Mangel an Technik- und Benimm-Wissen
Das Schulwesen, wie es heute dasteht, ist nicht reformierbar. Das muss man komplett neu denken – so wie das Steuersystem.“ Unternehmer und Industriellenvereinigungs-Präsident Georg Kapsch stieß mit seinen Ideen zur Bildungspolitik in einer Diskussionsveranstaltung der Notariatskammer nicht auf ungeteilte Zustimmung. Denn Kapsch tritt für eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-jährigen ein. Aber: Einfach nur die „Neue Mittelschule“ mit der AHS-Unterstufe zu fusionieren – das funktioniert seiner Meinung nach nicht. Voraussetzung sei Leistungsdifferenzierung, Qualitätssteigerung und Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht.
Sein Befund des Jetzt-Zustandes ist kritisch: „Die Allgemeinbildung wird von Jahr zu Jahr schlechter. Ideologie und parteipolitische Besetzungen dominieren. Und trotz Hunderter Schulreformen gibt es keine positive Veränderung. “ Den Schulabgängern mangle es oft nicht nur an Mathematik- und Lesekompetenz, sondern auch schlicht an Manieren. Deshalb gebe es in Betrieben mittlerweile sogar Benimmkurse für Lehrlinge.
Der Industrielle will, dass sich der Kindergarten noch mehr als pädagogische Ausbildungsstätte sieht. Die dort Tätigen müssten besser ausgebildet und besser bezahlt werden. Außerdem brauche es im Bildungswesen mehr Männer. Lehrer müssten wieder ein höheres Sozialprestige haben. Den Schulen empfiehlt Kapsch Autonomie, aber mit externer Leistungskontrolle. Auf die Frage, ob man auch in Österreich wie in Großbritannien Schulen bei anhaltend negativer Bewertung zusperren solle, meinte Kapsch: „Ja, warum nicht?“
Die Zentralmatura hält er prinzipiell für richtig, derzeit befürchtet er dadurch aber Nivellierung nach unten, weil sich die Schulen wohl auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen würden.
Kapsch ortet außerdem einen akuten Mangel an Technikern, im Bildungsbereich müssten die herrschenden Berührungsängste gegenüber Technik und Wirtschaft abgebaut werden.
Eigeninitiative lernen
Die Industriellenvereinigung hat im vergangenen Herbst gemeinsam mit dem Wiener Stadtschulrat das Projekt „Wiener Zukunftsschulen“ gestartet. An fünf (bewusst „nicht einfachen“) Standorten wird, beginnend mit der fünften Schulstufe, an einem besseren Konzept gearbeitet. Bei Zuwandererkindern wird die Muttersprache gefördert, es gibt „Lerncoaching-Stunden“ und Talente-Check. Eigeninitiative und wirtschaftliches Denken sollen gefördert werden.
Wenn sich das Bildungswesen nicht ändere, werde der Jugend die Zukunftsperspektive genommen, warnte Kapsch. So erzeuge man die „Arbeitslosen von morgen“ und gefährde den Wohlstand des Landes.
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