Schaeffler schließt Werk in Niederösterreich: Hunderte Mitarbeiter betroffen
Der deutsche Auto- und Industriezulieferer Schaeffler schließt sein Werk im niederösterreichischen Berndorf mit Ende des nächsten Jahres. Betroffen sind 450 Beschäftigte, sie werden am heutigen Mittwoch von der Konzernleitung über die weitere Vorgehensweise informiert. Die Schließung erfolgt schrittweise, mit der Belegschaft sollen Sozialpläne ausgearbeitet werden, hieß es von Schaeffler.
Österreich-Sprecher Josef Kalina verwies im Gespräch mit der APA auf die großen Bemühungen des Konzerns in den vergangenen Jahren, trotz schwieriger Lage den Standort Berndorf abzusichern. In der niederösterreichischen Industriestadt fertigt Schaeffler aktuell Radlager und Radnabenmodule sowie Getriebelager. Anwendung finden diese vornehmlich in schweren Nutzfahrzeugen.
"Diese Sektoren unterliegen starken Nachfrageschwankungen sowie einem sehr hohen Kosten- und Preisdruck durch die zunehmende Konkurrenz asiatischer Hersteller auf dem europäischen Markt. Aufgrund der im Vergleich geringen Größe des Standorts sind diese Schwankungen nur schwer bis gar nicht planungssicher und wirtschaftlich sinnvoll abzufedern", betonte Schaeffler am Mittwoch.
Schaeffler Österreich hat seinen Ursprung im Jahr 1953, als die "Allgemeine Kugellagerfabrik Ges.m.b.H." ("AKF") gegründet wurde. 2006 wurden die Gesellschaften INA AUSTRIA GmbH, Vösendorf, und FAG Austria AG, Berndorf, zur Schaeffler Austria GmbH verschmolzen. Zum 1. Jänner 2007 erfolgte die Verlegung des Firmensitzes von Vösendorf nach Berndorf-St. Veit im Bezirk Baden.
Gründer der AKF in Wien war vor mehr als 70 Jahren die Unternehmerfamilie Pölzl. Der Firmengeschichte zufolge führte "die anhaltend starke Nachfrage nach Kugellagern zu ständigem Ausbau und zur Erweiterung der Produktionsfläche". Auf Empfehlung öffentlicher Stellen kaufte das Unternehmen 1956 die unter öffentlicher Verwaltung stehende "Globus Waldgatter" in Berndorf. Ein Jahr später wurde die INA-Vertriebsgesellschaft in Wien gegründet.
Tod von Ferdinand Pölzl löste Umbruch aus
Mit dem Tod von Ferdinand Pölzl im September 1967 ging "die führende Kraft des Unternehmens verloren". Mit dem Verkauf an die "Kugelfischer Georg Schäfer & Co in Schweinfurt" im folgenden Jahr wurde AKF zu deren 100-prozentiger Tochter und damit Mitglied eines weltweiten Konzerns.
2001 war das Jahr der Inbetriebnahme der Großnabenmontage. Das Werk in Berndorf wird zum FAG-Kompetenzzentrum für Nutzfahrzeuge. 2004 wird FAG in der niederösterreichischen Stadtgemeinde innerhalb der Schaeffler Gruppe das Leitwerk für die Kegelrollenlager-Produktion weltweit.
Stellenabbau in Europa
Am 5. November des heurigen Jahres hatte Schaeffler den Abbau von 4.700 Arbeitsplätzen in Europa angekündigt, davon 2.800 in Deutschland. Damals wurde das weitere Vorgehen bei Berndorf offengelassen. Der Anfang des Monats angekündigte Personalabbau entsprach rund 3,1 Prozent des gesamten Personalbestands.
Allerdings würden auch einige Stellen innerhalb Europas oder ins nicht europäische Ausland verlagert, sodass Schaeffler von einem Nettoabbau im Volumen von 3.700 Stellen rechne. Betroffen von den Sparmaßnahmen seien zehn Standorte in Deutschland und fünf weitere in Europa, teilt das Unternehmen am Firmensitz im deutschen Herzogenaurach damals mit.
Mehrere Standorte vor Schließung
Zwei der fünf europäischen Standorte sollen ganz geschlossen werden. In Deutschland seien vor allem die großen Standorte Herzogenaurach, Schweinfurt, Regensburg und Homburg (Saar) betroffen. Ein Werk in China soll ganz wegfallen, der Standort Hameln könnte bald verkauft werden. Das Maßnahmenpaket werde in den Jahren 2025 bis 2027 umgesetzt. Ab 2029 sollen so 290 Mio. Euro pro Jahr eingespart werden.
Am heutigen Mittwochvormittag teilte die Konzernleitung mit: "In der Sparte Bearings & Industrial Solutions ist geplant, die Produktion am Standort Berndorf (Österreich) einzustellen." Die stark gestiegenen Material-, Energie- und Personalkosten der vergangenen Jahre könnten nicht durch weitere Preisanpassungen gegenüber Kunden ausgeglichen werden. "Die Produkte sollen zukünftig an wirtschaftlicheren Standorten des Produktionsnetzwerks in Europa, China und Asien gefertigt werden", so Schaeffler.
Die Standorte in Kysuce (Slowakei) und Brasov (Rumänien) übernehmen Produktionskapazitäten, sind aber ebenfalls von Personalabbau betroffen, betonte der Autozulieferer heute. Die Produktion von Kupplungen in Sheffield (England) soll aufgegeben werden und an anderen Standorten innerhalb und außerhalb Europas erfolgen.
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