Traumberuf Feuerwehrmann: Zwei Generationen im Gespräch

Traumberuf Feuerwehrmann: Zwei Generationen im Gespräch
Zwei Feuerwehrmänner: Einer, der seine Karriere noch vor sich hat, einer, der auf sie zurückblickt. Mit allen Höhen und Tiefen.

Was passiert, wenn ein Berufseinsteiger auf einen Pensionisten trifft – beide denselben Beruf haben, sogar im selben Unternehmen, aber viele Jahre zwischen ihnen liegen? Werden sie viele Parallelen finden oder gänzlich andere Karrierewege vorweisen, weil die Zeit und die unterschiedlichen Lebensumstände ihr Übriges tun? Der KURIER hat so ein Treffen organisiert und auf der Hauptfeuerwache Am Hof Feuerwehrmann Sandro Soldan und Feuerwehrmann im Ruhestand Harald Messnig getroffen.

Traumberuf Feuerwehrmann: Zwei Generationen im Gespräch

Trotz 36 Jahren Altersunterschied finden Soldan und Messnig zahlreiche Parallelen

Die beiden trennen 36 Jahre. Wurden von Familienmitgliedern, einmal dem Bruder, einmal dem Großvater, dazu inspiriert, den Beruf zu ergreifen. Beide waren schon bei ihrem ersten Einsatz mit den mitunter herausforderndsten Aspekten des Berufs konfrontiert.

Die Einsätze

Harald Messnig: „Der prägendste Einsatz war gleich der allererste. Wir mussten einen 80-jährigen toten Mann aus seiner Wohnung bergen, der dort schon einige Zeit gelegen haben muss. Es war Sommer und die Bewohner wurden durch den Geruch aufmerksam, dass etwas nicht stimmen konnte.“

Sandro Soldan: „An meinem ersten Tag wurden wir zu einem Motorradunfall gerufen. Es hat geregnet und ein 50-jähriger Mann ist auf den Gleisen ausgerutscht. Der Rettungshubschrauber ist gekommen, man hat versucht, Erste Hilfe zu leisten, aber er hat es nicht geschafft.“Den Umgang mit Situationen wie diesen gilt es zu erlernen, sagen beide. Man ist bei der Feuerwehr schließlich nicht nur für Brandbekämpfung zuständig. Eine Routine würde sich dabei nie einstellen.

Traumberuf Feuerwehrmann: Zwei Generationen im Gespräch

Zwei Generationen an Feuerwehrmännern tauschen ihre Erfahrungen

„Fällt es einem heute schwer, Tragödien zu verarbeiten, hat man die Möglichkeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“, merkt Soldan an. „Zu meiner Zeit gab es das nicht“, erwidert Messnig und ergänzt: „Die Gespräche untereinander haben mir persönlich ohnehin am meisten geholfen. Weil jemand Externer sehr wahrscheinlich nie in einer vergleichbaren Situation war. Die Kameraden aber schon.“

In meinem Freundeskreis frage ich oft, ob sie den Job fürs Leben gefunden haben. Ich kenne keinen, der darauf ja sagt. Ich kann das sagen.

von Sandro Soldan, Feuerwehrmann  

Die enge Kameradschaft ist etwas, das auch Soldan bestätigt, den richtigen Beruf ergriffen zu haben. „Zu 1.000 Prozent möchte ich hier einmal in Pension gehen“, sagt er. „Ich denke, dass das ganz normal ist, wenn man hier einmal begonnen hat. Bestimmt gibt es Einzelfälle, die vielleicht mit den Herausforderungen der Einsätze nicht umgehen können, ich selbst aber kenne niemanden, der aufgehört hat.“

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Hauptfeuerwache Am Hof

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Hauptfeuerwache Am Hof

Feuerwehr der Stadt Wien

Hauptfeuerwache Am Hof

Die Ausbildung

Messnig: „Es hat zwei Wachen gegeben, wo die Grundausbildung stattgefunden hat. Nur mussten wir für verschiedene Einsatzszenarien, etwa um einen Straßenbahnunfall zu üben, extern um Termine ansuchen. Wir sind zum Beispiel in die Remise gefahren und haben dort in Abstimmung mit den Verkehrsbetrieben einen echten Straßenbahnzug genutzt.“

