Gründer der Ortner-Group: "Wir müssen in die Hände spucken"
Ein Gespräch über Wege aus der Krise mit dem Unternehmer und Kunstsammler.
KURIER: Sie haben 1968 den Tiroler Installationsbetrieb Ihres Vaters übernommen und zum Weltunternehmen IGO Industries ausgebaut. Was bedeuten die drei Buchstaben?
Klaus Ortner: Das ist eine Erinnerung an meinen Großvater. Er hieß Ignaz Ortner.
Sie verdienen richtig Geld. Was bedeutet Wohlstand für Sie?
Mein Ziel war wirtschaftlicher Erfolg, woraus sich Wohlstand ergeben und mir eigenständige Entscheidungen ermöglicht hat.
Gab es zündende Erfolgsideen?
Natürlich hat es die gegeben. Einer der Erfolgswege war das integrierte Bauen. Wichtig war aber auch die Tradition, die in unserem Betrieb gelebt wurde. Von meinem Vater habe ich gelernt, Sachen zu tun, die neu und schwieriger waren, als es andere machten. Und man sollte zuerst das Geld verdienen und dann erst ausgeben. Zinsen zu bekommen ist besser, als welche zu zahlen. Natürlich ist das in der Bauwirtschaft einfacher als in der produzierenden Industrie.
War Ihre Ausbildung an der Elite-Universität ETH Zürich wichtig?
Das eigentlich Wichtige dabei war der Aufenthalt in der Schweiz – dem damals reichsten Land Europas mit wirtschaftlichem Denken, während in Österreich noch Nachkriegswirtschaft herrschte.
Österreich ist jetzt in der Wirtschaftskrise – spüren Sie die auch? Dadurch, dass wir stark im Ausland vertreten sind, lässt sich das leichter überstehen. Wir sind vor allem bei Großbauten tätig, daher werden wir die Krise erst mit starker Verzögerung merken.
Aber dann profitieren Sie vielleicht vom Wiederaufbau in der Ukraine.
Da wollen wir eigentlich nicht hin. Weil wir glauben, dass die wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht das sind, was wir suchen.
Wie kommen wir denn raus aus der Krise?
Es kommt derzeit unglaublich viel zusammen: Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind noch nicht bewältigt. Wir haben so viel Geld wie wenige Staaten in Europa ausgegeben. Die Flüchtlingskrise ist nicht überwunden: Es gibt gewaltige Kosten am Sozial- sowie am Bildungs- und Erziehungssektor. Die Energiekosten bei uns sind bis zu vier Mal so hoch wie in anderen Ländern. Und wir befinden uns in einem dramatischen demografischen Wandel und werden älter, was das Pensions- und Gesundheitssystem belastet.
Zum ausführlichen Gespräch mit Unternehmer und Kunstsammler Klaus Ortner
Außerdem müssen wir aufrüsten.
Ja, und Europa schickt Milliarden in die Ukraine. Plus: Wir setzen zum Teil nicht sinnvolle und nicht leistbare Klima-Maßnahmen, die allein in unserem Konzern buchhalterische Verwaltungskosten zwischen 13 und 15 Millionen Euro jährlich verursachen. Wir haben außerdem die Inflation nicht gut bewältigt.
Was muss also geschehen?
Wir müssen dem Wohlstandsverlust etwas entgegensetzen. Sparen und Rationalisieren bringen uns allein nicht weiter. Darüber hinaus können wir innovativ sein, haben aber leider kein Apple und Google. Daher bleibt vor allem übrig: nicht jammern, sondern mehr leisten. Dann können wir auch die Budgetnöte überwinden. Anfang der Fünfzigerjahre hat die normale Arbeitszeit 48 Stunden und der Urlaub drei Wochen betragen. In der Schweiz war der Urlaubsanspruch zu meinem Studienbeginn 1962 sogar nur zwei Wochen. Und die Zeit des Pensionsbezugs lag zwischen fünf und 10 Jahren, heute sind es rund 25 Jahre.
Bevor man das angreift, wird man lieber Menschen wie Ihnen eine Vermögenssteuer abverlangen.
Aber was bringt das – genauso wie die Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel? Wir verteilen nur etwas um, müssten aber schauen, dass wir gemeinsam mehr leisten und erzeugen. Daher sollten wir auch eineinhalb bis zwei Wochenstunden länger arbeiten. Das sind nur circa 18 Minuten am Tag – so viele Minuten könnte man zum Beispiel weniger aufs Handy schauen.
