Krisen-Stimmung: "Die Österreicher sind in einem finanziellen Dilemma"
Euro-Münzen und -Scheine vor einer österreichischen Flagge.
Die Stimmung in Österreich ist schon eine Weile schlecht und das hat sich 2025 nicht geändert. Wer sich heuer eine Wende erhofft hat dürfte enttäuscht werden. Eine alle paar Monate wiederholte Umfrage von TQS Research zur Einschätzung der Österreicherinnen und Österreicher ihrer finanziellen und emotionalen Lage "spiegelt wider, dass wir mitten drinnen in der Stagnation sind", sagt Dieter Scharitzer, Geschäftsführer von TQS und Assistenzprofessor an der WU Wien.
Durchgehend schätzt knapp die Hälfte der Menschen ihre finanzielle Lage als schlecht ein. Vor Corona hätten das nur etwa 30 Prozent der Befragten gesagt, seither - im Lichte unterschiedlicher Krisen - beklagt das etwa jede und jeder zweite. "Die Menschen in Österreich sind stabil in einem finanziellen Dilemma" drin, fasst das Scharitzer zusammen.
Arbeitsmarkt eingefroren
Wie eingefroren sei auch der Arbeitsmarkt. Zwar gehe nicht die große Angst um den Job um, aber nicht einmal jeder Fünfte erwäge einen Jobwechsel. Vor zwei Jahren war es noch jeder Dritte. Diese scheinbare Stabilität möge zwar für manche Sicherheit ausstrahlen, schränke aber jene ein, die sich verändern und weiterentwickeln wollen und zeige auf fehlende Angebote. "Vor zwei Jahren mussten die Arbeitgeber noch den roten Teppich ausrollen, um Mitarbeiter zu finden", jetzt wollen viele Unternehmen trotz Facharbeitermangels nur das bestehende Personal halten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wiederum würden in der unsicheren Lage lieber kein Risiko eingehen. "Da ist der Spatz in der Hand wichtiger als die Taube am Dach", sagt Scharitzer.
Kurzes Stimmungshoch bei Regierungsbildung ist verpufft
Die Umfrage erfasst auch das Sicherheitsgefühl und den sozialen Zusammenhalt im Land. Gerade letzteren sieht Scharitzer in Gefahr. Nur im März, rund um die Ausrufung der Dreier-Koalition, habe die Hälfte der Befragten den sozialen Zusammenhalt positiv gesehen. In der jüngsten Umfragewelle im September sagte das wieder nur mehr ein Drittel - so wie auch schon Ende 2024 und Anfang 2025 während der Bemühungen um eine Blau-Schwarze Regierung. "Die positive Stimmung rund um die Regierungsbildung ist verpufft. 2025 wird nicht als Jahr der Veränderung in die Annalen eingehen", sagt Scharitzer.
"Es ist die Krise, es bleibt die Krise", nennt es der Assistenzprofessor am Institut für Marketing Management an der Wirtschaftsuniversität Wien. Kaum war die Angst vor dem Corona-Virus gebannt, folgte der Ukraine-Krieg, der zu Energieknappheit und dann der Teuerung führte, im Hintergrund läuft weiter die Sorge um die Klimakrise. Da sollte die schlechte Stimmung niemanden überraschen.
Für die Umfragen Ende 2024 und bisher vier Mal 2025 wurden jeweils 1.000 repräsentativ ausgewählte Österreicherinnen und Österreicher online befragt (CAWI/horizoom Panel). Die Schwankungsbreite der Ergebnisse beträgt 3 Prozentpunkte.
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