Partnersuch-Pionierin: "Männer wollen nun Frauen auf Augenhöhe"

Partnersuch-Pionierin: "Männer wollen nun Frauen auf  Augenhöhe"
Eva Kinauer-Bechter ist Nobel-Partnervermittlerin. Sie sagt: "Männer suchen heute etwas anderes, Frauen lassen sich bei der Partnersuche zu lange Zeit."

Wir treffen Eva Kinauer-Bechter in der Bar des Hotel Hyatt. Da, wo sie auch gerne die ersten Dates für ihre Klienten initiiert. Die Nobel-Partnervermittlerin macht ihren Job seit mehr als 20 Jahren und geht dann auf Suche, wenn Amor oder der Zufall versagen. Ein gutes Geschäft in einer Zeit, in der die Menschen die Partnersuche gerne an Suchmaschinen oder Dienstleister abgeben.

KURIER: Sie vermitteln Paare seit über 20 Jahren. Wie lautet ihre Bilanz?

Eva Kinauer-Bechter: Es gab unzählige Vermittlungen und sehr schöne Geschichten.

Sie haben mit dem Geschäft zu einer Zeit begonnen, als es Online-Plattformen noch gar nicht gab.

Ich war damals die einzige, die das gemacht hat. Ursprünglich war ich ja Managementcoach. Ein Klient hat damals gemeint: So, und jetzt suchen Sie mir eine Frau. Da bin ich draufgekommen, dass es auf diesem Sektor nichts gibt. Also habe ich damit angefangen und mache es seither.

Wie definieren Sie einen Geschäftserfolg?

Wenn beide Klienten mir das Feedback geben, dass sie glücklich in einer Partnerschaft sind, dann war ich erfolgreich. Meine Erfolgsquote liegt bei über 50 Prozent.

Geben Sie auch eine Gewährleistung?(lacht) Nein, nein, die gibt es nicht. Man kann bei mir auch nicht umtauschen.

Auf dem österreichischen Dating-Marktplatz wurden im vergangenen Jahr Millionen erwirtschaftet, durch Vermittlungs-Abos, kostenpflichtige Zusatzfunktionen und Werbeschaltungen. Rund eine Million Menschen sind in Österreich pro Monat auf Singlebörsen, in Vermittlungsagenturen oder auf Dating-Apps aktiv.

Die größten Marktanteile besitzen die bekannten Partnervermittlungsagenturen wie Parship, Elitepartner und eDarling, die damit gleichzeitig in ihren Datenbanken auch die intimsten Informationen von Millionen Menschen verwalten.

Online-Dating gibt es seit den 1990ern

Das Geschäft ist nicht neu, hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre entwickelt.Begründet hat den Online-Dating-Markt 1995 die US-Plattform www.match.com – ihr ist es auch zu verdanken, dass sich plötzlich Paare ganz einfach über Kontinente hinweg kennenlernen konnten.

Weitere Portale, die Menschen zusammenbringen – als Freunde oder Sexualpartner – ließen nicht lange auf sich warten. Man hat erkannt: Die Ware Liebe ist ein Milliardengeschäft. Und wächst rasant.

Wie muss ich mir Ihre Arbeit vorstellen?

Es gibt ein Erstgespräch, da geht es stark um Selbstbild und Fremdbild – wie sehe ich den Kandidaten, wie sieht er oder sie sich selbst. Beim Erstgespräch scheide ich 70 Prozent der Kandidaten aus. Ich vermittle nur, wenn es eine echte Chance gibt. Dann folgt ein vierstündiges Interview, daraus erstelle ich ein Profil. Dann gehe ich auf Suche.

Wie schnell finden Sie den Deckel zum Topf?

Das kann schnell gehen – oder auch nicht.

Wird oft gelogen bei den Attributen, die sich Kandidaten selbst zuschreiben?

In meinem vierstündigen Interview? Keine Chance. Da gehen wir der Persönlichkeit auf den Grund.

Ich habe gehört, Sie sind beim ersten Date dabei.