Den französischen Premier Bayrou hat der Plan, zwei Feiertage einzusparen, den Kopf gekostet.
Ich würde eher zwei Urlaubstage einsparen. Wenn ich sehe, wie viel Urlaub in Unternehmen aufgebaut wird, dann kann das keine Rolle spielen. Das kann man ja auf Zeit beschließen und wenn es uns wieder besser geht, wieder zurücknehmen. Wir müssen in die Hände spucken. Wir müssen ambitionierte Ziele setzen, Begeisterung auslösen. Wir sollten nicht nur danach fiebern, bei der nächsten Fußball-WM dabei zu sein, sondern auch danach, in der Wirtschaft wieder nach vorne kommen.
Sie waren Großspender bei Sebastian Kurz. Bereuen Sie das rückblickend? Sie haben sogar vor dem U-Ausschuss aussagen müssen.
Nein, aber ich bedaure seinen Rücktritt. Sonst habe ich dazu alles gesagt, was zu sagen ist.
Es gab Unmut, weil Tochter Iris in dieser Zeit ÖBAG-Aufsichtsrätin wurde. War’s das Ganze denn wert?
Ich habe im U-Ausschuss gesagt, die Familie Ortner vergibt normalerweise interessante Positionen und ist nicht darauf angewiesen, sich berufliche Positionen zu erkämpfen, die noch dazu schlecht bezahlt sind. Man kann froh sein, solche Leute wie meine Tochter zur Verfügung zu haben, die an der ETH Zürich und in Fontainebleau ausgebildet wurde und lange im Ausland tätig war. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Qualifikation unzweifelhaft festgestellt.
Wie schwierig ist es für Ihre Töchter, aus dem Schatten des Firmenpatriarchen Klaus Ortner herauszutreten?
Unsere Betätigungsmöglichkeiten im Konzern sind so groß, dass wir uns nicht gegenseitig von früh bis spät beobachten müssen. Wir kommen gut zurecht, und ich bin froh, zwei so tüchtige Töchter zu haben.
Wie sehen Sie die ÖVP heute?
Sie sollte sich besinnen, wer sie wählt, woher sie kommt. Ich selbst bin ein konservativer Mensch mit stark liberalem Einschlag und christlichen Wurzeln. Darum ist die ÖVP auch meine Partei. Was ich ihr schon anrechne, ist der Versuch, mit den anderen Parteien zumindest nach außen einen guten Konsens zu erreichen, um dieses ewige gegenseitige Schlechtmachen zu beenden. In diesem Sinne: Geben wir der Regierung und dem Bundeskanzler die Chance, zu zeigen, was sie können.
Sie sammeln österreichische Kunst der letzten 200 Jahre – vom Biedermeier bis zur Moderne. Haben Sie sich mit dem Museum in Rodaun auch ein Denkmal gesetzt?
Nein, das habe ich der Kunst gesetzt. Das Museum bietet die Chance, dass die Sammlung zusammenbleiben kann und für die Öffentlichkeit – zumindest nach Vereinbarung – zugänglich ist.
Sie investieren Ihr Geld lieber in ein Kunstwerk, als in eine Yacht?
Ich habe jedenfalls keine Yacht und auch kein Flugzeug. Ich bin da sehr konservativ.
Können Sie entspannen?
Ja, das habe ich schon sehr früh gelernt. Wenn man sich von den Dingen nicht lösen kann, kann man den Beruf nicht ausüben. Heute entspanne ich am besten, wenn ich mich mit wirtschaftlichen Dingen beschäftige. Dabei bin ich froh und glücklich.
Zur Person:
Klaus Ortner hat den Familienbetrieb zu einem Weltkonzern geformt. Seit 2013 leitet Tochter Iris das operative Geschäft. In Wien-Rodaun besitzt er ein Privatmuseum.
IGO-Industries, ein Verbund von Technologieunternehmen, beschäftigt mit assoziierten Unternehmen weltweit 26.000 Mitarbeiter und hat einen Umsatz von acht Milliarden Euro. Die Gruppe ist im Bausektor tätig (Porr) und spezialisiert auf technische Gebäudeausstattung sowie industriellen Anlagenbau.
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