler werden keine mehr benötigt. Man habe die Produktivität der eigenen Entwicklungsteams mithilfe von Agentforce und anderer KI-Techniken um mehr als 30 Prozent steigern können.
Wie Bloomberg Anfang des Jahres berichtete, sollen heuer 1.000 Mitarbeiter abgebaut und stattdessen neue eingestellt werden, die die neuen KI-Produkte den Kunden verkaufen sollen. Der Software-Konzern beschäftigt weltweit 73.000 Mitarbeiter.
KI ist kein Jobkiller
„Ich manage Agenten und Mitarbeiter“, fasst Mohr-Zydek zusammen. Ein Jobkiller seien die Agenten nicht. Es gehe darum, Mitarbeiter von Routinearbeiten zu entlasten, damit sich die auf höherwertige Tätigkeiten konzentrieren können. Auch in Österreich sollen KI-Agenten mehr Jobs schaffen als ersetzen, betont Mohr-Zydek. „Wir rechnen mit 10.000 neuen Arbeitsplätzen im Umfeld von KI-Agenten“.
Vertrieben wird Agentforce als Abo-Modell (Software as a Service). Wann sich der Einsatz für Betriebe rechnet, sei pauschal schwer zu sagen, meint die Managerin. Das hänge davon ab, ob Aufgaben teilweise oder ganz übernommen werden. Erst wenn die Skalierung erreicht ist, also nicht nur ein Pilotprojekt läuft, rentiert sich die Sache.
Das Problem: Die Integration von KI-Systemen erweist sich oft als hoch komplex, die Datenbasis als schlecht, die KI als fehleranfällig. Laut Capgemini-Studie ist die Mehrheit der Betriebe noch nicht bereit für eine effektive Skalierung agentenbasierter KI. Nur 15 Prozent der Geschäftsprozesse würden daher im Laufe des nächsten Jahres teil- oder vollautonom werden. Der große wirtschaftliche Durchbruch lässt noch auf sich warten.
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