MAN in Steyr: Schließung könnte 1,5 Milliarden Euro kosten

MAN in Steyr: Schließung könnte 1,5 Milliarden Euro kosten
Investor Siegfried Wolf will sein Angebot nachbessern. Aus der MAN-Konzernzentrale in München hieß es, derzeit werde nicht mit dem Ex-Magna-Chef verhandelt.

1,5 Milliarden Euro könnte die Schließung des MAN-Werks in Steyr nach Schätzungen der Gewerkschaft kosten. Diese Kalkulation setzt sich laut Alois Stöger, Leiter der Abteilung der Sozialpolitik der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, aus den Lohnfortzahlungen, die aus dem Kündigungsverzicht resultieren, und der Investitionszusage von MAN für den Standort Steyr zusammen, wie er gegenüber der APA vorrechnete.

In der Standortsicherungsvereinbarung 2019 habe sich MAN verpflichtet, jährlich 4 Prozent des Umsatzes von Steyr in den Standort zu investieren, erklärte Stöger - das wären bei rund 1 Mrd. Umsatz jährlich 40 Mio. Euro, also bis Ende 2030 rund 400 Mio. Hinzu komme der Kündigungsverzicht, der nach Ansicht der Arbeitnehmervertretung eine Entgeltfortzahlung bis 2030 nach sich ziehen würde. Das wäre bei einer Lohnsumme von rund 170 Mio. Euro auf zehn Jahre gerechnet etwa 1 Mrd. Euro, schätzt Stöger.

MAN hat diese Vereinbarung zwar gekündigt, laut einem Rechtsgutachten im Auftrag der Gewerkschaft sei der Kündigungsverzicht aber weiterhin gültig. Stöger geht davon aus, dass die Chancen der Belegschaftsvertretung vor Gericht zu gewinnen, sehr gut seien. Dass MAN nicht die Gelegenheit nutze, vom OGH feststellen zu lassen, ob die Vereinbarung gültig sei, zeige, dass dem Konzern das Risiko offenbar zu hoch sei, so Stöger. Die Arbeitnehmerseite will vor Gericht ziehen, sobald betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.

Stöger verwies u.a. auf einen Bericht des Schweizer Portals finanzen.ch. Demnach habe die MAN-Mutter Traton für den Stellenabbau bei MAN Truck & Bus von Jänner bis März 362 Mio. Euro an Sonderkosten veranschlagt. Für Steyr seien hingegen noch gar keine Kosten verbucht worden. Hier ging der Konzern ja bekanntlich immer davon aus, dass der Investor Siegfried Wolf das Werk kauft und weiterführt. Was Wolf gezahlt hätte - oder zahlen würde, wenn es doch noch zu einer Umsetzung seine Pläne kommen sollte - wird nicht kommuniziert.

Investor Wolf will Angebot aufbessern

Das Ringen um die Zukunft des von der Schließung bedrohten MAN-Standorts Steyr hat am Freitag zu einer neuerlichen Wendung geführt. Investor Siegfried Wolf, gegen dessen Übernahme zwei Drittel der Belegschaft Anfang April gestimmt hatten, will sein Angebot nachbessern.

Aus der MAN-Konzernzentrale in München hieß es, derzeit werde nicht mit dem Ex-Magna-Chef verhandelt. Aber: Das exklusive Verhandlungsrecht für den Ex-Magna-Chef läuft noch.

Ex-Magna-Chef Wolf über MAN-Standort in Steyr

In der ZiB2 am Freitagabend bestätigte Wolf, dass er es noch einmal versuchen wolle. Er lege ein Altersteilzeitmodell auf, damit "sich von den Älteren niemand beim AMS anstellen muss", er werde zusätzlich 166 Lehrlinge übernehmen und für weitere 150 Mitarbeiter soll es eine Arbeitsstiftung geben. Von den derzeitigen 2.300 Mitarbeitern könnten so knapp 1570 Jobs gerettet werden. Wolf, der nach seinen Worten nun auch das Land und Raiffeisen Oberösterreich hinter sich habe, rechnet großzügig: "Drei Viertel haben jetzt einen Zukunftsjob und ein Viertel bekommt ein Auffangnetz, das seinesgleichen sucht." Offenbar meint Wolf den Sozialplan.

Ob es zu einer neuerlichen Abstimmung der Belegschaft über den nun nachgebesserten Plan kommt, ist derzeit ungewiss. Auch ob sich MAN noch einmal an den Verhandlungstisch setzt.

MAN München hielt untertags nur fest, dass Wolf "als einziger Interessent ein industriell logisches und fundiertes Konzept für eine Nachnutzung des Standorts vorgelegt hat". Eine Nachbesserung gelte es jedoch mit den Arbeitnehmern zu besprechen. "Wir überlegen, wie wir möglichst viele Arbeitsplätze erhalten können", sagte Wolf. Nun wolle er mit jedem einzelnen Mitarbeiter individuelle Gespräche führen.

Arbeitnehmervertreter weiterhin skeptisch

Gewerkschaft und Betriebsrat begrüßten die Nachbesserung, bemängelten aber fehlende Details. So liege bis dato nichts Schriftliches vor, auch sei man nicht begeistert, davon aus den Medien erfahren zu haben. "Wenn es Änderungen gibt, dann soll er es bitte auf den Tisch legen", so Arbeiterbetriebsrat Helmut Emler.

Emler erklärte, dass die Geschäftsführung in Steyr bei den Verhandlungen über den Sozialplan mit Betriebsrat und Gewerkschaftsvertretern am Mittwoch zugestimmt habe, dass Nachnutzungskonzepte unter Beteiligung der Mitarbeiter möglich seien. Ex-SPÖ-Minister und jetziger Leiter der Abteilung der Sozialpolitik der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, Alois Stöger, der mit am Verhandlungstisch von MAN sitzt, sei mit der Aufgabe betraut worden, Interessenten zu sichten, meinte Emler.

Stöger bestätigte, dass sich inzwischen rund eine Handvoll bei ihm gemeldet hätten - teils mit weniger, teils mit mehr ausformulierten Ideen. "Grundsätzlich sind wir natürlich weiter offen für Gespräche zu einer möglichen Nachnutzung des Werks mit Dritten", versicherte auch München. Allerdings: "Das Zeitfenster dazu schließt sich, wir setzen die Schließung des Standorts als derzeit einzige konkrete Option konsequent weiter um."

Freitagnachmittag ging dann das Green-Mobility-Konsortium rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) aus der Deckung. Dessen Sprecher Gerald Ganzger teilte mit, "dass das Konsortium mit MAN München eine NDA - Non-Disclosure Agreement, Vertraulichkeitserklärung - zur Aufnahme weiterer Gespräche abgeschlossen hat". Gemeinsam mit dem Consulter Deloitte Wien werde an der Endausarbeitung eines Konzepts gearbeitet. Es solle "nach Ablauf der Exklusivitätsfrist" nach München übermittelt werden. "Wir sind an den eingeleiteten konstruktiven, vertraulichen Gesprächen mit MAN sehr interessiert, um im Sinne der Belegschaft in Steyr und allen Stakeholdern ein besseres Ergebnis zu erzielen als bisher vorliegt", so Ganzger.

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