Im Wirecard-U-Ausschuss wird es heute "ernst"

FILE PHOTO: Braun of Wirecard AG attends the company's annual news conference in Aschheim
Die Politkontakte des Ex-Vorstandschefs Markus Braun interessieren die deutschen Abgeordneten besonders.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzskandal nimmt mit der Befragung von Ex-Vorstandschef Markus Braun Fahrt auf. "Heute wird es ernst", sagte der SPD-Politiker Jens Zimmermann am Donnerstag im Bundestag. "Uns geht es um die politische Aufklärung", ergänzte Danyal Bayaz von den Grünen. Braun müsse sich zwar nicht selbst strafrechtlich belasten, dem Ausschuss gehe es aber um politische Kontakte und Netzwerke, zum Kanzleramt und den Ministerien.

Aufklärung

Der Österreicher Braun hat den zusammengebrochenen Zahlungsabwickler 18 Jahre geprägt. "Das ist nicht irgendein Zeuge", sagte FDP-Politiker Florian Toncar. Als Chef habe er über alles Bescheid gewusst, was zentral für die Aufklärung sei. "Markus Braun war Wirecard." Der Ausschuss werde genau überprüfen, ob er bei Fragen zu Recht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache oder dies nur vorschiebe. "Wenn es vorgeschoben wird, wird es nicht der letzte Besuch in Berlin gewesen sein."

Brauns Anwälte hatten im Vorfeld beantragt, dass der in Augsburg in Untersuchungshaft sitzende Ex-Manager nur per Video vernommen wird. Der Bundesgerichtshof hatte aber ein persönliches Erscheinen in Berlin verlangt. Dort wird Braun vermutlich in Handschellen vorgeführt und sich am Nachmittag den Fragen der Abgeordneten stellen.

Treffen mit Politiker

Im Fokus dürfte dabei unter anderem ein Treffen Brauns mit Staatssekretär Jörg Kukies aus dem SPD-geführten Finanzministerium am 5. November 2019 stehen - als es schon konkrete Vorwürfe gegen Wirecard gab und ein Sondergutachten in Auftrag war. SPD-Politiker Zimmermann nannte dies eine "olle Kamelle". Das sehen allerdings alle anderen Parteien anders und wollen Braun dazu befragen. Es sei bemerkenswert, dass sich Kukies zu diesem Zeitpunkt selbst bei Braun eingeladen habe, sagte Hans Michelbach von der CSU.

Kay Gottschalk von der AfD ergänzte, es seien mehr Details nötig, um zu erfahren, ob es im Finanzministerium sowie bei Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz eine kritische Grundhaltung gegenüber Wirecard gegeben habe. "Insofern sind es keine ollen Kamellen." FDP-Politiker Toncar sagte, es sei obskur, dass Kukies ohne Zeugen bei Braun aufgetaucht sei. "Es war kein Routinegespräch." Auch die Grünen sind Bayaz zufolge wegen des Treffens "sehr misstrauisch".

Jahrelanges Schönrechnen

Wirecard ist im Juni nach Bekanntwerden eines milliardenschweren Bilanzskandals in die Pleite gerutscht. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Braun und weiteren Wirecard-Managern gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Wirecard soll sich jahrelang mit systematischen Luftbuchungen schöngerechnet und damit Anlegern und Banken Milliardenschäden zugefügt haben. Bei seinem bisher letzten öffentlichen Auftritt hatte Braun das Unternehmen als Opfer eines großangelegten Betrugs dargestellt.

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