Soldan: „Wir haben heute das Feuerwehrausbildungszentrum in Floridsdorf, wo wir über ein riesiges Übungsgelände verfügen. Es ist ein Brandübungshaus inklusive Parcours vorhanden, ein Turm, den wir mit Hakenleiter besteigen, Straßenbahnen, U-Bahnen und sogar ein Kran.“

Die Grundausbildung ist intensiv, dauert sechs Monate und bereitet darauf vor, im Ernstfall jeden Handgriff richtig auszuführen. „Ich war als junger Feuerwehrmann mit der militärischen Präsenz, die in der Grundausbildung geherrscht hat, unzufrieden“, verrät Messnig.

Die Hierarchien sind heute flacher. Der Drill und raue Ton verbleiben in den Ausbildungszentren, in den Wachen dominiert das Miteinander. Soldan: „Am Wacheleben gibt es das definitiv nicht mehr. In der Grundausbildung ist eine gewisse Notwendigkeit vorhanden, Befehle auch unter Drill auszuführen. Aber ich habe das nicht als störend empfunden.“

Als ich begonnen  habe,  herrschte ein großes Manko. Sehr wenige wollten  zur  Berufsfeuerwehr. Heute ist das ein umworbener Beruf.

von Harald Messnig, Feuerwehrmann im Ruhestand

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Sandro Soldan ist seit zwei Jahren bei der Berufsfeuerwehr

Die Technik

Messnig: „Heute kann man mit hydraulischem Spreizer und Schere jedes Auto zerlegen. Zu meiner Zeit musste man sich noch mit viel Kraftaufwand Zugang verschaffen. Bedeutet, dass man wie ein Irrer auf gewisse Punkte des Autos einschlagen musste. Die Person, die darin eingeklemmt war, war ohnehin durch den Aufprall schon traumatisiert und musste unser Einwirken dann auch ertragen. Heute arbeitet man viel Patientenschonender.“

Soldan: „Ständig von Passanten gefilmt zu werden, ist ein Thema, das uns täglich begleitet. Vor allem in tragischen Situationen, etwa bei Selbstverletzungen. Oft braucht es hier die Polizei, die einschreitet und die Sicht einschränkt. Ich kenne das nur so, aber es ist schon tragisch, dass die Handys immer gezückt sind.“

Wie problematisch sich das gestaltet, hat auch Messnig beobachtet. Die Irritation war groß, als in den 2000ern erstmals Privatpersonen die Smartphones auf sie richteten. „Schaulustige hat es immer gegeben, aber mit dem Handy wurde das erhöht.“

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Mit seinen Kameraden aus der Feuerwehr hält Harald Messnig auch in der Pension regen Kontakt

Die Karriere

Messnig: „Mein Bruder hat 1975 bei der Berufsfeuerwehr angefangen. Ich wollte das nicht. Wollte lieber Speditionskaufmann bleiben, weil ich dort gut verdient habe . Als Anfang der 1980er-Jahre ein großer Einbruch am Speditionsmarkt war, habe ich die Chance doch ergriffen. Die Feuerwehr war also mein Plan B.“

Soldan: „Für mich war von Anfang an klar, zur Feuerwehr zu wollen. Mit 20 habe ich mich beworben. Bis ich mit 25 starten konnte, arbeitete ich in der Gastronomie.“

War der Beruf des Feuerwehrmanns in den 1970er und 80er-Jahren noch nicht umkämpft, sieht das heute anders aus. Die Berufsfeuerwehr hat jährlich um die 400 Bewerbungen. 50 werden pro Jahr aufgenommen. 1.650 Einsatzkräfte sind es heute, die für die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien im Einsatz sind.

Dass womöglich das Gehalt hier eine Rolle spielte, wie Messnig andeutete, bestätigt auch Soldan: „Mein Opa hat mir erzählt, dass man damals vergleichsweise wenig verdient hat. Ihm war das egal, ihm hat der Beruf einfach Spaß gemacht. Das trifft auch auf mich zu – ich bin nicht hier, um Geld zu verdienen, auch wenn das natürlich ein wichtiger Nebeneffekt ist.“

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