Karriere-Strategien von Profis: Warum es manchmal die 180-Grad-Wende braucht

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Was macht erfolgreich und wie viel Mut braucht es auf dem Weg nach oben? Experten geben drei klare Antworten und eine Erfolgsformel, die für alle gilt.

Keine Karriere ist wie die andere und die wenigsten verlaufen geradlinig. Daher gibt es keine Schablone, keinen Masterplan, um eine erfolgreiche Karriere hinzulegen. Aber es gibt fernab der Jobwahl Mittel und Wege, den beruflichen Werdegang in eine bestimmte Richtung zu lenken – um vielleicht einmal genau da anzukommen, wo man immer hinwollte.

Manchmal braucht es bis dahin nur einen Zwischenstopp, manchmal deutlich mehr, weiß Karriere- und Leadership-Experte Martin Giesswein. Er selbst hat in seiner Laufbahn über zwanzig Jobs ausgeübt – vom Bodyguard (für einen Tag) über einen Managerposten bei Nokia bis zum Autor und Vortragenden an der WU Executive Academy. Sich für einen Beruf oder Werdegang zu entscheiden, entspricht keiner Ehe mehr, ist er überzeugt. „Es ist eine Lebensabschnittspartnerschaft.“

Beim dritten Female Empowerment Event im Hoxton Vienna vergangenen Montag erschien er in der Rolle des Keynote-Speakers und verriet vor rund hundert Gästen gemeinsam mit weiteren prominenten Persönlichkeiten am Podium, wie man während der Karriere die richtigen Abzweigungen erkennt, sich traut, Chancen zu ergreifen und es schafft, den Erfolgssaldo trotz mancher Rückschläge auf Grün zu bringen.

Von nichts kommt nichts

Spitzensportlerin Lara Vadlau hat es mit ihren 31 Jahren bereits bis ganz nach oben geschafft. Sie ist mehrfache Welt- und Europameisterin im Segeln und holte bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris die Goldmedaille nach Österreich. Es ist der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere, der sich nicht zufällig ergeben hat. „Es war die Arbeit von zwanzig Jahren, die zum Erfolg geführt hat“, sagt der Stargast bei der KURIER-Veranstaltung. Natürlich gehöre auch immer ein bisschen Glück dazu, ist ihr bewusst. „Aber je mehr man trainiert, desto größer ist der Landeplatz für das Glücksvogerl.“

Auf dem Erfolg ausruhen, kommt für Vadlau nicht infrage. Nach Olympia ist vor Olympia (2028 geht es nach Los Angeles), außerdem müsse man sich als Sportlerin früh im Leben Gedanken machen, wie es nach der aktiven Karriere weitergeht. Also ergänzte sie ihren Karriereplan um ein zweites Standbein: Medizin. 

„Es waren 180 Grad in eine andere Richtung“, berichtet sie. „Ich weiß noch, als ich am ersten Studientag weinend im Auto gesessen bin.“ Sie gab nicht auf, sondern setzte sich eine Frist: Sechs Monate durchziehen. „Der Kopf will einem einreden, dass es zu schwierig ist“, weiß sie. Doch Überwindung macht sich bezahlt, sobald anfängliche Hürden beseitigt sind. Davon ist auch Headhunterin Natalie Bairaktaridis von Ward Howell International überzeugt. Sie sucht seit 25 Jahren die besten Talente. „Zu kritisch darf man in der Karriereplanung nicht mit sich selbst sein“, sagt sie.

Female Empowerment Event

Sich trauen, zu springen

„Viele, die den nächsten Karriereschritt machen, wollen bereits hundert Prozent können“, berichtet Bairaktaridis und ergänzt: „Das gibt es nicht. Der nächste Karriereschritt soll ja auch ein Sprung sein.“ Um zu springen, braucht es bekanntlich Mut. Daher rät sie, offen zu sein, den Austausch zu suchen, viel auszuprobieren und sich zu trauen, an die eigenen Grenzen zu stoßen.

