Ticket zum Studienplatz
„Vorbereitungskurse muss keiner kaufen. Wenn man nicht selbstständig lernen kann, sollte man überdenken, ob man wirklich studieren will“, sagte Laurin Weninger von der AktionsGemeinschaft Anfang Mai bei einer Diskussionsrunde vor den diesjährigen ÖH-Wahlen. Eine Aussage, die später in den sozialen Medien eine Debatte über soziale Barrieren im Hochschulzugang auslöste. Geld sei ein oft unterschätzter Faktor für den Studienerfolg. Davon ist Bianca Nageler vom Sozialreferat der ÖH Uni Wien überzeugt: „Finanzielle Mittel bieten auf jeden Fall einen Vorteil, das lässt sich nicht abstreiten“, sagt sie im KURIER-Gespräch.
Insbesondere wenn Eltern Akademiker sind und Nachhilfestunden, Lernmaterialien oder Extrakurse finanzieren können. Das beobachtet auch Michael Unger: „Wer sich voll und ganz aufs Studium konzentrieren kann, weil Mama und Papa für alle Kosten aufkommen, hat es sicher leichter als jene, die neben dem Studium zwanzig Stunden die Woche arbeiten müssen.“
Inwieweit Vorbereitungskurse tatsächlich einen Vorteil bringen, stellt Unger jedoch infrage. „Ein sicheres Ticket zum Studienplatz sind Vorbereitungskurse nicht. Jeder bringt andere Voraussetzungen mit und jeder muss letztlich selbst lernen und üben.“ Gleichzeitig räumt er ein, dass Vorbereitungskurse zumindest die besonders herausfordernden Uni- und FH-Aufnahmetests erleichtern können. „Man kann jeden Berg auch ohne Bergführer besteigen. Aber bei hohen Bergen ist es mit Bergführer eben einfacher“, sagt er.
Und selbst, wenn Vorbereitungskurse erfolgreich zum gewünschten Studienplatz führen – mit dem Studienbeginn hören die Kosten nicht auf.
Vollstudium inklusive Job
Um in Österreich studieren zu können, muss man auf den ersten Blick nicht tief in die Geldbörse greifen. Wer sich an einer öffentlichen Universität inskribiert, zahlt pro Semester in der Regel lediglich den ÖH-Beitrag (25,20 Euro). Solange man innerhalb der Toleranzsemester bleibt, ist man von den Studiengebühren (363,36 Euro) befreit. Wie viel Geld Studierende darüber hinaus ausgeben, wurde zuletzt in der Sozialerhebung 2023 erfasst – eine Neuauflage erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2026.
Den Ergebnissen aus dem Jahr 2023 nach, lagen die durchschnittlichen Monatsausgaben bei 1.224 Euro. Davon entfielen 1.157 Euro auf die Lebenshaltung und 67 Euro auf das Studium. Wie Studierende mit den Kosten umgehen? Der KURIER hat drei Studentinnen befragt (ihre Namen wurden für diesen Artikel verändert, Anm.).
„Auch wenn ich keine besonders hohen studienbezogenen Ausgaben habe, spielt das Thema Geld für mich eine Rolle“, erzählt Emilia G., Filmstudentin. Zwar seien die Angebote studierendenfreundlich – sie beziehe eine Studienbeihilfe, bekomme Ermäßigungen, und Lernmaterial sei meist kostenfrei online verfügbar. Trotzdem müsse sie nebenbei arbeiten, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Und damit steht sie nicht allein da.
Mehr als zwei Drittel der Studierenden in Österreich (69 Prozent) sind laut der Sozialerhebung erwerbstätig und arbeiten durchschnittlich 21 Stunden pro Woche. 57 Prozent geben an, dass sie sich das Studium ohne Job nicht leisten könnten.
