Personalmangel gefährdet die Energiewende

Personalmangel gefährdet die Energiewende
Beim AMS gibt es aktuell mehr als 13.000 offene Stellen mit klimarelevantem Bezug. Die Regierung will verstärkt Handwerker im Ausland rekrutieren.

Der akute Fachkräftemangel zählt zu den größten Herausforderungen bei der Umsetzung der ehrgeizigen Klimaziele. Der  für die Errichtung  von Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen oder Windparks benötigte  Arbeitskräftebedarf kann schon jetzt im Inland bei Weitem nicht gedeckt werden.

Handwerksbetriebe kommen  mit dem Abarbeiten von Aufträgen kaum hinterher. Laut Prognosen des AMS fehlen in den nächsten Jahren 20.000 bis 25.000 Fachkräfte  für den Ausbau der erneuerbaren Energie, allein im PV-Bereich sind es je nach Zählweise 7.000 bis 10.000. Aktuell gibt es beim AMS rund 13.000   Stellen mit  klimarelevantem Bezug. 

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Das AMS fasst unter dieser Bezeichnung sowohl „Green Jobs“ im engeren Sinn als auch Fachkräfte im Bereich des klimarelevanten Bauens und Sanierens zusammen.  Green Jobs sind per Definition Arbeitsplätze in der Herstellung von Produkten, Technologien und Dienstleistungen, die Umweltschäden vermeiden und natürliche Ressourcen erhalten. Solche  Stellen findet man in den verschiedensten Sparten, die Abgrenzung ist daher schwierig.

Besonders prekär ist derzeit die Lage in der Elektrotechnik. So ging die Zahl der Lehrlinge   in den vergangenen zehn Jahren von 13.200 auf 10.800 zurück, erhob das Institut für höhere Studien (IHS).  „Das Minus ist sowohl auf die demografische Entwicklung als auch auf die Höherqualifizierung und das damit verbundene schlechte Image der Lehre zurückzuführen“, erläutert   Studienautor Christian Kimmich, Experte für Energie- und Umweltpolitik beim IHS.

Ausbildung und Zuzug

Die Regierung will dem Fachkräftemangel sowohl mit gezielter Fachkräfteausbildung beim AMS als auch mit  einem vermehrten Zuzug aus Drittstaaten begegnen. Das AMS Wien hat etwa eine eigene Umweltstiftung für Klima-Jobs eingerichtet. In Kooperation mit Unternehmen  wie die Wiener Linien werden hier Jobsuchende qualifiziert. 

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Weil das nicht ausreicht, wurde die Mangelberufsliste für den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt mittels Rot-Weiß-Rot-Karte um  viele „Klimaschutzberufe“ im technischen und Mobilitätsbereich erweitert. Dazu zählen etwa  Elektroniker/innen, Starkstromtechniker/innen, Dachdecker/innen  oder  Lokführer/innen.  Bis 2027 sollen jährlich 15.000 Menschen aus Drittstaaten-Ländern eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten, so das Ziel von Arbeitsminister Martin Kocher. Einige Tausend sollen für Green Jobs vergeben werden. Heuer rechnet Kocher mit 8.000 Rot-Weiß-Rot-Karten. 

Personalmangel gefährdet die Energiewende

 Christian Kimmich, IHS-Experte für Energie- und Umweltpolitik

Ökonom bremst Erwartungen

Weil auch andere  EU-Länder um Fachkräfte buhlen, bremst  Ökonom Kimmich die Erwartungen, die Personal-Lücke mit Migranten schließen zu können. Stattdessen müsste das Potenzial im Inland noch stärker gehoben werden, auch durch die Attraktivierung technischer Lehrberufe. Hier verweist Kimmich auf die hohe Anzahl von Lehrabbrüchen. „Viele Jugendliche wissen auch gar nicht, wie gut man mit diesen Berufen verdienen kann.“

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Höhere Produktivität

Damit sich der Erneuerbaren-Ausbau nicht um Jahre verzögert, müsste auch die Produktivität in dem Sektor gehoben werden, etwa durch mehr Fertigteil-Bauweise und „Plug & Play“. „Wir müssen die Energiewende so lenken, dass wir pro Fachkraft mehr PV oder Wärmepumpen montieren können, also weniger Personalbedarf haben“,  erläutert Kimmich.  Das Problem fehlender Materialien, das im Vorjahr mit zu Bauverzögerungen führte,  sei   weitgehend behoben. Bei PV-Modulen und Wärmepumpen gebe es sogar einen Überschuss. 

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