Hohe Inflation, kein Wachstum: Herbst-Lohnrunde wird großer Kraftakt

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Hohe Teuerung in Österreich sei "Grundproblem" für Lohnverhandlungen in Zeiten der Krise. Abschluss über Teuerung "derzeit unrealistisch".

Zwei Monate vor der Mitte September startenden Herbst-Lohnrunde hat Reinhold Binder, Vorsitzender der Industriegewerkschaft PRO-GE, vor Journalisten die Positionen der Arbeitnehmerseite abgesteckt. Binders Ausführungen sind als Reaktion auf die vielen Wortmeldungen der Arbeitgeberseite in jüngster Zeit zu verstehen, die allesamt die Krise der Industrie zum Inhalt hatten und in Forderungen nach Nulllohnrunden gipfelten.

Binder sieht demgegenüber das Glas halb voll und hielt fest: „Es gibt keinen Grund zum Streiten. Die Menschen erwarten Lösungen von uns.“ Lohnverhandlungen seien hoch komplex und werden durch die Kriege, Krisen und die allgemeine Verunsicherung (z.B. die Pensionsdebatte) erschwert. „Das ist wie eine Operation am offenen Herzen.“

Binder ist sich bewusst, dass ein Lohnabschluss über der Inflation „derzeit unrealistisch“ ist. Dennoch sei der Erhalt der Kaufkraft immer oberstes Ziel, wie dies zuletzt für Geringverdiener in der Frühjahrslohnrunde auch gelungen sei. 
Auch habe man sich immer für einen starken Industriestandort ausgesprochen und begrüße die Arbeit der Bundesregierung an einer neuen Standortstrategie. Eine Qualifizierungsoffensive ist dabei für die Gewerkschaft der wichtigste Baustein.

Das „Grundproblem“ der Lohnverhandlungen sei nach wie vor die überdurchschnittlich hohe Inflation in Österreich während gleichzeitig die Wirtschaft bestenfalls stagniere. Die Teuerung fresse sich in alle Lebensbereiche hinein, weil etwa Mieten, Bankgebühren, Versicherungsprämien oft an die Inflation gekoppelt sind. Pro-Ge-Kollektivvertragsverhandler Peter Schleinbach sagt: „Das Ungeheuer Inflation nährt sich selbst und wächst.“

Die Teuerung könne nur die Politik drücken, etwa in dem sie endlich bei den Energie- und Lebensmittelpreisen eingreife. Die Sozialpartner könnten nur kreative Lösungen in den Lohnrunden finden, etwa mit Klauseln für Betriebe, die Verluste schreiben oder mit Freizeitoptionen. Beschäftigungsgarantien sieht Binder skeptisch: „Wir haben nichts von leeren Versprechungen, die sich dann in Luft auflösen.“

Die Fakten laut Gewerkschaft, die sich im Kern mit den immer wieder publizierten Daten & Fakten der Arbeitgeberseite decken (nur die Interpretation unterscheidet sich):

  • Zwischen 2015 und 2024 (in den letzten zehn Jahren) stieg die Inflation in der Eurozone um etwa 26 Prozent, in Österreich hingegen um etwa 34,2 Prozent. Die Lohnstückkosten sind gleichzeitig stark gestiegen. Dies habe zu einem Verlust der preislichen Wettbewerbsfähigkeit in der exportorientierten Industrie geführt.
  • 2023 und 2024 sei Österreichs Wirtschaft geschrumpft, 2025 stagniere die Wirtschaft, der Industrie gehe es aber noch einmal deutlich schlechter. Für heuer wird ein neuerliches Schrumpfen der Industrie um 1,1 Prozent erwartet.
  • Auch die Beschäftigungssituation sei in der Industrie angespannter als in der Gesamtwirtschaft. Zwar schimpfe die Arbeitgeberseite auf die Teilzeit, wandle aber gleichzeitig viele Vollzeit- in Teilzeitjobs um (als Ersatz für Kurzarbeit).

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