Ja, ich initiiere das Treffen. Erst dort kommt es zu einer namentlichen Vorstellung. Ich schaue immer, dass ich Gesprächsthemen anstoße, bei denen die beiden gleich einen guten Draht zueinander finden. Ich bleibe 20, 30 Minuten, und wenn es gut läuft, verabschiede ich mich.

Partnersuch-Pionierin: "Männer wollen nun Frauen auf  Augenhöhe"

Eva Kinauer-Bechter im Gespräch mit KURIER-Journalistin Sandra Baierl

Klingt wie der Dienst, den früher Freunde gemacht haben, à la: „Ich stelle dir jemanden vor…“.

Ja. Aber mein Vorteil ist, dass ich wirklich weiß, was die Klienten wollen. Freunde glauben nur zu wissen, was gewollt wird. Wenn Sie ein x-beliebiges Date haben, wissen Sie nicht, was der andere will. Das kann leicht vertane Zeit sein.

Freunde sind als Vermittler nicht besonders gut?

Es ist ein wunderbarer Weg, über Freunde einen Partner zu finden, das kann der Zufall schon mal schaffen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch. Ich habe andere Möglichkeiten als die Gesellschaft selbst. Mein Pool an Kandidaten ist größer.

Wer sind Ihre Klienten?

Erfolgreiche, sehr gut ausgebildete Menschen, die gerne arbeiten und gut verdienen. Unternehmer, Top-Manager, Ärzte, Anwälte, Kinder aus wohlhabenden Familien, Privatiers. Vom Alter her ist alles dabei, von 20 bis über 70.

Man muss wohlhabend sein, um Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Wir reden von 15.000 Euro.

Es kostet natürlich etwas. Aber die Assistentin vom CEO war auch schon meine Klientin. Es hängt nicht nur mit dem Geld zusammen. Es gibt auch Omas und Papas, die das den Kindern ermöglichen. Um das Geld bekommen Sie einen Dienstleistungsvertrag, der zwölf Monate läuft. Er endet durch die Erfüllung oder den Zeitablauf.

Männer und Frauen: Was suchen die einen, was suchen die anderen?

Meine Erfahrung bestätigt alle Studien: Natürlich wünscht sich jeder Mann eine attraktive Frau, die Attraktivität alleine ist aber zu wenig. Meine Männer wünschen sich auch Intellekt, Auftreten, Ausstrahlung und Herzenswärme.

Wenn wir schon bei Klischees sind: Mögen es die Männer auch gerne jünger?

Das ist durchaus der Fall. Jugend, Schönheit und Gesundheit sind gefragt. Die Frauen wiederum wollen Macht, Erfolg, Intellekt, Bildung. Er darf auch älter sein. Frauen wünschen sich vor allem Sicherheit. Die kann ein Mann, der ein paar Jahr älter ist, besser gewährleisten. Aber einen Altersunterschied von 30 Jahren mache ich nicht, das ist nicht mein Businessmodell.

Partnersuch-Pionierin: "Männer wollen nun Frauen auf  Augenhöhe"

Hat sich in den Jahren etwas verändert?

Ja, Männer suchen heute viel mehr auf Augenhöhe. Das Modell Arzt-Krankenschwester ist im Auslaufen. Er wünscht sich mehr Gleichberechtigung, mehr Austausch, eine starke Partnerin.

Kann es sein, dass erfolgreiche Frauen sich schwerer tun mit der Partnersuche als erfolgreiche Männer?

Durchaus. Das resultiert daraus, dass sich die Bildung verändert hat. Eine der größten Erfolgsgeschichten ist ja die Ausbildung der Frauen in den vergangenen Jahrzehnten. Wenn Frauen mit hohem Bildungsniveau auf Augenhöhe oder sogar darüber suchen, dann wird es sehr eng. Ich glaube auch, dass Frauen besser planen müssen.

Wie meinen Sie das?

