Andreas Wagner löste Anfang des Jahres Christina Wilfinger an der Spitze von SAP Österreich ab. Im KURIER-Interview plädiert er für mehr Mut in der Politik und für eine souveräne Cloud in Europa.
KURIER: 2024 war für SAP ein „fantastisches Jahr“, wie es Konzernchef Klein ausdrückte. Der Umsatz legte um 10 Prozent zu. Wie lief es in Österreich?
Andreas Wagner: Wir sind hier ebenfalls auf Wachstumskurs und haben ein zweistelliges Wachstum im Neukundenbereich gehabt. Vor allem im Mittelstand war die Nachfrage gut.
Es gab einen konzernweiten Jobabbau. Ist dieser vorbei?
In Österreich geht es jetzt in die andere Richtung. Wir wollen dieses Jahr von 676 auf 700 Beschäftigte wachsen. Daher haben wir derzeit 30 offene Stellen in fast allen Bereichen.
SAP setzt stark auf das Thema Künstliche Intelligenz, etwa bei Sprachassistenten. Wie stark ist die Nachfrage nach KI-Lösungen?
Bei der Hälfte aller unserer Abschlüsse sind KI-Komponenten bereits integriert. In Österreich gibt es in Sachen KI noch Aufholbedarf. Die Österreicher sind sehr kritisch bei Neuinvestitionen in Digitalisierung und IT. Und das, obwohl dadurch viele Prozesse effizienter werden könnten, es quasi ein intelligentes Sparprogramm wäre.
Business-Softwarekonzern
SAP mit Sitz in Walldorf wurde 1972 gegründet und ist der weltgrößte Business-Software-Anbieter. 99 der 100 größten Unternehmen sind Kunden. Weltweit sind 105.000 Mitarbeiter bei SAP beschäftigt, in Österreich sind es 676.
Andreas Wagner (54)
Der gebürtige Steirer ist seit Jänner Chef von SAP-Österreich. Wagner arbeitet seit 18 Jahren bei SAP in unterschiedlichen Funktionen. Zuletzt war er als globaler Chief Business Officer für digitalisierte Lieferketten tätig.
Kürzlich gab es Aufregung wegen der chinesischen KI-Technologie Deepseek, die besser sein soll als US-Technologie. Wie sieht SAP das geopolitische KI-Match?
Grundsätzlich ist Deepseek eine gute Nachricht, weil der Ressourcenverbrauch geringer ist. Wir prüfen gerade, ob die Technologie verlässlich ist und unseren strengen SAP-Datenschutzanforderungen gerecht wird.
Wie sehr treffen Sie Protektionismus und Strafzölle?
Zölle könnten uns indirekt treffen, etwa über die Ankündigung Trumps, Strafzölle über Länder mit Digitalsteuer zu verhängen. Es geht immer mehr in Richtung Abschottung und das Sicherheitsbedürfnis nimmt zu. Das erhöht auch die Nachfrage nach einer souveränen Cloud für mehr Datensicherheit.
SAP hat auf der Sicherheitskonferenz in München eine eigene souveräne Cloud für Europa gegen Cyberangriffe gefordert. Warum?
Souveränität wird heute nicht mehr durch Festungen aus Stein, sondern durch die Kontrolle über Daten, digitale Infrastrukturen und Technologien definiert. Für Europa ist es wichtig, auch bei der digitalen Sicherheit unabhängig zu sein. Das bedeutet: Kritische Daten müssen vor fremden Zugriff geschützt sein und stets sicher zur Verfügung stehen. SAP ist Vorreiter im Aufbau einer souveränen, sicheren europäischen Cloud und wir sind der größte europäische Anbieter.
In Deutschland bauen wir eine souveräne, sichere Cloud-Plattform für die Digitalisierung des öffentlichen Bereiches auf und werden hier mehrere Milliarden Euro schwere Investitionen tätigen.
Hilft Ihnen die Tatsache, ein europäischer Anbieter zu sein, bei Ausschreibungen?
Es ist sicher ein Vorteil, da wir garantieren können, dass die Daten in europäischen Rechenzentren liegen. Das wird auch verstärkt nachgefragt. Wir sind auch schon mehr als 50 Jahre im Geschäft und kein Start-up, sondern der bei Weitem größte Digitalisierungskonzern Europas.
Wir verfügen global über 45 Rechenzentren an 24 Standorten. In Osteuropa betreiben wir zahlreiche Labs.
Österreich hat eine neue Regierung. Was wären aus ihrer Sicht die wichtigsten Reformmaßnahmen?
Eindeutig die digitale Bildung. Neue Technologien laufen der Bildung davon. Man muss auch jungen Leuten die Angst vor Digitalisierung nehmen. Österreich hat generell Aufholbedarf bei Digitalisierung und KI. Nur 8 Prozent der Betriebe nutzen generative KI, da ist Potenzial da. Ich wünsche mir auch ein bissl mehr Planungssicherheit und positive Botschaften für den Wirtschaftsstandort wären wichtig...
Ja, es gibt ja derzeit fast nur negative Botschaften, auch in Deutschland, das ist wirklich schrecklich. Dabei gibt es in Europa so viele positive Branchen, man denke etwa nur an die Luftfahrtindustrie, den Tourismus, die Pharmaindustrie oder auch die Luxusindustrie. Es ist schon auch Aufgabe der Regierung, wieder Mut zu machen und offen für Veränderungen zu sein.
Der Bund ist ein wichtiger Kunde von SAP im Bereich eGovernment. Schlummert hier nicht auch viel Einsparungspotenzial fürs heimische Budget?
Die ganze Bürokratie in der Verwaltung gehört komplett papierlos, das wäre das große Ziel. Hier geht es auch um bessere Datengenerierung mithilfe von KI.
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