"Neue Seidenstraße": EU-Kritik an Chinas Programm wird lauter

Xi Jinping.
Die Initiative laufe "der EU-Agenda für die Liberalisierung des Handels entgegen", so eine Stellungnahme.

Wenige Monate vor dem EU-China-Gipfel nimmt die Kritik aus den EU-Staaten an Pekings riesigem Infrastrukturprogramm "Neue Seidenstraße" zu. Spitzenrepräsentanten Österreichs waren zuletzt im Rahmen einer China-Delegationsreise voll des Lobes für das Megaprojekt, wenn es denn in beide Richtungen gehe.

Die Initiative laufe "der EU-Agenda für die Liberalisierung des Handels entgegen und verschiebt das Kräfteverhältnis zugunsten subventionierter chinesischer Unternehmen", zitierte die deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt am Dienstag aus einer gemeinsamen Stellungnahme von 27 der 28 EU-Botschafter in Peking. Allein Ungarn trug den Text demnach nicht mit.

Chinas Präsident Xi Jinping hatte das Infrastrukturprogramm 2013 auf den Weg gebracht. Es umfasst den Ausbau neuer Eisenbahnlinien, Straßen und Seeverbindungen von China nach Europa und Afrika. Dafür will China mehr als eine Billion Dollar in rund 65 Ländern investieren.

Keine "greifbaren Taten"

Die chinesische Regierung wolle mit dem Plan die internationalen Beziehungen und die Globalisierung nach ihren Vorstellungen umgestalten, kritisieren die EU-Botschafter laut Handelsblatt. Gleichzeitig verfolge die Initiative einheimische politische Ziele wie die Reduktion von Überkapazitäten, den Ausbau von Chinas Rolle in internationalen Märkten, die Schaffung neuer Exportmärkte und die Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen.

Auch die Wirtschaftspolitik insgesamt kritisieren die EU-Botschafter in der Stellungnahme: Die chinesische Führung bekenne sich zwar offiziell zu den Spielregeln der Welthandelsorganisation, unterfüttere dies aber nicht mit "greifbaren Taten", zitierte das Handelsblatt.

Ungarn gehört zusammen mit Griechenland zu den Hauptunterstützern chinesischer Interessen in der EU. Beide Staaten sind laut einer Studie des Mercator Institute for China Studies auf Investitionen aus China angewiesen oder lassen eine gewisse Nähe zu Pekings Wirtschafts- und Politikmodell erkennen.

Wien "am Ende der Seidenstraße"

Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen hatte im Rahmen der kürzlichen Delegationsreise nach China gesagt, dass in Österreich das Interesse an einer Kooperation im Bereich der von China forcierten neuen Seidenstraße vorhanden sei. "Solange es in beide Richtungen geht."

Wien liege nunmehr "am Ende der Seidenstraße", spielte ÖBB-Chef Andreas Matthä erst am gestrigen Montag auf die kürzliche China-Reise der heimischen Staatsspitze mit zahlreichen Wirtschaftsvertretern an. Am vergangenen Donnerstag wurde einmal der erste ÖBB-Rail-Cargo-Zug von Chengdu nach Wien auf die 13-tägige Reise geschickt.

Dass es mit dem angeblichen Ziel Österreichs mit einer größeren Teilhabe an der Seidenstraße Chinas nichts wurde, weil China auf die Berücksichtigung seiner Kerninteressen bestanden haben soll, kommentierte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl kürzlich nicht direkt. Er betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit rund um das Megaprojekt des Reiches der Mitte, die eben keine Einbahnstraße sei und gleichen Marktzugang in beide Richtungen biete. Dann gehe es im Wettbewerb um die besten Projekte, die besten Ideen und die besten Investitionen.

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