Dass sie nicht nur die Karriere planen sollen, sondern auch das Privatleben. Je später man sich dem Thema widmet, desto schwieriger wird es. Die Auswahl der Männer wird geringer, für die Familiengründung läuft die Zeit davon. Bei den Frauen tickt viel lauter die Uhr. Männer gründen locker mit Ende 40 noch eine Familie. Frauen müssen aufpassen, dass sie nicht zu viel Zeit verschenken – mit verheirateten Männern, mit Beziehungen, die kein Potenzial haben, die nicht ernst gemeint sind. Unter solchen Partnern leidet dann auch noch ihr Selbstwertgefühl. Das höchste Lebensziel ist schon noch die Familie. Deshalb sollte man in den 30ern die Zeit nicht sinnlos vergeuden.

Männer haben es hier leichter?

Ja, weil sie viel länger Zeit haben. Wir Frauen haben aber den Vorteil, wenn wir 20 sind: Da steht uns die Welt offen. Da kommt für uns der Gleichaltrige in Frage, der 30-Jährige, der 40-Jährige. Es ist also nicht ganz so ungerecht. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Karriere alleine nicht die Lebenserfüllung sein wird. Dass es auch Familie braucht. Beides ist möglich, aber nur mit dem richtigen Partner, mit dem man ein gemeinsames Modell entwickelt, Wünsche und Ziele verwirklicht.

50 Millionen Nutzer bei Tinder

Allein in der ersten Hälfte 2019 nutzten mehr als 187 Millionen Menschen weltweit Dating-Apps – ein Plus von zehn Prozent zum Vorjahr. Der Mutterkonzern der allerersten Plattform, Match Group, ist der größte Player –  dank Tochtergesellschaft Tinder. Die 2012 gegründete App ist mit 50 Millionen Nutzern der beliebteste Dating-Dienst der Welt.

Die heimische Online-Dating-Szene auf einen Blick: Monatlich sind rund 720.000 Menschen aus Österreich auf der Suche nach neuen Bekanntschaften und oder einer festen Partnerschaft via Online-Dating. 1,15 Millionen aktive Mitglieder pro Monat stehen 21 Millionen nicht mehr genutzten Profilen gegenüber.

Hierzulande gehören Badoo, Lovescout24, Parship, C-Date und Lovoo mit je einer Million Mitgliedern zu den größten heimischen Anbietern. Gefolgt von Marktführer Tinder, Elitepartner – mit je 250.000 Nutzern. 2018 setzte die Branche in Österreich 18,4 Millionen um – verglichen mit den 19,6 Millionen aus dem Vorjahr ein Rückgang von rund sechs Prozent.

Es müssen sich die Richtigen zusammentun, um ein Lebensmodell zu finden, das beide glücklich macht. Aber was passt zusammen?

An so banalen Dingen wie Größe, Gewicht und Aussehen kann man das nicht aufhängen. Werte, Lebensziele und Visionen sind viel wichtiger. Ich finde, dass sich Gegensätze nicht anziehen, weil die im Alltag wahnsinnig viel Energie kosten. Wenn man mit seinem Partner jeden Tag Diskussionen und Reibereien hat, ist man doch schon völlig erschöpft, bis man in die Firma kommt. Es muss in einer Partnerschaft nicht alles deckungsgleich sein, nein, aber es muss viele Dinge geben, die zusammenpassen. Man will ja harmonisch leben und sich nicht jeden Tag aufreiben.

Wenn es scheitert, wissen Sie dann die Gründe?

Ich bekomme nach dem ersten Date ein Feedback von beiden, wie es gelaufen ist. Dann bin ich draußen, und die beiden müssen schauen, dass sie das so gut wie möglich machen. Woran es scheitert? Dass die Schmetterlinge nicht fliegen. Manchmal bekomme ich das Feedback: total nett, könnte meine Schwester sein, aber das Gefühl stellt sich nicht ein. Das ist dann natürlich schade, aber da kann man nichts machen. Man muss sich verlieben. Wobei: Liebe muss auch wachsen.

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