Seit dem Frühjahr verhandelte der teilstaatliche Öl- und Gaskonzern OMV den Verkauf von 285 Tankstellen in Deutschland. Von mehr als 40 Interessenten gingen nur noch zwei Bieter in den Endspurt, der KURIER berichtete, auch der russische Rosneft-Konzern war ausgestiegen. Das Rennen machte jetzt die britische EG Group (Euro Garages).
"Spannende Möglichkeit"
Der Verkauf der Stationen im süddeutschen Raum spült 485 Millionen in die OMV, EG übernimmt darüber hinaus Leasingverbindlichkeiten, sodass der Deal einem Unternehmenswert von 614 Millionen Euro entspricht.
EG ist einer der größten europäischen Tankstellenbetreiber und gehört den britischen Milliardärs-Brüdern Mohsin und Zuber Issa. Deren Eltern kamen in den 1960er-Jahren von Indien nach Großbritannien und begannen mit einer kleinen Tankstelle. 2018 kauften die Brüder 1.000 Esso-Tankstellen in Deutschland.
Den Deal mit der OMV bezeichnen sie als „spannende Möglichkeit, um EGs Fußabdruck in Deutschland auszubauen“, einem Schlüsselmarkt mit „signifikantem Wachstumspotenzial“. Der Verkauf ist Teil des zwei Milliarden Euro großen Deinvestitionsprogrammes von OMV-Chef Rainer Seele zur Entschuldung des Konzerns.
"Entscheidender Schritt"
Seele bezeichnet den Tankstellen-Verkauf als „weiteren entscheidenden Schritt“. Zuletzt reduzierte der Verkauf des Gasnetzes GCA an den Verbund die Verschuldung um 570 Millionen. Die mehr als vier Milliarden Euro teure Mehrheitsübernahme der Petrochemie-Gruppe Borealis wurde großteils über Anleihen finanziert.
Rund die Hälfte seines Deinvestitionsprogramms hat Seele somit geschafft. Für 2021 sind weitere Verkäufe geplant, betroffen sind Beteiligungen im Ausland. Im Inland bieten sich keine größeren Assets mehr an, die entbehrlich wären.
Inländische Tankstellen
Die deutschen Tankstellen braucht die OMV, die auf dem Weg zum Chemiekonzern ist, praktisch nicht mehr. Ursprünglich waren sie zur Auslastung der Raffinerie in Burghausen gedacht. Diese produziert mittlerweile jedoch großteils petrochemische Produkte und Kerosin für den Flughafen München. Der Deal bedarf noch der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden. Die 16 Diskonttankstellen der Marke Avanti will die OMV behalten.
Immer wieder wird spekuliert, ob die OMV bald auch das inländische Tankstellennetz verkauft. Kein Thema, heißt es im Unternehmen. Man benötige die Tankstellen als Vertriebskanal für die Raffinerie Schwechat. Aber auch über die Raffinerie gab es öfter schon Verkaufsgerüchte, die jedoch immer entschieden dementiert wurden.
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