Scharfe Kritik an dünner Aussage von Ex-Wirecard-Chef Braun

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun legte eine Haftbeschwerde ein
Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses will die Verhängung von Ordnungsgeldern prüfen, um eine Aussage zu erzwingen.

Abgeordnete aller Parteien im Deutschen Bundestag haben sich enttäuscht über die nur kurze Aussage des früheren Wirecard-Chefs Markus Braun gezeigt. "Auch wer nichts sagt, sagt etwas", kritisierte der Grünen-Politiker Danyal Bayaz. Braun habe eine Chance verpasst und sich kaltschnäuzig gezeigt. Er sei respektlos und nicht bereit zur politischen Aufklärung.

Bei der politischen Aufarbeitung des milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandals verlas der ehemalige Vorstandschef Braun vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss am Donnerstag lediglich eine fünfminütige Erklärung. Jede weitere Aussage darüber hinaus verweigerte der 51-jährige Österreicher.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der AfD-Politiker Kay Gottschalk, will nun die Verhängung von Ordnungsgelder prüfen, um eine Aussage zu erzwingen. Braun habe das Parlament im Dunklen gelassen. "Wir werden ihn sicherlich wieder vorladen. Es wird eine Fortsetzung geben", sagte Gottschalk. Bayaz sagte, dies werde vermutlich nächstes Jahr geschehen. Braun hatte zuvor gesagt, erst im strafrechtlichen Verfahren gegen ihn gegenüber der Münchner Staatsanwaltschaft aussagen zu wollen.

CSU-Politiker Hans Michelbach sagte, Braun sitze weiter auf einem hohen Ross. Ähnlich sieht es Florian Toncar von der FDP: "Markus Braun hat sich nicht geändert." Er habe gezeigt, dass man ihm nicht vertrauen könne. "Er hat sein Naturell sehr, sehr gut gezeigt." Noch am Montag hätten seine Anwälte in einem Schriftsatz an den Bundesgerichtshof angeboten, zu politischen Kontakten im U-Ausschuss auszusagen, nun aber seien keine konkreten Fragen beantwortet worden.

Braun sitzt momentan in Augsburg in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und weiteren Wirecard-Managern gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Wirecard soll sich jahrelang mit systematischen Luftbuchungen schöngerechnet und damit Anlegern und Banken Milliardenschäden zugefügt haben. Der frühere DAX-Konzern ist im Juni kollabiert. Es ist einer der größten Finanzskandale der Nachkriegszeit.

Ehemalige Aufsichtsrätein sieht "Versagen des Vorstands"

Eine ehemalige Aufsichtsrätin von Wirecard hat unterdessen schwere Vorwürfe gegen das Management des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers erhoben. "Ich erachte den Weg, auf dem sich das Unternehmen befindet, als riskant", schrieb die Unternehmensberaterin Tina Kleingarn Ende September 2017 an den damaligen Aufsichtsratschef Wulf Matthias zur Begründung ihrer Mandatsniederlegung. Der Brief lag Reuters am Donnerstag vor.

Der Vorstand handle "zu autonom" und betrachte die Kontrolle des Unternehmens als eine Last. "Früher oder später werden sich diese Mängel rächen und eingegangene Risiken sich womöglich materialisieren."

Kleingarn saß von Juni 2016 bis Ende Dezember 2017 im Kontrollgremium von Wirecard. Sie habe den Vorstand mehrfach aufgefordert, die Managementkapazitäten des Konzerns zu vergrößern und die Kontrollstrukturen zu professionalisieren. Auch Analysten hatten Wirecard immer wieder vorgeworfen, für ein DAX-Unternehmen zu wenige Vorstände und Aufsichtsräte zu haben.

Der ehemalige Vorstandschef Markus Braun, der seit der Pleite des Unternehmens im Sommer in Untersuchungshaft sitzt, habe wie ein "alleiniger Eigentümer" gehandelt, kritisierte Kleingarn in dem Brief. So sei auch etwa seine eigene Vertragsverlängerung innerhalb von 24 Stunden mit "nicht haltbaren Begründungen" quasi am Aufsichtsrat vorbei herbeigeführt worden.

Die Partnerin der Unternehmensberatung Westend Corporate Finance, die vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen sollte, kritisierte auch, dass Entscheidungsvorlagen für operative Geschäfte sehr spät vorlegt worden seien. Der Vorstand habe kein ausreichendes Verständnis für eine Kontrolle des Unternehmens und der Aufsichtsrat trete dem Verhalten nicht entschieden genug entgegen.

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