„Das ist ein wichtiger Parameter für Erfolg. Man muss bereit sein, vor den Vorhang zu treten und den Anspruch haben: Ich will das.“ Firmen würden schließlich immer nach den besten Kandidaten suchen, gibt die Headhunterin zu bedenken. Nach jenen, die den Job am besten beherrschen. Doch neben diesem Aspekt ist mittlerweile ein weiterer in den Vordergrund gerückt: der „culture fit“. „Es wird stärker darauf geachtet, dass jemand gut in die Unternehmenskultur passt“, sagt Bairaktaridis.

Diese können sich von Firma zu Firma stark unterscheiden. Denn ob man in einem Start-up, als Angestellter in einem KMU, in der Selbstständigkeit oder in einem großen Konzern aufsteigen will, verlangt unterschiedliche Kompetenzen.

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Lara Vadlau gewann bei Olympia 2024 Gold im Segeln. Neben dem Spitzensport hat sie sich ein zweites Standbein in der Medizin aufgebaut.

Codes lesen lernen

Silvia Polan kennt die Regeln für den Konzern-Aufstieg. Denn sie hat beim japanischen Tabakkonzern JTI als Managerin für Corporate Affairs eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. „Wenn man sich für eine Konzernkarriere entscheidet, ist eine gewisse Anpassungsfähigkeit von Vorteil“, gibt Polan zu bedenken. Denn in Konzernen gebe es gewisse Codes, an die sich zu halten ist, Befindlichkeiten und Hierarchien. „Dafür bekommt man auch Möglichkeiten zurück“, so Polan, die sich auf internationale Erfahrungen und ganz besonders berufliche Kontakte bezieht. 

„Du triffst jeden mehrfach. Man baut sich so Stück für Stück ein internes Netzwerk auf“, erklärt die Managerin. „Einmal ist jemand, mit dem man schon zusammengearbeitet hat, Marketingchef, fünf Jahre später ist er für das globale Talentmanagement zuständig.“ Chancen lassen sich im Konzern also auch ergreifen, ohne den Arbeitgeber wechseln zu müssen. Sofern man sich traut, denn nicht jeder Schritt gelingt.

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Bei Sandra Baierl am Podium zu Gast: Natalie Bairaktaridis, Silvia Polan, Lara Vadlau und Martin Giesswein (von links)

„Man muss immer bereit sein, dass es eine Eruption gibt“, sagt Karriereprofi Martin Giesswein in seiner Keynote. Doch wer sich an einer bestimmten Erfolgsformel orientiert, wird erkennen, ob es das Risiko wert ist.

In sich selbst hineinhören

Martin Giessweins eigens kreierte Formel lautet: Passion + Aktion = Reputation. Die Passion, sagt er, „ist die stärkste Triebfeder für die Faszination Karriere“. Es braucht die Leidenschaft für ein Thema, vielleicht die Berufung, um vollends darin aufgehen zu können. „Aber aufpassen, das kommt mit Nebenwirkungen“, warnt Giesswein scherzend. „Die Nebenwirkung kann sein, dass man nicht in Pension gehen will.“

Wer genug Passion aufbringt, muss ins Tun kommen, in die Aktion. „Ich kenne keine Karriere, die ohne harte Arbeit funktioniert“, sagt der Profi, der schließlich zu Punkt drei aufruft: Reputation. „Jeder ist super in gewissen Dingen, doch das muss man heraustragen.“

Ob als Selbstständiger in den Sozialen Netzwerken oder auf Veranstaltungen, als Angestellter innerhalb eines Betriebs oder als Führungskraft eines großen Konzerns, die internationale Erfolge anstrebt: „Die Welt muss wissen, was Ihre faszinierende Karriere ist“, ermutigt Giesswein. Nur so würden sich Türen öffnen, die den Weg frei machen zum nächsten Karrieresprung. Oder zu einer neuen Abzweigung, die man vielleicht nicht kommen gesehen hat.

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