Klimawandel: Risiko für Finanzmärkte sträflich unterschätzt

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Zehn Prozent aller Assets weltweit seien gefährdet, warnt Markus Müller, Chefstratege von Deutsche Bank Wealth Management.

Das Jahr 2018 war für Anleger schwierig: Sowohl Aktien wie Anleihen waren auf der Verliererseite – eine Anomalie. Auch heuer müssen sich Investoren auf Turbulenzen einstellen. Stärkere Kursausschläge seien die neue Normalität, sagte Markus Müller, Chefstratege der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, am Donnerstag in Wien.

"Jenseits der Peaks"

2019 laute das Motto: „Jenseits der Gipfel (peaks)“. Die besten Zeiten im aktuellen Zyklus lägen hinter uns: Die Gewinne der Unternehmen steigen noch, aber weniger als zuvor. Die Wachstumsraten der Weltregionen schwächen sich ab – ein Schrumpfen der Wirtschaft habe er für 2019 aber nicht auf dem Radar, sagte Müller.

Dafür empfehlen die Anlageexperten erstmals seit zehn Jahren Schuldtitel eines Industrielandes, nämlich kurzlaufende US-Staatsanleihen. Grund sind die Zinsanhebungen der Fed, wenngleich für 2019 nur noch ein Zinsschritt auf 2,5 bis 2,75 Prozent erwartet wird.

USA husten, Europa leidet

Und was ist mit der drohenden Umkehrung der US-Zinskurve, die in der Vergangenheit stets Rezessionen angekündigt hat? Noch sei es nicht soweit, dass kurze Anleihen mehr Rendite abwerfen als langlaufende.

Und selbst wenn, vergingen im Schnitt 16 Monate, bis es zum Abschwung kam. Entkoppeln könnte sich der Rest der Welt davon freilich nicht: „Wenn Amerika hustet, steckt sich Europa auch an.“

Riesenthema Nachhaltigkeit

Für sträflich unterschätzt hält Müller die Folgen des Klimawandels. Vom Gesamtmarkt von Finanzanlagen im Volumen von 130.000 Milliarden Dollar stünden zehn Prozent auf die eine oder andere Art im Risiko.

Der Klimawandel verursache schon jetzt 16.000 Milliarden Dollar soziale Kosten pro Jahr - sei es durch Phänomene wie Landflucht, Ernteausfälle oder Kosten für Klimaanlagen, die den Wandel freilich weiter anheizen.

Auch Deutschland spüre die Folgen bereits. Dass die größte europäische Volkswirtschaft Ende 2018 am Rande der Rezession wandelte, habe auch daran gelegen, dass wegen des Regenmangels und der niedrigen Wasserstände der Flüsse weniger Güter als sonst befördert werden konnten. Das werde zu Unrecht belächelt, so Müller

Morgenstimmung im Lausitzer Braunkohlerevier

Morgenstimmung im Lausitzer Braunkohlerevier

Trotz Klimaleugnern wie Trump glaubt er, dass an nachhaltigen Investments auf Dauer kein Weg vorbeiführt. Und dabei gehe es nicht darum, dass nur noch in "Jutesäckchen-Fabriken" investiert werden dürfte - auch für Rohstoffkonzerne stelle sich die Frage, wie sie ihr Geschäftsmodell verantwortungsvoll aufstellen können.

Das betreffe Fragen der Umwelt, des Sozialen und der Unternehmensführung, kurz ESG. "Ich behaupte, in zwanzig, dreißig Jahren wird ESG-Konformität die neue Normalität sein." Da brauche es noch mehr politischen Druck, aber auch privates Kapital zur Kofinanzierung der nötigen Infrastruktur- und innovativen Projekte.

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