Diese Realität hat Folgen: „Ohne den finanziellen Druck könnte ich mich besser auf mein Studium konzentrieren und es womöglich auch schneller abschließen“, ist Emilia G. sicher. Sie spricht von einem Teufelskreis: „Sobald man die Mindeststudienzeit überschreitet, wird man mit einem höheren Studienbeitrag belastet.“ Das erhöhe den Druck erneut und bremse den Studienfortschritt nur weiter aus.
Kostenfaktor: Zeit
Anna B. arbeitet neben ihrem Psychologie-Studium als Babysitterin, als Assistentin in einer pädagogischen Einrichtung und wird zusätzlich auch von ihren Eltern unterstützt. „Es ist zwar möglich, auch ohne viel Geld zu studieren, aber es ist schon ein Vorteil, wenn man finanziell abgesichert ist“, berichtet sie. Warum? Finanzielle Sicherheit verschaffe mehr Freiraum, erklärt sie. Man habe einfach mehr Zeit für das Studium. Davon kann Alexandra C. ein Lied singen.
Sie finanziert ihr Theater-, Film- und Medienwissenschaftsstudium ebenfalls mit zwei Jobs: 21 Stunden pro Woche arbeitet sie als Kellnerin, zusätzlich ist sie an bis zu vier Tagen als Hospitantin in einem Theater tätig. Ein beachtliches Pensum, das sie aber auf sich nimmt – selbst, wenn die Doppelbelastung ihren Preis hat: „Ich habe keine Zeit, um wirklich zu lernen.“ Eine inhaltliche Vertiefung sei kaum möglich, „denn nach einem langen Arbeitstag fehlt einfach die Energie.“
Bianca Nageler von der ÖH Uni Wien kann das gut nachvollziehen. Flexibilität und Zeit seien im Studium nicht zu unterschätzen. „Studien sind auf Vollzeit ausgelegt. Für viele Studienanfänger ist die Frage der Finanzierung präsenter als der eigentliche Lernstoff.“
Was Alexandra C. außerdem auffällt: Einige ihrer Kollegen, die nicht arbeiten müssen, können nach den Vorlesungen an der Uni bleiben, Inhalte nachbesprechen, diskutieren und netzwerken. Möglichkeiten, die vielen erwerbstätigen Studierenden verwehrt bleiben.
Hier hat Vorbereitungskurs-Anbieter Michael Unger jedoch einen Rat: „Wenn es gelingt, einen Job mit Bezug zum Studium zu finden, dann kann dieser Nachteil auch zum Vorteil werden. Die Arbeitserfahrung bietet einen Vorsprung bei zukünftigen Job-Bewerbungen“, ist er sicher. Ein Grund, warum Alexandra C. an ihrem Zweitjob festhält – auch wenn er finanziell wenig abwirft: „Den Job im Theater mache ich für die Erfahrung, um einen Fuß in die Branche zu bekommen“, sagt sie.
Termine, Termine: Was jetzt an den Unis ansteht
Antragsfristen an den Unis
Die Anmeldefrist für Bachelor- und Diplomstudien mit Aufnahmeverfahren an der Uni Wien endet am 3. Juni. Das gilt u. a. für Bildungswissenschaften, Biologie, Pharmazie, Ernährungswissenschaften, Chemie, English and American Studies, Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften, Politikwissenschaft, Soziologie, Lehramt, Psychologie, Publizistik, (Wirtschafts-) Informatik und Sportwissenschaften.
Die allgemeinen Zulassungsfristen für Bachelor- und Diplomstudien im Wintersemester 2025/2026 an der
- Uni Graz: Vom 16. Juni bis 5. September 2025.
- Uni Innsbruck: Vom 7. Juli bis zum 5. September 2025.
- Johannes Kepler Uni Linz: Vom 7. Juli bis 5. September 2025.
- TU Wien: Vom 7. Juli bis 12. September 2025.
- WU Wien: Vom 9. Juli bis 5. September 2025.
Medizinaufnahmetest
Der MedAT findet am 4. Juli an der MedUni Wien, MedUni Innsbruck, MedUni Graz und der Medizinischen Fakultät der JKU Linz statt.
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