"Wir reden von Menschen": Angespannte Stimmung bei Lenzing wegen Jobabbau

++ THEMENBILD ++ MÖGLICHER LENZING-STELLENABBAU - BETRIEBSVERSAMMLUNG AM TAG DER AUFSICHTSRATSSITZUNG
Abbau von 500 Jobs im Raum. Standort in Indonesien soll verkauft werden.

Zusammenfassung

  • Lenzing plant den Abbau von 500 Verwaltungsstellen, wovon 200 noch im Herbst wegfallen sollen, und verlagert Jobs ins Ausland.
  • Die Belegschaft protestiert gegen die Pläne und betont die Bedeutung der Arbeitsplätze sowie die Risiken steigender Fremdleistungskosten.
  • Trotz leichtem Umsatzanstieg und Gewinn im ersten Halbjahr bleibt die Stimmung angespannt, der Aktienkurs ist zuletzt stark gefallen.

Rund 1.000 Beschäftigte des börsennotierten Faserherstellers Lenzing in Oberösterreich haben laut Gewerkschaft am Montag an einer Betriebsversammlung am Werksgelände teilgenommen und eine Resolution zum Erhalt der Arbeitsplätze beschlossen. Bei dem Konzern steht ein massiver Personalabbau im Raum. Auch der Aufsichtsrat tagte am Vormittag. Am Nachmittag soll es eine Mitarbeiterinformation durch die Geschäftsführung geben, so Gottfried Lichtenberger von der GPA zur APA.

Der Belegschaftsvertretung wurde ein Abbau von 500 Stellen in der Verwaltung avisiert, bestätigte der stellvertretende Angestellten-Betriebsratsvorsitzende Michael Bichler. Rund 200 Jobs sollen noch in diesem Herbst wegfallen, der Rest in den kommenden zwei Jahren. Konkret sollen Verwaltungsjobs ins Ausland, vermutlich nach Indien oder Tschechien, verlagert werden, um Kosten zu sparen. Wie genau das ablaufen werde, wisse man noch nicht, man sei noch in Verhandlungen, hieß es seitens der Belegschaftsvertretung.

Werk in Indonesien soll verkauft werden

Wie das Unternehmen am Vormittag adhoc mitteilte, hat der Vorstand beschlossen, eine Überprüfung der strategischen Optionen einschließlich eines möglichen Verkaufs des Produktionsstandorts in Indonesien einzuleiten, um die strategische Fokussierung von Lenzing auf margenstärkere High-Performance-Markenfasern zu unterstützen. Dadurch ergibt sich ein Abschreibungsbedarf in Höhe von 100 Millionen Euro. Diese nicht zahlungswirksame Wertminderung wirke sich negativ auf das konsolidierte EBIT und den konsolidierten Jahresüberschuss aus, habe jedoch keine Auswirkungen auf das EBITDA, heißt es in der Aussendung. 

Sozialplan ausverhandelt

Für die vom Joababbau betroffenen Mitarbeiter wurde bereits ein Sozialplan" ausverhandelt.

Das Unternehmen wollte Medienberichte über den Jobabbau gegenüber der APA bisher "weder bestätigen noch dementieren". Möglicherweise wird man sich nach der Aufsichtsratssitzung äußern. Der Faserhersteller beschäftigt weltweit rund 7.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon etwa 3.000 am Stammsitz in Lenzing.

Zuletzt leichter Aufwärtstrend

Die Lenzing-Gruppe vermeldete zuletzt trotz der Verwerfungen durch die US-Zollpolitik einen leichten Aufwärtstrend. Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr gegenüber der ersten Hälfte 2024 um 2,3 Prozent auf 1,34 Mrd. Euro. Unterm Strich stand ein Gewinn von 15,2 Mio. Euro, nach einem Verlust von 65,4 Mio. Euro im Vorjahreshalbjahr.

Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff und stellt daraus Fasern für die Bereiche Mode, Handel, Industrie, Kosmetik und Hygiene her. Hauptaktionär der Lenzing AG ist die heimische Industrieholding B&C, die 37,25 Prozent hält. Die B&C-Gruppe wurde im Jahr 2000 von Bank Austria und Creditanstalt gegründet. 2024 gab die B&C ihre Mehrheit an Lenzing ab, der brasilianische Zellstoffkonzern Suzano übernahm einen 15-Prozent-Anteil. Suzano hat eine Kaufoption auf weitere 15 Prozent bis zum Jahr 2028. 6,97 Prozent gehören der US-Investmentbank Goldman Sachs, 40,78 Prozent der Lenzing-Aktien sind in Streubesitz. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Lenzing-Aktienkurs um mehr als ein Viertel eingebrochen.

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