Riesen-Zinserhöhungen halten Anleger in Europa auf Trab

Riesen-Zinserhöhungen halten Anleger in Europa auf Trab
Der überraschend große Zinsschritt der schwedischen Zentralbank um einen vollen Prozentpunkt verunsicherte die Investoren.

Die Furcht vor einer Rezession infolge massiver Zinserhöhungen treibt am Tag vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed die Anleger in Europa um. Der überraschend große Zinsschritt der schwedischen Zentralbank um einen vollen Prozentpunkt verunsicherte die Investoren und ließ anfängliche Kursgewinne am Dienstag wieder abbröckeln. Der Dax rutschte rund ein Prozent auf 12.688 Punkte ab; der EuroStoxx50 notierte ebenfalls 0,8 Prozent tiefer bei 3.472 Zählern.

Schock für Deutsche

Auch der Anstieg der Erzeugerpreise in Deutschland sei schockierend gewesen und habe "den Versuch einer guten Stimmung" wieder abgewürgt, sagte ein Händler. Nach vorangegangenen Verlusten hatte das niedrigere Kursniveau zunächst wieder Investoren zurück auf das Börsenparkett gelockt.

Vor der morgigen Fed-Sitzung überwiege aber dennoch die Hoffnung, dass der Aktienmarkt eine weitere Jumbo-Zinsanhebung um 75 oder gar 100 Basispunkte gut verkraften werde, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst vom Broker CMC Markets. "Wir sehen eine gewisse Spekulation auf einen einsetzenden Gewöhnungseffekt."

Die Inflationssorgen wurden durch einen Rekordanstieg bei den deutschen Erzeugerpreisen verschärft. Statt des erwarteten leichten Rückgangs ließ die Kostenexplosion bei Öl, Gas und Strom die Preise der Hersteller im August in einem noch nie da gewesenen Tempo von durchschnittlich 45,8 Prozent steigen.

"Ein unfassbarer Preishammer", sagte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch. Damit erhöht sich auch der Druck auf die Verbraucherpreise. Die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation.

Großer Zinsschritt

Eine verschärfte Haltung zu den auch in den USA anhaltend hohen Preissteigerungen erwarteten Anleger von der US-Notenbank. Börsianer rechneten für Mittwoch fest mit einem dritten großen Zinsschritt der Fed um mindestens 0,75 Prozentpunkte und warteten gespannt auf Hinweise zum weiteren Vorgehen der US-Währungshüter. Interessant sei vor allem, ob sich Börsianer Hoffnung auf erste Zinssenkungen zum Jahresende 2023 hin machen könnten, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

Bei den Einzelwerten profitierte VW-Großaktionär Porsche SE vom Run auf die Aktien der an die Börse strebenden Porsche AG. Die Anteilsscheine der Holding zogen mit einem Plus von vier Prozent an die Dax-Spitze.

Schon kurz nach dem Start der Zeichnungsfrist am Dienstag meldete eine der begleitenden Banken, die Bücher seien "über die ganze Preisspanne vielfach überzeichnet". "Das tut der Aktie gut", sagte ein Händler. Ungeachtet der aufziehenden Rezession schickt Volkswagen seine Sportwagentochter Porsche AG an die Börse.

Auf und ab

Dagegen konnte Henkel den Auftrieb durch die Anhebung der Umsatzprognose nicht über den Tag retten. Nach einem anfänglichen Plus von zwei Prozent drehte die Aktie des Konsumgüterherstellers ins Minus. Dank des florierenden Geschäfts mit seinen Klebstoffen schraubte Henkel die Spanne für das organische Umsatzwachstum um einen Prozentpunkt auf 5,5 bis 7,5 Prozent nach oben.

Dagegen verteidigte Europas Bankensektor Kursgewinne gegen den Abwärtssog und legte in dem schwachen Marktumfeld rund 0,5 Prozent zu. Die Branche profitiert von anziehenden Zinsen.

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