Unsichtbar im Netz: Wenn Anonymität zum Karrierehindernis wird

Digital overload and its impact on the human brain, showcasing fragmented thoughts, information overload
Wer online keine Spuren hinterlässt, fällt auf – und das nicht immer positiv. Wie (un)sichtbar darf man sein?

Sie tippen einen Namen in die Suchmaschine. Was taucht auf? Nichts. Kein Bild, kein Social-Media-Profil, keine Kontaktdaten, keinerlei Informationen. Die Person ist online gänzlich unsichtbar, spurlos in einer digitalen Welt. Für manche mag das beeindruckend wirken, für andere jedoch eher suspekt. Besonders, wenn es sich um berufliche Kontakte handelt.

Unlängst erklärte etwa eine Headhunterin im KURIER-Gespräch, dass sie bei der Suche nach Führungskräften digitalen Spuren akribisch folgt. Bedeutet: Zeitungen, soziale Medien und vieles mehr durchforstet. Es sei ein klarer Vorteil, möglichst viel zu finden, so Julia Zdrahal-Urbanek vom Executive-Search-Spezialisten Alto Partners. Warum das Online-Profil beim Recruiting eine so große Rolle spielt? „Wir müssen vermeiden, dass wir Kandidaten ansprechen, die dann doch nicht passen. Bevor wir jemanden kontaktieren, möchten wir so viel wie möglich über die Person wissen.“ Trifft man bei der Online-Suche also nur auf leere Seiten, kann das im schlimmsten Fall Türen schließen, statt neue Karrierewege öffnen.

Aber wie sichtbar muss man wirklich sein und wann wird es zu viel? Zwei Experten haben Antworten.

Gefunden werden

Grundsätzlich gilt für die Werbeagentur „Johnny Be Good“ – zumindest bei Bewerbungen – weniger ist mehr. Für das erste Anschreiben muss man weder einen Namen angeben noch ein Foto anhängen. Man wolle sich von solchen Äußerlichkeiten nicht beeinflussen lassen, sagt Geschäftsführer Florian Kozak. Deswegen ist er offen für Anonymität. Eine komplette Online-Abstinenz hält allerdings auch der Experte für ungewöhnlich.

Natürlich wäre es zunächst positiv, wenn sich online weder Peinliches noch Negatives findet. Gleichzeitig denkt man aber auch, dass da etwas faul ist, wenn gar nichts auftaucht, sagt Kozak. „Wir sind im Marketing. Da ist Selbstvermarktung zentral. Man muss wenigstens etwas auffallen.“ Ist jemand komplett unsichtbar, kann zwar nichts Negatives, aber eben auch nichts Positives gefunden werden. Und wie sollen potenzielle Kunden oder Arbeitgeber auf jemanden aufmerksam werden, der online gar nicht existiert? „Der Online-Auftritt ist das erste Schaufenster, in das man blickt, um herauszufinden, mit wem man es zu tun hat.“

Auch Beniamino Häfner von der Social-Media-Agentur „FameFactory“ beobachtet, dass sich der erste Eindruck ins Digitale verschiebt.

Beniamino Häfner von der Social-Media-Agentur „FameFactory“
Geschäftsführer der Werbeagentur „Johnny Be Good“ Florian Kozak

Zum Vorteil nutzen

„Früher hieß es: Ohne Webseite wird man nicht wahrgenommen. Heute gilt das für soziale Medien“, sagt er. Vor allem junge Leute klicken sich oft zuerst durch soziale Plattformen, bevor sie überhaupt Kontakt aufnehmen – etwa bei der Jobsuche. Immer wieder melden sich Firmen bei ihm, die wissen möchten, wie sie für Bewerber attraktiver auftreten können.

Wenn es jedoch um die Online-Präsenz von Bewerbenden selbst geht, ist Häfner zurückhaltend. „Darauf sollten sich Recruiter nicht zu stark konzentrieren. Ob ein Social-Media-Profil existiert oder nicht und mit welchen Inhalten es gepflegt ist, ist nicht entscheidend“, meint er.

Wer sich zu stark im Internet präsentiert, könne laut Florian Kozak auch unauthentisch oder gar selbstdarstellerisch wirken. Zugleich zeige genau das die Macht digitaler Werkzeuge: „Einfacher als mit Social Media und einer Website kann man seine Marke kaum aufbauen.“

Der richtige Online-Auftritt

Auf die Frage „Wie sichtbar sollte man eigentlich sein?“ hat Florian Kozak keine eindeutige Antwort. „Das frage ich mich auch immer wieder“, gibt er zu. Sichtbarkeit sei zwar wichtig – aber mit welchen Inhalten? Partyfotos aus dem Urlaub, selbstdarstellerische Beiträge oder perfekt kuratierte LinkedIn-Profile, die wenig authentisch wirken, überzeugen vermutlich nicht. Mit diesen Tipps gelingt der Online-Auftritt.

  • Kerninformationen  wie Kontakt, E-Mail und Telefonnummer sollten auf Firmen- oder Geschäftsprofilen klar ersichtlich sein. 
     
  • Der Mehrwert muss überzeugen: Warum hier einkaufen, diesen Experten wählen oder diese Person einstellen?
     
  • Auch Ästhetik zählt: „In Zeiten von KI wird es immer wichtiger Ecken und Kanten zu zeigen, damit man auffällt“, so Kozak.
     
  • Vollständig ausgefüllte LinkedIn-Profile mit aussagekräftigen Informationen – inklusive Foto, sofern gewünscht – kann vorteilhaft sein, so Beniamino Häfner.
     
  • Wer private Einblicke teilt, kann sich überlegen, die Privatsphäre-Einstellungen entsprechend anzupassen.

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