Chefs haften bei Mobbing

Ein Fuß in einem braunen Lederschuh ruht auf einem Bürostuhl.
Unternimmt der Arbeitgeber in einem Mobbing-Fall nichts, macht er sich strafbar. Der gemobbte Arbeitnehmer hat Anspruch auf Schadenersatz.

Bei Mobbing am Arbeitsplatz haftet der Unternehmer - zumindest, wenn er nicht umgehend einschreitet, wenn einer seiner Arbeitnehmer gemobbt wird. Das geht aus einem Urteil des Obersten Gerichtshofes hervor. Der gemobbte Arbeitnehmer hat Anspruch auf Schadenersatz, verletzt der Chef die sogenannte Fürsorgepflicht. Arbeitgeber, die nicht ernsthaft einschreiten, setzen sich der Gefahr des Schadenersatzes aus. Im aktuellen Fall reichten Mitarbeitergespräche, die der Chef führte, nicht aus.

Der Betroffene fühlte sich in seiner Arbeit ausgeschlossen, unter anderem, weil er keinen Alkohol mit den Kollegen konsumierte. Daraufhin informierte er den Chef via Mail - der dann alle Mitarbeiter auf das Alkoholverbot in der Firma hinwies und ein Mitarbeitergespräch führte. Der Gemobbte wurde zudem nur mehr mit Kollegen zum Dienst eingeteilt, mit denen er normal zusammenarbeiten konnte.

Kameradensau

Dann allerdings erfuhren die Kollegen bei einem Betriebsausflug von dem Mail des Gemobbten, das er an den Chef geschrieben hatte. Es folgten stärkere Angriffe gegen den Verfasser, er wurde etwa als "Kameradensau" und "Verräter" beschimpft.

Weitere Besprechungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten fanden statt, aber die Probleme wurden nicht gelöst. Ein angedachter Mediator wurde nie bestellt. Da sich die Situation nicht besserte, erklärte der Gemobbte - nach einem Jahr im Krankenstand - den vorzeitigen Austritt aus seinem Dienstverhältnis.

Laut der Rechtsanwaltskanzlei Eversheds steht dem Arbeitgeber frei, wie er gegen Mobbing schützt. Der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten des Chefs. "Er hat jedoch ein Recht darauf, dass der Arbeitgeber aktiv wird und unverzüglich erforderliche Mittel ergreift, um ihn vor weiteren Angriffen zu schützen", hieß es aus der Kanzlei.

Fürsorgepflicht

Der Gemobbte hatte sich im Verfahren auf die Verletzung der Fürsorgepflicht gestützt. Da sein Arbeitgeber nicht gegen das Mobbing einschritt, sei er psychisch erkrankt, argumentierte der Gemobbte. Er forderte daher Schadenersatz für Verdienstentgang, Fahrtkostenersatz für Arztfahrten sowie Schmerzensgeld für die erlittene psychische Beeinträchtigung.

Die anfänglichen Gespräche mit den Mitarbeitern war für das Gericht Beweis für die Ausübung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Aber: Die Verletzung der Fürsorgepflicht sah das Gericht im Nicht-Engagement des Mediators gegeben. Auch in weiterer Folge habe der Arbeitgeber nur halbherzig agiert. Also traf den Arbeitgeber die Schadenersatzpflicht.

"Mobbing unter Kollegen kann vom Dienstgeber nicht länger auf die leichte Schulter genommen werden."

"Mobbing unter Kollegen kann vom Dienstgeber nicht länger auf die leichte Schulter genommen werden. Halbherzige Alibi-Aktionen werden in Zukunft nicht ausreichen, um der Fürsorgepflicht nachzukommen", hieß es von der Kanzlei Eversheds dazu. "Bedenkt man die Behandlungskosten, die in Folge psychischer Erkrankungen auf den Arbeitgeber zukommen können, müssen Arbeitgeber gewarnt sein."

Wer bei Mobbing in seinem Unternehmen nicht unverzüglich einschreite und versuche, seine Mitarbeiter ernsthaft zu schützen, setze sich der Gefahr aus, für sämtliche Folgeschäden zu haften.

Cyber-Mobbing wird zu einem immer größeren Problem. Darauf wiesen NGO im Menschenrechtsbefund 2012 der Österreichischen Liga für Menschenrechte anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember hin. Besonders bei Jugendlichen ist Mobbing im Internet weit verbreitet - laut Umfrage ist jeder fünfte 14- bis 19-Jährige schon einmal Opfer gewesen. Mit 38 Prozent sind Kinder und Jugendliche die am stärksten betroffene Personengruppe, gefolgt von Ausländern und Migranten mit 35 Prozent und Personen, die einer bestimmten Religionsgemeinschaft angehören (24 Prozent).

Insgesamt hat mehr als die Hälfte aller Befragten schon einmal verletzende oder ungerechte Beiträge im Netz wahrgenommen, neun Prozent sogar gegenüber sich selbst. Diskriminierungsgründe wie Behinderung und sexuelle Orientierung (je ca. 50 Prozent) sowie Aussehen (45 Prozent) wurden bei der Umfrage zuerst genannt, an vierter Stelle wird Diskriminierung aufgrund der Herkunft (43 Prozent) als problematisch empfunden. Nur ein Viertel wüsste ganz genau, wie man sich gegen persönliche Angriffe im Internet wehren kann. Die Umfrage wurde im November von Marketagent.com unter 500 Österreichern mittels Online-Interviews durchgeführt.

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