Siemens-Gewinn stabil, Stimmung des Chefs labil

Siemens-Gewinn stabil, Stimmung des Chefs labil
Vorstandschef Kaeser findet Proteste wegen Australien-Projekt "fast grotesk". Sein Vertrag als CEO läuft zum Jahresende aus.

Mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und schwächeren Neuaufträgen ist Siemens in eine voraussichtlich turbulente Hauptversammlung gestartet. Das neue Geschäftsjahr habe „etwas verhalten“ begonnen, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser vor Beginn des Aktionärstreffens am Mittwochmorgen in München.

Der Umsatz im ersten Quartal des Siemens-Geschäftsjahrs (31. Dezember) legte leicht um ein Prozent auf 20,3 Milliarden Euro zu, der Nettogewinn lag mit knapp 1,1 Milliarden Euro etwas über dem Vorjahresniveau. Die Neuaufträge aber sanken um 2 Prozent auf 24,8 Milliarden Euro. Das lag unter anderem an der anhaltenden Schwäche von Autoindustrie und Maschinenbau, zwei wichtigen Kundengruppen für Siemens.

Allerdings hat der Konzern immer noch sehr viele Bestellungen aus den vergangenen Quartalen abzuarbeiten, so dass der Auftragsbestand einen Rekordwert von 149 Milliarden Euro erreicht hat. Kaesers Vertrag als Vorstandsvorsitzender läuft zum Jahresende aus. Es wird also voraussichtlich seine letzte Hauptversammlung an der Siemens-Spitze sein. Als wahrscheinlichster Nachfolger gilt sein Vize Roland Busch.

Scharfe Kritik

Auf der Hauptversammlung wird Kaeser sich aller Voraussicht nach sowohl von Umweltschützern als auch manchen Aktionärsvertretern scharfe Kritik anhören müssen. Mehrere Umweltschutz-Gruppen protestierten bereits vor Beginn der Veranstaltung mit rund 300 Menschen vor der Münchner Olympiahalle, in der das Aktionärstreffen stattfindet. Für den Nachmittag sowie im Inneren der Hauptversammlung sind weitere Proteste angekündigt. Dabei geht es hauptsächlich um die Lieferung einer Zugsignalanlage im Wert von rund 18 Millionen Euro für ein riesiges Kohlebergbauprojekt des Adani-Konzerns in Australien.

Kaeser zeigte sich am Mittwochmorgen verärgert über die Proteste. Es mute „schon fast grotesk an, dass wir durch ein Signaltechnikprojekt in Australien zur Zielscheibe doch zahlreicher Umweltaktivisten geworden sind“, sagte er. Zudem betonte er, dass die Lieferung für die Mine „irrelevant“ sei. Manche Investoren aber werfen Kaeser vor, dieses Streitthema durch widersprüchliche Botschaften selbst befeuert zu haben. „Bei solchen Themen kann man nicht gewinnen, weil der Anspruch, den viele haben auf der anderen Seite, ein legitimer ist“, sagte Kaeser. „Nur: Ein Anspruch alleine schafft noch keine Lösungen.“

Den größten unternehmerischen Handlungsbedarf sieht Kaeser im Energiegeschäft. Die Windenergie-Tochter Siemens Gamesa hatte im ersten Quartal rote Zahlen geschrieben. Siemens hatte am Dienstag angekündigt, die Anteile des Minderheitsaktionärs Iberdrola übernehmen zu wollen, mit dem es in der Vergangenheit immer wieder Streit gegeben hatte. Nun hofft Kaeser, dass „das Management wieder mehr Kapazität hat, sich mit der Verbesserung der Ertragskraft näher zu befassen“.

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