Gebrauchte Geschenke: Das steckt hinter dem Trend

Ein Mann putzt ein Paar Schuhe mit unterschiedlichen Mitteln in einer Werkstatt
Unter dem Weihnachtsbaum landen auch Secondhand-Geschenke. Warum Reparieren, Wiederverkaufen und Kreislaufwirtschaft gerade boomen.

Heuer liegen unter dem Weihnachtsbaum so manche gebrauchten Geschenke, heißt es seitens der Wirtschaftskammer Wien. „Der Trend zum Secondhand- und Vintage-Konsum verfestigt sich – sowohl beim Kaufen für den eigenen Gebrauch als auch beim Schenken“, sagt Timea Oberwagner, Berufsgruppenbeauftragte der Altwarenhändler in der WK Wien. Das nachhaltige Schenken sieht sie dabei als einen positiven Impuls für die Altwarenhändler. „Immer mehr Wienerinnen und Wiener möchten etwas weitergeben, das Wert hat und nicht neu produziert werden muss.“

Es ist ein Trend, den es braucht – besonders in der Mode. Jedes Jahr landen laut der Europäischen Umweltagentur sieben Millionen Tonnen Textilabfälle auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen. Als Lösungsversuch startete die EU eine Textilstrategie: Bis 2030 sollen alle Textilprodukte, die in der EU auf den Markt kommen, „langlebig, reparierbar und recycelbar“ sein. Unternehmer reagieren bereits darauf, arbeiten an Projekten, Strategien und überlegen neue Geschäftskonzepte. Der KURIER hat sich umgehört.

Person näht mit Nähmaschine an einer Jeanshose

"Sie sind tatsächlich das umweltschädlichste Kleidungsstück überhaupt"

Luigi Zucchino ist Geschäftsführer der Textilwerkstatt Xò. In seinem Geschäft hat er auch die Änderungsschneiderei „Doktor Jeans“ etabliert. Kunden können mit ihren zerrissenen Teilen vorbeikommen und sie reparieren lassen. Als der KURIER Zucchino besuchte, war er gerade fleißig bei der Arbeit.

„Abbiamo raggiunto un livello incredibile di spreco“, sagt der Italiener. Übersetzt: „Wir haben ein unglaubliches Maß an Verschwendung erreicht.“ Deswegen gibt es seiner Meinung nach ein großes Bewusstsein dafür, Dinge wiederzuverwenden, anstatt sie wegzuschmeißen – vor allem bei jungen Österreichern. Der Schneider beobachtet, dass verstärkt Artikel gekauft werden, die lange halten, reparierbar und von guter Qualität sind. „Unser Merkmal ist, dass wir auch Jeans reparieren, die nicht von uns sind, und zusätzlich produzieren wir unsere eigenen Jeans. Unser Geschäft ist eine Werkstatt für Reparatur und Produktion.“

Warum er sich auf Jeans spezialisiert hat? „Weil sie das am meisten verkaufte Kleidungsstück überhaupt sind“, antwortet er. „Jeder Mensch besitzt im Schnitt vier bis sechs Paar davon, und sie sind tatsächlich das umweltschädlichste Kleidungsstück überhaupt.“ In Sachen Umweltverschmutzung steht die Bekleidungsindustrie nach der Erdölindustrie an zweiter Stelle. Mit seiner Werkstatt will Zucchino dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Ähnliche Motivation hört man auch bei einer international bekannten Schuhmarke heraus.

Schuhe im Kreislauf: Warum Firmen alte Ware kaufen

Der englische Schuhhersteller Vivobarefoot setzt schon länger auf Re-Commerce und weitet das Konzept nun aus (mehr Infos im Kasten oben). ReVivo ist ihre Wiederverkaufsplattform für gebrauchte Schuhe. Mit dem Projekt will das Unternehmen eine „echte Kreislaufwirtschaft“ vorantreiben. „Ziel ist es, die Lebensdauer der Schuhe zu verlängern und zu verhindern, dass sie auf der Mülldeponie landen“, heißt es in einer Aussendung.

Das Konzept: Kunden senden ihre getragenen Schuhe ein – neuerdings können es auch Schuhe einer anderen Marke sein. Die Schuhe werden repariert und wiederverkauft. „Sind sie nicht mehr tragbar, werden sie zerlegt, und ihre Materialien wie Gummi, Schaum oder Textil werden in anderer Form weiterverarbeitet oder wiederverwertet.“ Das Projekt scheint gut anzukommen: Im Geschäftsjahr 2024/2025 wurden 62.000 Paar repariert.

Der Wunsch nach Reparatur beschränkt sich jedoch nicht auf internationale Marken – auch in Wien erlebt das Schuhservice derzeit einen regelrechten Aufschwung, wie der KURIER erfährt. Teilweise soll bei den Schustern die Tür gar nicht mehr zugehen. „Ich arbeite bis in die Nacht hinein, um mit der Arbeit nachzukommen“, berichtet ein Schuster aus dem 15. Bezirk. „Wenn man die Aufgabe ernst nimmt, dauert es eben länger.“ Immerhin macht man hier wirklich aus Altem Neues.

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