Noch mehr Schokolade für Wiens Innenstadt: Ist der Markt bereits übersättigt?

Interview: Familie Berger Confiserie
Die Salzburger Confiserie Berger wagt sich nach Wien. Dort, wo sich große Schoko-Player mit geballtem Filialnetz längst breitgemacht haben.

Für die Adresse Schokoladenweg 1 ging Hubert Berger bis zum Bürgermeister. Der stimmte zu und ermöglichte der Confiserie im Salzburger Lofer die wohl passendste Anschrift, die sich ein Schokoerzeuger wünschen kann. Jetzt hat die Familie Berger eine weitere Destination ins Auge gefasst: Die Kärntner Straße 19, konkret das Kaufhaus Steffl in der Wiener Innenstadt. Dort steht bis 10. Jänner ein Pop-up des Familienbetriebs. Umzingelt von den großen Playern wie Lindt, Läderach und Heindl, die sich gleich mit mehreren Filialen breit gemacht haben. Kann das gut gehen?

Qualität statt Plan

„Wir haben gehört, Wien ist sehr schokoladeaffin“, sagt Christine Berger, Frau und Geschäftspartnerin des Konditormeisters. Dennoch habe man ein paar Mal geschluckt, als die Schokodichte in der Innenstadt begreiflich wurde.

Die Bergers sind in Österreich gut etabliert, betreiben neun Filialen, primär im Westen. An Wien will sich der 1994 gegründete Familienbetrieb, in den auch die Kinder Anna und Franz bereits eingestiegen sind, jetzt herantasten, schauen, ob er hier auch einen Platz findet. Ein ambitioniertes Ziel, auch wenn Hubert Berger betont, sich nie Ziele für sein Unternehmen gesetzt zu haben. „Viele gehen nach Cashflow, Kennzahlen. Das haben wir nie gemacht, da ist man nur enttäuscht, wenn man es nicht schafft“, sagt er.

Abheben will man sich von der Konkurrenz also nicht mit eisernem Businessplan, sondern mit Qualität. Die Berger-Schokoladen sind bio und Fairtrade, der Kakaoanteil ist hoch, der Zuckeranteil niedrig. Als Emulgator verwendet man Sonnenblumenlecithin statt jenes aus Soja – „das hat ja keiner“, sagt der Konditormeister stolz. Außerdem legen die Bergers Wert auf Design. „Das hält unsere Marke spannend“, sagt Christine Berger. Pro Jahr gibt es sechs Kollektionen – jetzt zu Weihnachten läuft alles unter dem Motto Jugendstil.

Beim Geschmack wird nur in den Nebensaisonen experimentiert, verrät Franz Berger, der die Produktentwicklung verantwortet. Schokolade mit Yuzu (asiatische Zitruspflanze) im Winter? Floppt. Stattdessen muss sie mit Eierlikör gefüllt sein oder mit Vanillekipferlgeschmack. Hypes lassen die Bergers kalt – auch als alle begonnen haben, Kollagen in die Schokolade zu mischen.

Interview: Familie Berger Confiserie

Der KURIER hat die Familie Berger zur Shop-Eröffnung getroffen. 

Gelebte Werte

Selbst auf den Dubai-Pistazientrend ist man nicht aufgesprungen – eine absolute Ausnahme in der Süßwarenszene. Auch hier braucht es nur einen kleinen Streifzug durch die Innenstadt-Schokoläden, um das zu erkennen. Diskutiert hat die Familie allemal darüber, das jüngste Familienmitglied Paul (14 Jahre) hat sogar in Eigenregie Dubai-Schokolade mit Schulfreunden produziert. Und dann in der Klasse erfolgreich weiterverkauft. Ins offizielle Sortiment ging sie aber nicht über. Dafür hat den Bergers die eigene Handschrift gefehlt. Die ist für die Familie nicht verhandelbar. 

„Die ganze Wertschöpfungskette muss gut leben und verdienen, nur so kann es funktionieren“, sagt Franz Berger. Deshalb begegnen die Chocolatiers den gestiegenen Rohstoffpreisen sogar positiv. „Früher lag der Kakaopreis immer bei 2.000 bis 3.000 Dollar die Tonne, dann ist es binnen eines Jahres auf 10.000 Dollar angestiegen“, blickt Franz Berger zurück. „Jetzt hat es sich auf einem hohen Niveau zwischen 5.000 bis 6.000 Dollar eingependelt. Das sollte es auch – ich finde, es war vorher zu günstig.“

Wachsen will der Familienbetrieb trotzdem. „Schritt für Schritt“ und je nach Nachfrage. Der Fokus liegt auf österreichischen Kunden, denn der Exportanteil sei in den vergangenen Jahren deutlich geringer geworden. Von Großkunden lässt man aber die Finger. „Wir haben lieber viele Kleine. Dann entstehen keine Abhängigkeiten“, sagt Hubert Berger, dessen Erfahrung ihm gelehrt hat, welche Fehler er nicht machen möchte.

Denn bevor sich der Chocolatier vor über 30 Jahren selbstständig gemacht hat und seine Confiserie in der Garage des Vaters eröffnete, war er 15 Jahre lang Dienstnehmer. Seine Erkenntnis: „Es braucht mehr Wertschätzung.“ Wenn Mitarbeiter Geburtstag haben oder ein Baby bekommen, schenkt man etwas. Und wenn ein Angestellter einen wichtigen Angehörigen verliert, erscheint man beim Begräbnis. „Das ist uns wichtig“, sagt der Konditormeister, der sich von seinen früheren Arbeitgebern das auch gewünscht hätte.

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